Seelenrächer
gar nicht leisten, noch einmal auf dumme Gedanken zu kommen.«
Er lachte verächtlich. »Du kennst Doyle nicht. Verstehst du denn nicht? Er ist Evas Onkel. Er hasst mich, hat mich schon immer gehasst. Außerdem schwört er nach wie vor, ich hätte Mary Harrington getötet. Ich habe kein Alibi, Jane, und du weißt genau, was letztes Mal passiert ist. Mein Gott, verglichen mit dem, was mir jetzt blüht, war das wahrscheinlich gar nichts.«
»Doyle wird dir nichts tun«, wiederholte sie.
Maggs zitterte mittlerweile am ganzen Körper. »Doch, das wird er. Natürlich wird er das! Ich war um zehn noch nicht hier, ich bin erst später gekommen.«
Einen langen Augenblick sah sie ihn einfach nur an. Aus ihren Augen sprach Mitgefühl. Zärtlichkeit. Liebe. »Nein, bist du nicht«, entgegnete sie. »Um zehn hast du längst mit mir im Bett gelegen.«
Er starrte sie fast zornig an. »Aber das stimmt doch gar nicht!«
»Wir werden aber sagen, dass es so war. Du kamst um Viertel vor zehn zurück, und wir waren die ganze Nacht zusammen. Von der einen Stunde mal abgesehen, entspricht das absolut der Wahrheit.« Lächelnd drückte sie seine Hand. »Ich werde nicht zulassen, dass es noch mal passiert. Auf keinen Fall, Conor, das verspreche ich dir. Nicht nach all dem, was beim letzten Mal vorgefallen ist.«
Dienstag, 2. September, 08:45 Uhr
Doyle fuhr von St. Peter’s direkt zu Quinn, der gerade auf der Haustreppe stand und seinen Töchtern nachwinkte. Seine Schwägerin war schon in aller Frühe von Kerry heraufgefahren und nahm die Mädchen nun mit zurück zu ihrer Großmutter, damit Quinn weiter nach Eva suchen konnte.
Doyle sah ihnen nach. Dann ließ er das Fenster herunter und rief zu Quinn hinaus: »Moss, ich habe mich gerade mit Uttley getroffen. Maggs ist wieder in Dublin.«
Quinn fuhr herum. Für einen Moment blickte er über Doyles Autodach zu dem leeren Platz hinüber, wo eigentlich Evas Wagen stehen sollte – der stattdessen aber gerade von der Spurensicherung auseinandergenommen wurde.
»Komm eine Minute herein«, sagte er.
»Hast du mich nicht gehört? Die Made ist in Rathmines. Los, steig ein! Lass uns hinfahren.«
»Was sollen wir da?«
Doyle starrte ihn an. »Wie meinst du das: Was sollen wir da? Wir kassieren ihn ein, verhören ihn und finden heraus, was der kleine Scheißkerl am Sonntag gemacht hat. Auf diese Weise finden wir Eva, Herrgott noch mal!«
Quinn, der neben den Wagen getreten war, stützte einen Ellbogen auf das Dach. »Was, wenn er es nicht war?«
»Wovon redest du? Natürlich war er es. Wir wissen doch, dass er es war.«
»Nein, das wissen wir nicht . Wir haben schon einmal den Fehler gemacht, einfach zu beschließen, dass er es war, und alle anderen Möglichkeiten außer Acht zu lassen. Man kann sich nicht nur auf seinen Instinkt verlassen, Doyle. Beim letzten Mal, als wir das getan haben, standen wir am Ende mit leeren Händen da.«
Doyle stieg aus und sah Quinn in die Augen. »Unser Instinkt«, verkündete er, »ist das Einzige, worauf wir uns wirklich verlassen können. Mein Instinkt hat mir gesagt, dass die Made Mary Harrington ermordet hat, und trotz allem, was vor Gericht passiert ist, bin ich immer noch dieser Meinung. Manchmal hat man eben nur sein Bauchgefühl, und das meine hat mir in den letzten drei Jahrzehnten gute Dienste geleistet, das kann ich dir sagen.«
»Aber zu einer Verurteilung gereicht hat es nicht, oder?«
»Immerhin hat er ein volles Geständnis abgelegt. Du weißt, dass das nicht meine Worte waren. Ich mag ihm ja einen kleinen Klaps verpasst haben, aber die Worte stammten von ihm – und zwar jedes einzelne.«
»Doyle, du hast dieses Geständnis aus ihm herausgeprügelt.«
»Aber die Einzelheiten, Mann, die Einzelheiten!«
»Er kannte die verdammten Einzelheiten!« Quinn unterstrich seine Worte mit einer genervten Handbewegung. »Er hat genau gewusst, wie sie aussah, als wir sie fanden, und er wusste auch, was er ihr unserer Meinung nach angetan hatte. Wir hatten es ihm ein Dutzend Mal vorgebetet. Er brauchte es nur zu wiederholen.«
Doyle trat einen Schritt zurück. »Du meine Fresse!«, sagte er. »Ach du meine Fresse! Du glaubst tatsächlich nicht, dass er es war?«
»Hör zu, Eva liegt irgendwo in einem Loch. Das ist das Einzige, was ich im Moment mit Sicherheit weiß. Mir geht es nur darum, sie zu finden.«
»Genau, also lass uns den Mistkerl einkassieren.«
Quinn warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Warum sollte er sie entführen? Was
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