Seelenriss: Thriller
Professor weniger angetan zu sein. »Das mag sein, allerdings …«, begann er.
Skeptisch beäugte ihn Lena. »… ja?«
»Ach, ist nicht der Rede wert«, ruderte Matthias mit einer abwinkenden Handbewegung zurück.
Doch so leicht gab sich Lena nicht geschlagen. »Jetzt komm mir bloß nicht so!«, fuhr sie ihn an und riss entnervt die Hände hoch. »Wir reden hier nicht von einem belanglosen Kavaliersdelikt, sondern von einer brutalen Mordserie, bei deren Ermittlungen wir schon viel zu lange auf der Stelle treten.« Sie blickte ihn mit geneigtem Kopf an und forschte in seinem Blick. »Matthias, wenn du irgendetwas über diesen Psychiater weißt, dann musst du es mir sagen.«
»Du weißt, dass ich nichts auf Gerüchte gebe«, sagte er und sah angespannt aus dem Fenster. »Aber in der Branche wird gemunkelt, Professor Wallau sei in dubiose Geschäfte verwickelt.«
»Was für Geschäfte?«, wollte Lena wissen.
»So genau kann ich dir das auch nicht sagen. Ich weiß nur, dass es irgendetwas mit Sterbehilfe zu tun haben soll.« Er wandte den Kopf nach ihr um. »Glaub mir, das ist alles, was ich darüber weiß.«
Lena dachte kurz über seine Worte nach. »Meinst du, es besteht ein Zusammenhang zwischen diesem Geschäft mit der Sterbehilfe und der Tatsache, dass unser Killer seine Taten als Selbstmorde inszeniert?«
Matthias zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung, aber merkwürdig ist das Ganze schon«, fand er. Und nach einigem Zögern fügte er hinzu: »Letztes Jahr habe ich auf einem Kongress in Zürich am Rande mitbekommen, wie Professor Wallau von einem Kollegen auf die Gerüchte angesprochen wurde …«
»Und?«
Matthias schüttelte den Kopf. »Er hat alles abgestritten. Außerdem hat er sich tierisch darüber aufgeregt – ganz offensichtlich hat er diese Vorwürfe nicht zum ersten Mal gehört.«
»Und was war das für ein Kollege, der Wallau darauf angesprochen hat?«, hakte Lena nach.
Matthias’ Miene verdunkelte sich. »Das war Doktor Klaus Gronert. Wenn du mich fragst, war er einer der besten Verhaltenstherapeuten des Landes.«
»War?« , fragte Lena mit erhobenen Brauen.
Matthias senkte den Blick auf seine Hände, und ein Anflug von Traurigkeit mischte sich in seine weichen Gesichtszüge. »Doktor Gronert ist letztes Jahr beim Fallschirmspringen auf tragische Weise verunglückt.«
Lena musterte ihn nachdenklich, und für einen Moment fiel kein Wort. Als sie registrierte, dass Matthias einen flüchtigen Blick auf die Uhr warf, kam sie rasch wieder zum Thema zurück. »Was denkst du, könntest du ein Gespräch mit dem Adoptivsohn der verstorbenen Ann-Kathrin Weiß arrangieren? Womöglich erinnert sich das Kind an etwas, das die Ermittlungen vorantreibt. Vielleicht kann es sogar Hinweise auf den Täter geben.« Sie lächelte Matthias angespannt an. »Der Junge ist dein Patient, und du wärst bei der Befragung selbstverständlich dabei.« Lena beobachtete, wie er seine Hände in den Hosentaschen vergrub, was er immer tat, wenn er mit sich haderte.
Matthias schob das Kinn vor und sagte: »Tut mir leid, aber das halte ich für keine gute Idee.« Seine Stimme hatte jetzt einen anderen Tonfall und war längst nicht mehr so ruhig wie zuvor. »Der Junge ist noch nicht so weit.«
Lena traute ihren Ohren nicht. »Herrgott noch mal, Matthias!« Lena beugte sich leicht vor und fixierte ihren Exfreund, als gebe sie ihm die alleinige Schuld daran, dass der Killer noch immer frei herumlief. »Bei allem Verständnis, aber dieser kleine Junge ist vielleicht unsere einzige Chance, den Täter zu überführen.« Doch ihre Versuche, Matthias umzustimmen, waren vergeblich.
»Ich denke, es ist besser, wenn du jetzt gehst«, sagte er und hielt ihr die Tür auf.
Lena starrte ihn verständnislos an und spürte, wie sich ein Kloß in ihrer Kehle bildete. Sie wusste nur zu gut, wie schwer es war, per richterlichem Beschluss die Erlaubnis zu erwirken, den Jungen zu befragen, wenn der behandelnde Arzt sich querstellte. Das konnte Tage, wenn nicht Wochen dauern – Zeit, die sie verdammt noch mal nicht hatten! In plötzlicher Wut und Verärgerung über Matthias’ mangelnde Kooperationsbereitschaft packte sie ihn am Arm. »Das kannst du nicht machen! Du weißt ebenso gut wie ich, dass ich keine andere Wahl habe«, brach es aus ihr heraus. »Und falls das jetzt irgend so eine miese Retourkutsche wegen damals sein soll, dann …«
»O bitte, Lena. Die Sache hat mit dem, was zwischen uns gewesen ist, nicht das Geringste zu
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