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Seelenriss: Thriller

Seelenriss: Thriller

Titel: Seelenriss: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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sich vor, um ihren Hals genauer zu betrachten, da fuhr die Greisin ruckartig im Bett hoch. Zu Tode erschrocken wich Belling zurück. »Großer Gott – einen Notarzt, schnell!«, brüllte er Vogt zu, der sofort sein Handy zückte.
    Die Augen der Alten flackerten gespenstisch auf, und Belling bemerkte, dass sich ihre Lippen kaum merklich bewegten. Offenbar wollte sie ihm etwas mitteilen. Rasch beugte er sich mit dem Ohr über das Gesicht der Frau, die jedoch nicht mehr als ein schwaches Ächzen zustande brachte. Er beobachtete weiter das Gesicht der Frau, da ertönte die Stimme von Volker Drescher aus dem Nebenzimmer: »Männer, seht euch das hier an!«
    Schwitzend wandte sich Belling um und eilte ins benachbarte Zimmer. Bei dem heruntergekommenen Raum handelte es sich um ein Arbeitszimmer, dessen Fenster von innen mit Brettern zugenagelt war. Belling leuchtete über den Boden, der übersät war mit herumliegenden Bierdosen, Zigarettenstummeln und Pizza-Kartons. Er lief zum Schreibtisch und folgte Dreschers Blick zum Computermonitor. Eine makabere Animation zeigte die Gesichter der vier Opfer auf in Flammen stehende Särge montiert. »Dem letzten Sarg in der Reihe wurde noch kein Gesicht zugeordnet, das fünfte Opfer fehlt noch«, ergriff Belling als Erster das Wort.
    Drescher korrigierte den Sitz seiner Brille und klickte mit angespannter Miene auf einen Folder, auf dem ein Totenkreuz abgebildet war. Doch der Ordner war leer.
    »Und was jetzt?«, fragte Vogt, der inzwischen schräg hinter ihm stand. Belling nahm das gerahmte Bild vom Schreibtisch, das eine in die Kamera lächelnde Frau zeigte. »Das muss Nadine Harding sein«, überlegte er, als plötzlich ein aufgebrachter Kollege in der Tür erschien. »Jemand aus der Nachbarschaft hat soeben erklärt, eine junge Frau hätte seinen Range Rover konfisziert und sei damit Hardings Lieferwagen gefolgt!«
    Hastig stellte Belling das Bild zurück und stieß dabei versehentlich eine Spieluhr vom Schreibtisch, die beim Aufprall leise die Melodie eines Kinderliedes abspielte. Belling bückte sich nach der Spieluhr und hielt plötzlich mitten in der Bewegung inne, als ihm ein zerknüllter Zettel unter dem Schreibtisch ins Auge fiel. Auf Verdacht hob er ihn auf und leuchtete mit seiner Taschenlampe darauf. Belling traute seinen Augen kaum.
    »Was ist das?«, fragte Vogt ungeduldig.
    »Volltreffer, es ist die Liste!«, erklärte Belling und strich das Papier unter den Blicken von Drescher und Vogt auf der Tischplatte glatt. Die ersten vier Namen waren durchgestrichen, der letzte auf der Liste lautete Anita Paul. »Lena Peters hatte recht, sie steht tatsächlich nicht auf seiner Liste – doch die Tatsache, dass sie dem Killer gefolgt ist, könnte ihr Todesurteil sein«, schlussfolgerte Belling und starrte Drescher und Vogt eine Sekunde lang an. »Kommen Sie, wir haben keine Zeit zu verlieren!«, rief er, und sie liefen wie auf Kommando hinaus.

47
    Wenig später in Berlin-Mitte …
    Das Schreien des Babys erfüllte das Halbdunkel des Schlafzimmers. Anita Paul ging vor dem Bettchen auf und ab und wiegte den Säugling, bis das Schreien allmählich nachließ. Sie wusste, der Kleine würde sofort wieder anfangen, wenn sie zu früh damit aufhörte. Obwohl ihr die Arme schwer geworden waren, wiegte sie ihn noch eine Zeitlang weiter, so wie sie es in den letzten sieben Monaten immer getan hatte. Der kleine Schreihals raubte ihr den Schlaf, sorgte dafür, dass sie fünf Tage die Woche übermüdet ins Büro kam und sich ihre Gesprächsthemen fast ausschließlich auf Windelwechsel, Abstillen und Hormonschwankungen reduzierten.
    Trotzdem hatte sie es nicht eine Sekunde lang bereut, das Kind behalten zu haben. Niemals. Nicht, als die Ärzte ihr von einer Risikoschwangerschaft aufgrund ihrer einundvierzig Jahre abgeraten hatten, und auch dann nicht, als sie erfahren hatte, dass David eine Affäre mit ihrer ehemals besten Freundin gehabt hatte, und feststand, dass sie das Kind allein großziehen musste. Dieser winzige Mensch, der in seinem Frotteestrampler in ihren Armen lag, war ihr ganzer Stolz. Er war der Grund, warum es sich für sie lohnte, auf dieser Welt zu sein.
    Als der Kleine eingeschlafen war, blieb Anita Paul noch einen Augenblick lang am Fenster stehen und betrachtete sein winziges Gesicht im hereinfallenden Mondschein. Die vorgewölbte Stirn, die Pausbacken und die schönen Augen mit den langen Wimpern, die er zugegebenermaßen von David hatte. Wenn er schlief, sah er aus wie

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