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Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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Lieber Rückenschmerzen als so ein Insekt auf der Wange und am Hals und auf den Augen, an der Stirn und sonst wo. Fliege. Schon das Wort gehört verboten.
    Ich hatte mich ordentlich in Rage gebracht und versuchte, mich nun wieder zu beruhigen. Es war ja keine da, kein Grund also, mir selbst den schönen Morgen zu vermiesen. Obwohl, vom Morgen war nicht mehr viel übrig, es ging schon auf halb eins zu, wie mir ein Blick auf das Handy neben mir zeigte. Steif stand ich auf, es tat noch immer alles weh, und ging mich herrichten. Katzenwäsche und alte Klamotten, dann spazierte ich hinaus. Immer ein wenig vorsichtig wegen der Schläger von Kana, aber die tauchten nicht auf. Manchmal hörte ich Schritte auf dem Marmorboden, stöckelhart oder rindslederweich, aber immer hinter ein paar Ecken oder um ein paar Treppen verschoben. Ich begegnete niemandem.
    Draußen hatte die Mittagssonne allen Schatten aufgefressen und es war grimmig heiß. Ich machte mich auf in die Josefstadt. Rund um Maria Treu, einer wunderschönen Barockkirche, gibt es jede Menge kleiner Cafés und Crêperien.
    Bei der Ersten von ihnen ließ ich mich auf einem Stuhl nieder und streckte die Füße unter den Tisch. Der Innenraum des Lokals war winzig, so um die 20 Quadratfuß, und auf dem Gehsteig standen drei Tische an der Hauswand. Ein aufgespanntes Tuch spendete Schatten. Ein bisschen jedenfalls.
    Ich bestellte mir Tee – man stelle sich vor, sie hatten einen netten Second Flush Darjeeling – und ein paar Palatschinken. Sorry, mittlerweile heißen die ja Crêpes. Nachdem ich schon alt genug war und auch sonst niemand auf mich aufpasste, frühstückte ich wie ein Zwölfjähriger. Einmal mit Vanilleeis, einmal mit dunkler Schokosauce. Vielleicht von der ernährungstechnischen Seite her nicht so klug, doch es schmeckte. Und wie.
    Überall um das Café standen Kleinwagen geparkt, aber keine fuhren. Irgendwo oben drang aus einem Fenster leise Klaviermusik, etwas Etüdenhaftes, wahrscheinlich Liszt, doch mit dem modernen Zeug kenn’ ich mich nicht so aus. Jedenfalls sehr schön gespielt. Im Schatten der Leinwand der Crêperie schien die Hitze mehr urlaubshaft als unsympathisch, und nach einem zweiten Kännchen Darjeeling gings mir richtig gut. Vom Rücken einmal abgesehen. Der war immer noch sauer und würde es wahrscheinlich noch einige Zeit bleiben.
    Während ich so vor mich hin verdaute, Tee nippte und Liszt lauschte, setzten sich zwei Damen an den Tisch vor mir. Beide im Business-Kostüm, mit Organizer Handys und Handtaschen im Wert von Zwaziland. Riesige Sonnenbrillen saßen ihnen auf der Nase, und beide waren schrecklich dünn. Sie bestellten gemischte Salate ohne Öl, dafür weiße Spritzer. Ihr Gespräch drehte sich um irgendeine Geschäftsreise nach Fernost. Zwischen den Sätzen schluckten sie den Wein wie Fische. Als ich fünf Minuten später gezahlt hatte und weiterging, saßen sie schon vor dem zweiten Glas. Da fühlte ich mich mit meinen Schoko-Crêpes richtig vernünftig. Passiert auch nicht oft, das mit dem vernünftig Fühlen.
    Ich spazierte gemächlich dahin, immer Richtung Fünfhaus, als dann doch das Telefon läutete. Nummer unterdrückt.
    »Linder, ja bitte.«
    »Servas, Burli.«
    »Hi, Kurti. Was gibt’s? Ich dachte, du hast kein Handy?«
    »Eh, bin in so an Tschuschnshop, da wo ma halafonieren a kann.«
    »Also.«
    »Hab ma des Haus angschaut, am Nachmittag muaß i wieda hin. Tät gern drüber redn.«
    »Sicher.«
    »Sitz im Kotanko.«
    »Gut.«
    Schon wieder das Kotanko. Es blieb mir auch gar nichts erspart. Ich machte mich auf, schnappte mir eine Tram und war dann bald draußen im 15ten. Im Kotanko saßen Kurti und der Chef am Tresen. Die Bedienung stand dahinter. Alle rauchten und tranken Bier. Ich bestellte einen Mokka, der wurde mir auch gemacht, doch das Wasserglas war verdächtig klein. Ich schnüffelte. Schnaps. Alles schaute mir gebannt zu.
    »Ich hätt lieber ein Glas Wasser dazu.«
    »Wie wüllst’n die schwarze Suppn owawürgn ohne Schnaps?« Für den Chef schien da eine vertraute Weltordnung Risse zu kriegen.
    »Ok.« Was soll man machen. Ich zuckerte meinen Kaffee ausgiebig und nippte. Er war richtig gut und ich schwer überrascht.
    »Wegn an Bruch«, setzte Kurti an. »Des schaut so aus. De Hittn hat a super Anlag. Is so modern, die kenn ich gar net gescheit. De spült alle Stickln, wenn’st wüst, kannst aussuchen, ob in Dur oder Moll. A Wahnsinn.«
    Er nahm einen Schluck von seinem Bier und schüttelte sich eine

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