Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
Vom Netzwerk:
gar nicht mehr zu Gesicht bekommen. Bis dann, vor etwa einem Jahr, Buehlin angerufen hatte. Er steckte in üblen finanziellen Schwierigkeiten, und Neumann hatte ihm von Korkarian erzählt, danach bis zum heutigen Tage wiederum kein Wort von seinem Freund gehört.
    An dieser Stelle unterbrach sich Neumann, um seine Frau nach einem neuen Bier zu schicken. Ich wurde auch gefragt, aber meins war noch halb voll. Lauwarmes Bier ist nicht so mein Ding. Ich nutzte die Unterbrechung, um eine Frage zu stellen.
    »Wissen Sie, an was Buehlin da herumbastelt?«
    »Irgend a Spinnerei. Was es ist, waß kaner. Er hot imma dazöhlt, dass er’s uns zagt, wenn’s fertig is. Aber so weit is es nie kumman.«
    »Heute Morgen, als ich bei ihm war, meinte er, dass es funktioniert.«
    »Des sagn solche Spinner imma. Darauf gib i nix. Dem sei Maschin wird nie was wern.«
    »Gut. Eigentlich interessiert mich der Korkarian mit seinen Krediten auch mehr. Was wissen Sie über den?«
    »Exakt gar nix. A Freind hat ma davon erzählt, und wia mi da Erich um Geld gfragt hat, is a ma wieder eingfallen. Hab ma denkt, des passt wia da Oarsch aufn Eimer.«
    »Und woher hat Ihr Freund den Kontakt?«
    »Des waß i nimma.« Er drehte sich um und rief seiner Frau zu: »He, Frieda-Liebling, was hat’n da Walter dazöhlt über den Kreditheini. Waßt du des no?«
    »Na. Lass mi mit deine spinnertn Freind in Friedn. Sei so gut bitte.«
    »Könnten Sie mir vielleicht mit der Adresse Ihres Freundes helfen, dann frag ich ihn selbst.«
    Als ich das sagte, fing Neumann an zu grinsen: »Gebn kann i dir des scho, aber wird da nix nutzn. Der Walter is von uns drei der mit dem gräßten Vogel in da Marü’n.«

VIII
    Eine halbe Stunde später sah mich der Sommernachmittag die Steinbruchgasse hinuntergehen. Die Kleingartensiedlung ging in Einfamilienhäuser über, diese ihrerseits in Wohnblocks. Ein paar rotgraue Ungetüme aus den Siebzigern standen herum, umgeben von Grünflächen, wo die Hausfrauen die Wäsche zum Trocknen hinausgehängt hatten. Ich suchte die Adresse, die mir Neumann gegeben hatte, und stand schließlich vor einer Haustüre. Bei Hausser läutete ich, einmal, zweimal, doch es rührte sich nichts. Als ich meinen Finger zum dritten Mal auf die Klingel legen wollte, sprach mich jemand an. Eine klein gewachsene, dunkelhaarige Frau stand vor mir, einen Wäschekorb in der Hand. Eine zierliche Person, wie ein Porzellanpüppchen, in ausgewaschenen Jeans.
    »Zu wem wolln Sie denn?«
    »Hausser, Walter.«
    Sie verzog das Gesicht, als hätte sie was Übles gerochen. Dabei rümpfte sie das Stupsnäschen wie ein Katzenbaby.
    »Zu dem? Sind Sie von der Hausverwaltung?«
    Ich verneinte.
    »Das ist Riesengfrett mit dem. Rast mit Rollstuhl herum, so dass die Leit vom Gehsteig springen müssen. Einmal hat er sogar Kind angefahren. Stelln sich Ihna vor! Seitdem hat er Hupe am Gefährt, wie ein LKW. Macht Höllenlärm. Wenn bsoffen ist, uriniert Hausser einfach in Öffentlichkeit. Außerdem pöbelt die Leit an. Wir haben an Hausverwaltung geschrieben, wollen wir ihn loswerden, aber rührt sich nix. Seins so gut, machen Tür auf, ja?«
    Ich nahm den Schlüssel aus dem Wäschekorb und öffnete die Tür. Anschließend nahm ich ihr den Wäschekorb ab.
    »Kommen Sie mit, in meine Küche. Wird sicher bald regnen draußen.« Sie lächelte mich an. »Mach ich Ihnen die Kaffee. Tratschen wir ein bisserl, wenn Hausser heimkommt, hört man eh. Weil spielt dann immer ganz laut Musik. Furchtbarer Lärm. Wohnt leider neben mir. Meine Mann sagt: ›Ich bring ihn um, den Oarsch.‹ Sag ich: ›Super, willst du Messer?‹ Aber macht er einfach nicht.« Sie lächelte mich kopfschüttelnd an, als wollte sie sagen, dass mit den Männern heute auch nichts mehr los sei.
    In ihrer Wohnung im Erdgeschoss stellte sie den Wäschekorb auf eine Bank, putzte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und bot mir einen Platz am Küchentisch an. Alles war sauber und ordentlich, die Abstellflächen glänzten und es roch gut. Ein leichter Hauch von Putzmitteln, vermischt mit einer Ahnung klaren Essensduftes. Die Art von Duft, die nur entsteht, wenn jemand wirklich gut und leidenschaftlich kocht.
    »Starke Kaffee oder schwache?«
    »Stark.«
    »Gut. Viel Kaffee ist nix gut in Österreich.« Nach dieser ernsthaften Feststellung ging sie zum Herd, an dem ein paar langstielige Kupferkännchen hingen. Sie brachte Wasser zum Kochen und bereitete in einer umständlichen Prozedur zwei Tassen türkischen Kaffee

Weitere Kostenlose Bücher