Seelenrächer
Geheimdienstes hin.
Mit einem ehrerbietigen Nicken in Connollys Richtung verließ Doyle nun den Wagen und trat an den Kai. Inzwischen hatte der Regen wieder zugenommen und brachte die Oberfläche der Liffey in Aufruhr. Den ganzen Sommer über hatte es nur geregnet. Ein stämmig wirkender Skinhead stand auf dem Deck von Finucanes Boot. Doyle kannte ihn nicht, und der Mann ihn offensichtlich auch nicht, denn er blickte mit einem derart knurrigen Gesichtsausdruck auf ihn hinunter, dass Doyle an einen tollwütigen Pitbullterrier denken musste.
»Mach gefälligst Platz!«, fuhr Doyle ihn an, während er an Bord stieg. »Lieber Himmel, von deiner Sorte verspeise ich zwei Stück noch vor dem Frühstück. Lauf schon mal vor und sag Johnny, dass Joe Doyle mit ihm reden will.«
Der jüngere Mann hatte bei seinen Worten die Fäuste geballt, und für einen Moment rechnete Doyle damit, dass der Kerl tatsächlich ausholen würde.
Er lachte kehlig, doch seine Miene war kalt. »Ich habe wenig Zeit, Junge. Tu, was ich sage, bevor ich dich den Forellen zum Fraß vorwerfe.«
»Dessie!« Das Wort wurde wie ein Schuss von der Treppe unter der Steuerkabine abgefeuert. Hinter dem Skinhead entdeckte Doyle Finucane, der zu ihnen herübersah. »Lass ihn vorbei, ja?«
Ohne Schuhe war Finucane nur knapp eins siebzig groß. Er hatte ein rotes Gesicht und eine rundliche Figur. Der obere Teil seines Kopfes war völlig kahl, und der schmale Haarkranz, der die Glatze teilweise begrenzte, war raspelkurz geschoren. Mit gut fünfzig war er schon genauso lang Gangster wie Doyle Polizist. Die Kajüte war nicht nur groß wie ein Salon, sondern auch luxuriös eingerichtet, mit Ledercouchen und einem riesigen Plasma-Flachbildschirm-Fernseher. Das Standbild zeigte eine Szene aus dem letztjährigen Halbfinale der irischen Football-Liga. Doyle blieb vor dem Bildschirm stehen.
»Weißt du denn nicht, was passiert ist, Johnny? Kerry hat euch Dubliner Mistkerle 1–15 geschlagen und dann im Endspiel Cork plattgemacht.« Mit diesen Worten griff er nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. Dann wandte er sich Finucane zu, der im Barbereich stand, nickte zu den Regalen mit den Flaschen hinüber, und sagte: »Ich nehme einen großen Jimmy mit einem Spritzer Port. Am Eis darfst du sparen.«
Finucane schenkte den Drink ein und reichte ihn Doyle. Der hob das Glas, nahm einen Schluck und sah dem alten Northside-Gangster dann direkt in die Augen.
»Wie geht es deiner Cousine, Johnny?«
Finucane stieß ein kurzes, kaltes Lachen aus, ehe er sich auf einem verstellbaren Lederlehnstuhl niederließ und die Rückenlehne nach hinten kippte. »Das letzte Mal, als ich sie zu Gesicht bekommen habe, war sie zusammen mit eurem Kandidaten im Fernsehen zu bewundern, vor dem Gericht. An dem Tag hast du dich ganz schön zum Narren gemacht, was? Peinlich, sage ich da nur! Aber deine Tatzen hattest du ja noch nie so ganz unter Kontrolle. Selbst ein alter Krieger wie du sollte sich manchmal beherrschen!«
Doyle verzog die Lippen. »Suchst du Streit, Johnny?«
»Einen Teufel tue ich. Ich würde mir gerne ein Spiel ansehen, also was willst du?«
»Ich will wissen, wer so blöd ist und die Frau eines Polizisten entführt.«
Finucane zog die Schultern hoch. »Bis jetzt habe ich nicht die leiseste Ahnung.«
»Eine verdammt üble Sache, und verdammt schlecht fürs Geschäft, wenn du weißt, was ich meine. Jeder Pkw und jeder Lieferwagen wird angehalten, jedes Geschäftsgelände von Cork bis zur Grenze durchsucht.«
»Was du nicht sagst!«
»Also, was hört man denn so?«
»Man hört nichts . Das war niemand von Belang – zumindest nicht, soweit es uns betrifft. Vielleicht ist der kleine Scheißkerl, den du verdroschen hast, ja zurückgekommen, um es dir heimzuzahlen? Immerhin ist sie deine Nichte.«
Doyle warf ihm einen eisigen Blick zu. »Ich wünschte, es wäre so, Johnny – dann könnte ich dem Mistkerl endlich den Rest geben. Aber er ist in London und haust mit deiner Verwandten zusammen.«
»Wir mögen ja verwandt sein, aber sie ist nur die Tochter meines Cousins, und ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, was ich von dem Kerl halte.«
»Irgendjemand muss doch wissen, was da abläuft, und was du nicht weißt, musst du herausfinden. Wenn das hier vorbei ist, werden wir nicht allzu genau schauen, wen wir von der Straße kratzen. Es könnte durchaus auch dich treffen, Johnny, genau wie McGeady, Minty …«
»Und die Piratenkönigin?«, fragte Finucane mit
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