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Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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wartet, hofft jeden Moment auf die Sprechstundenhilfe, die einem sagt, dass man den Termin verschieben müsse. Tief drinnen weiß man doch, dass es kein Entkommen gibt.
    Endlich hörten wir Motorenlärm, langsam näher kommend. Dann das Knirschen von Gummireifen auf Kieselsteinen. Schließlich Türengeräusche. Satt und volltönend, Klangerlebnis Luxusschlitten. Wäre ich Sherlock Holmes gewesen, hätte ich am Klang die Marke erkannt, vielleicht sogar die Nummerntafel. Ich bin kein Holmes, Watson ist ein Idiot und außerdem ist mir Koks zuwider.
    Es waren mehrere Personen, die da auf uns zukamen, gar nicht gut. Es hielt uns nicht mehr auf dem Baumstamm und wir standen auf. Drei Schatten bewegten sich durch die Dunkelheit unter den Bäumen. Ein Mensch und zwei Bären. Die Bären einen Schritt hinter dem Typen. Als sie uns ausmachten, blieben die Schläger stehen und der Typ machte noch ein paar Schritte. Dann hielt auch er. Die Versicherungsagentur »Brute Force Assured« im Hintergrund hatte jeweils die rechte Hand unter ihre Jacke geschoben. Der Raum zwischen dem Mann und uns maß etwa zwei Meter. Zu den Versicherungsagenten vielleicht fünf. Oder auch nur viereinhalb. Egal. Mir war schwummerig. So fühlt man sich also auf dem Präsentierteller.
    Der Mann vor uns maß etwa einsachtzig, war ziemlich fleischig und sicher nicht älter als Mitte 30. Sein Anzug schien ein dunkles Lavendel, Ton in Ton mit Krawatte und Hemd. Ich hasse solche Typen. Vor allem dann, wenn sie mehr Trümpfe in der Hand halten als ich. Was momentan einfach war, denn mein Blatt war leer. Seine linke Hand hatte er lässig im Hosensack versenkt, das Gesicht im Schatten einer Eiche. Schwer zu sagen, wie er aussah. Morgen im hellen Tageslicht würde ich an ihm vorübergehen, ohne ihn wiederzuerkennen.
    »Gut, dass Sie da sind.« Arroganz, Bauernschläue und nicht wenig Gier. Die Stimme wenigstens konnte ich mir merken.
    »Ich habe nicht wenig Zeit und auch ein bisschen Geld in die Sache investiert, Frau Korkarian. Ich denke, es ist verständlich, dass ich ein wenig energisch bin, wenn es um die Wahrung meiner Interessen geht.«
    »Sicherlich. Das sehe ich ein.«
    »Das freut mich. Wären Sie von Anfang an so vernünftig gewesen wie jetzt, dann hätten wir uns einiges erspart. Sie und ich.« Eine kleine Pause. »Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse.«
    »Wir haben beide gespielt und Sie gewonnen. Gern verliere ich nicht.«
    »Ich denke, das lässt sich einrenken. Was sagen Sie zu einer Wiedergutmachung?«
    »Welcher Art?« Elena flirtete, was das Zeug hielt.
    »Ein nettes Essen und dann sehen wir weiter?«
    »Da sage ich nicht nein.«
    Der Lavendeltonträger nickte, und schneller, als ich schauen konnte, hielt mir der eine seiner Bodyguards seine Knarre unter die Nase und der andere fixierte mir die Hände auf dem Rücken. Elena und der Kerl gingen Arm in Arm zum Wagen. Dort ließ der Fahrer den Motor an und ab gings ins Partyleben.
    Zurück blieb ich mit den beiden Bären und der Gewissheit, wieder einmal von einer Frau reingelegt worden zu sein. Wenigstens hatte ich so einmal ein Menschenopfer miterlebt. Auch nicht schlecht.
    Die beiden Kerle schleppten mich, nachdem wir ein wenig gewartet hatten, auch zur Straße. Zuvor hatte der eine sein Handy rausgeholt und ein paar Knöpfe gedrückt. Als wir vorne an der Straße angekommen waren, kam auch schon ein unauffälliger Lieferwagen, weiß mit Firmenaufschrift, und die beiden stiegen mit mir ein. Hinten in den Laderaum. Wohin die Fahrt ging, wusste ich noch nicht. Ganz sicher nicht ins Vergnügen.

IV
    Wir saßen zu dritt im Laderaum. Die beiden Kerle auf den Radkästen, ich an die Tür gelehnt. Beide hatten gangstermäßig ihre Knarren gezogen und schauten grimmig drein. Viel schienen sie nicht auf dem Kasten zu haben. Abgesehen von zu vielen Anabolikamuskeln vielleicht. Weder hatten sie mir die Hände gebunden, mir meine Sachen abgenommen noch die Tür verriegelt. Und die einzige Auswirkung der gezogenen Schusswaffen auf die Situation war, dass sie so nur eine Hand frei hatten, um sich festzuhalten. Was in einem fahrenden Auto immer wichtig ist. Meine Situation hatte sich also ein wenig gebessert. Außerdem kannte ich das Türschloss hinter mir. Die Inzersdorfer Schlachthöfe kriegen ihre Folien und sonstigen Kleinkram auch mit VW Bussen angeliefert. Über Jahre hinweg hatte ich diese Türen von außen wie von innen sicher tausendmal geöffnet. Die Schnalle befand sich genau an meinem Hinterkopf.

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