Seelenraub
wie ich es immer tue. Keine Probleme. Nekros kamen und gingen, und …«
»Welche?« Das könnte wichtig sein.
Er grübelte über die Frage nach. »Mortimer und dieser Typ, der immer so protzig rumläuft. Ich glaube, er heißt Lenny.«
»Sonst noch jemand?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich las ein Buch, und plötzlich kam Wind auf. Ich ignorierte es. Das passiert manchmal, und normalerweise ist es ein Beschwörer, der in meinen Kopf herumpfuscht. Dann begann der Boden vor dem Kreis zu glühen wie eine Pfütze Lava. Ganz unheimlich, in Rot und Gold.«
»Und dann?«
»Dann schoss es wie eine Rakete aus dem Boden«, sagte er und warf seine Arme hoch wie bei einer Explosion.
»Es? Du meinst den Drachen?«
»Ja. Ich fürchte mich davor, seit ich klein war. Meine Eltern haben mir einmal einen Stoffdrachen gekauft, weil sie den so niedlich fanden. Ich war überzeugt, dass er mich fressen würde, und habe ihn ganz hinten im Schrank versteckt.«
Sie hätte erwartet, dass er jemand anderem die Schuld geben würde, aber dieser Typ nahm alles auf seine Kappe.
»Hast du irgendjemandem erzählt, dass du Angst vor Drachen hast, zum Beispiel einem der Nekros?«, fragte sie. Vielleicht kam sie so der Sache näher.
»Nein«, erwiderte Richard. »Das ist nichts, was man allen Leuten auf die Nase bindet.«
Da hatte er recht.
»Wie sah er aus?«
Er strich sich übers Gesicht. Auf den Stoppeln am Kinn erzeugten seine Finger ein kratzendes Geräusch.
»Er war riesig, mindestens sechs Meter groß, und hatte solche dicken, verspiegelten Schuppen, die bei jeder Bewegung die Farbe wechseln. Ich konnte alle Kerzenflammen darin sehen. Echt gruselig.«
»Er ist nicht auf den Friedhof geflogen«, sagte sie mehr zu sich als zu ihm.
So, wie man es von einem Drachen erwarten würde
.
»Nein. Er kam direkt aus dem Boden. Du hättest seine Klauen sehen sollen. Sie müssen mindestens einen Meter lang gewesen sein. Er hat mich die ganze Zeit angestarrt und gezischt, und ich habe ihn in meinem Kopf gehört, wie er immer wieder sagte, ich solle den Kreis öffnen, oder er würde mich bei lebendigem Leib rösten.«
»Und, hast du es getan?«, fragte sie und bemühte sich, sich ihre Wut nicht anmerken zu lassen.
»Nein!«, erwiderte Richard und schüttelte augenblicklich den Kopf. »Ich hab die Augen zugemacht und versucht, an irgendetwas anders als dieses verdammte Ding zu denken.«
»Und wie wurde der Kreis dann zerstört?«
»Als ich nicht tat, was er verlangte, richtete er sich auf den Hinterbeinen auf und brüllte«, sagte er. »Grabsteine gingen zu Bruch, und das Dach vom Mausoleum explodierte. Dann kam diese Flammenwand genau auf mich zu.«
Richard zitterte jetzt so, dass Riley ihm zögernd die Hand auf den Arm legte. Das schien ihn zu beruhigen.
In der Nähe des Mausoleums hatte es keinerlei Anzeichen der Zerstörung gegeben. »Nichts als Illusion«, sagte sie.
Richard holte tief Luft, dann sprach er weiter. »Als die Flammen den Schutzkreis erreichten, begannen die Kerzen zu flackern. Es wurde so heiß, dass ich dachte, ich würde lebendig gebraten. Ich kroch unter eine Decke und versuchte, mich zu verstecken, und dabei muss ich irgendwie eine der Kerzen umgestoßen haben.«
Sobald der Schutzkreis zerstört war, hatte nichts mehr den Totenbeschwörer davon abgehalten, ihren Vater wiederzubeleben.
»Wie war es, als mein Dad …«, begann sie und schob ihre Hände zwischen die Knie.
Richard blickte zu ihr hinüber. »Die Erde flog in alle Richtungen, und dann hörte ich Holz splittern. Ich glaube, das war der Sargdeckel. Dann ist dein Dad einfach aus der Erde aufgestanden. Ich habe versucht, ihn aufzuhalten, aber er hat den Kopf geschüttelt und mich beiseitegestoßen.«
»Hat er … irgendetwas gesagt?«
»Ja, und das war richtig gruselig. Dein Vater ist auf den Drachen zugegangen, hat ihn angestarrt und gesagt: ›Das war ja klar, dass du das bist.‹« Richard schluckte hart. »Dann ist das Ding einfach verschwunden und hat deinen Vater mitgenommen.«
»Aber den Nekro hast du nie gesehen?«
»Nein.«
»Was ist mit einem Wirbel aus getrocknetem Laub?« Das war Ozymandias’ bevorzugte Tarnung.
»Nichts.«
Richard zitterte nicht mehr, als sei er einen Teil seiner Angst losgeworden, indem er die Geschichte erzählte.
»Es tut mir wirklich leid«, sagte er. »Ich fühle mich echt mies deswegen. Wenn ich nicht solche Angst gehabt hätte …«
Sie könnte diesem Typ für alles die Schuld geben oder es einfach
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