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Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G O'Carroll
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wie du über Conor denkst, Onkel Joe«, erwiderte sie, »du hast es mir schon tausendmal gesagt. Ich brauche dich nicht als Aufpasser, also verpiss dich doch zu denen, die deine Meinung hören wollen!«
    Doyle schüttelte mit gespieltem Bedauern den Kopf. »Genau wie ihre Mutter: Sieht aus wie ein Engel, aber redet daher wie ein Fischweib.« Grinsend tätschelte er Quinn die Schulter. »Bis später, meine Junge. Lass es mich wissen, wenn du Beistand brauchst.«

Dienstag, 2. September, 08:00 Uhr
    Doyle war den Großteil der Nacht unterwegs gewesen und nur in seine Bude heimgekehrt, um sich umzuziehen. Seine langjährige Vermieterin, Mrs. Mulroney, machte ihm eine Schüssel Porridge, das er dankbar hinunterschlang, dabei aber weder seine Uhr noch sein Handy aus den Augen ließ. Im Lauf der Nacht hatte er sämtliche Leute abgeklappert, die ihm einen Gefallen schuldeten, und mindestens genauso viele in die Mangel genommen, die ihm keinen schuldeten, doch zum ersten Mal seit dreißig Jahren schien kein Mensch etwas zu wissen. Er war von Finglas nach Tallaght und von Poolbeg nach Ronanstown gefahren und hatte sich bei Schwarzhändlern, Bankräubern und Geldfälschern umgehört. Er hatte mit Grace O’Malley und Lorne »the Thorn« McGeady gesprochen. Er hatte sogar den Monk in seiner Ruhe gestört, einen betagten Gangster aus den alten Zeiten von Gilligan und Cahill.
    »Was für eine schreckliche Sache, Joseph«, sagte Mrs. Mulroney zu ihm. »Wirklich schlimm.« Sie bekreuzigte sich. »So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört. Ausgerechnet Ihre Nichte!« Sie war den Tränen nahe.
    »Aber nicht doch«, sagte er, während er die leere Schüssel auf die Küchentheke stellte und seiner Vermieterin ein wenig linkisch die Schulter tätschelte. »Eva ist zäh, Mrs. Mulroney, auch wenn sie eher zart wirkt und ein so liebes Wesen besitzt, wie ein Mann es sich bei einer Frau nur wünschen kann. Trotzdem schlägt sie nach ihrem Daddy, und mein Bruder hat sich von keinem etwas gefallen lassen, das dürfen Sie mir glauben.«
    Sein Telefon läutete. Weitsichtig, wie er war, spähte er auf das Display und stellte fest, dass keine Nummer angezeigt wurde. »Sie müssen mich einen Moment entschuldigen, Mrs. Mulroney«, sagte er, während er ins Wohnzimmer hinüberging und den Anruf dort entgegennahm.
    »Hier spricht Doyle.«
    »Joseph, mein Junge, wie geht es dir?«
    Doyle erkannte die Stimme sofort. Es war sein älterer Bruder. Er rief aus New York an. »Cahal, was gibt’s Neues? Geht’s gut?«
    »Bei uns ist alles in Ordnung. Ist ein bisschen ruhiger geworden hier. Ich sitze gerade mit ein paar Jungs von früher in einer Kneipe auf der Lower East Side.«
    »Wirklich? Jemand dabei, den ich kenne?«
    »Vermutlich, ja. Aber hör zu, hier laufen die Fox News, und sie haben eben etwas von euch gebracht. Verdammt, Joseph, stimmt es denn, was ich da höre: Irgend so ein Irrer hat sich mit der Kleinen von unserem Tommy aus dem Staub gemacht?«
    »Es stimmt, ja. Wir stellen die ganze Stadt auf den Kopf, um sie zu finden.«
    »Allmächtiger Gott! Kann ich irgendetwas tun?«
    »Nicht von dort drüben, nein.«
    »Das ist mir schon klar. Ich meine, in Dublin. Es gibt dort noch eine Menge Leute, die mir was schulden. Soll ich ein paar Gefallen einfordern?«
    »Fordere ein, was du kannst, Cahal. Uns läuft die Zeit davon.«
    Nachdem er das Gespräch beendet hatte, kehrte Doyle in die Küche zurück. »Das war mein Bruder, Mrs. Mulroney. Er hat aus Amerika angerufen.« Sie betrachtete ihn mit dem mütterlichen Gesichtsausdruck, den sie gerne für ihn reservierte.
    »Bestimmt setzt Ihnen das alles sehr zu, Joseph. Schließlich waren Sie immer wie ein Vater für dieses Mädchen. Ich weiß, dass Sie das waren.«
    Er blies die Wangen auf. »Ja, vielleicht, so gut ich eben konnte – auf meine eigene, manchmal vielleicht ungeschickte Art. Jedenfalls habe ich ihrer Mutter versprochen, auf sie aufzupassen. Wobei mir die arme Frau nie verziehen hat, dass ich Eva mit Moss Quinn zusammengebracht habe.«
    Mrs. Mulroney wirkte leicht geschockt. Mit ihren knapp sechzig Jahren war sie bereits seit zwanzig Jahren Witwe – eine kleine, rundliche Frau mit einem etwas altmodisch anmutenden Krankenkassengestell auf der Nase.
    »Das war doch nur Spaß, Mrs. Mulroney«, fügte Doyle grinsend hinzu.
    Wieder unterbrach ihn das Telefon. Dieses Mal war es Uttley, sein Informant aus Bridewell. »Jug«, begrüßte er ihn, »das wurde aber auch langsam Zeit.

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