Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)
war im Schloss. Blieb die Frage, ob
es nicht vielleicht besser gewesen wäre, die Beine in die Hand
zu nehmen und ganz weit wegzurennen.
~*~
Wenn Melica das Schloss
der Sarcones beschreiben müsste, nun… dann würde sie
wohl zum ersten Mal in ihrem Leben keine Worte finden. Es war weit
mehr als nur imposant. Mit Augen, die so groß waren wie
Fußbälle schritt sie hinter Diana her.
„ Dass Erik dich
nicht einlassen wollte, darfst du dir nicht zu Herzen nehmen“,
sagte Diana, während sie Melica einen langen Korridor
entlangführte.
Zane und Isak waren
verschwunden – Zane schweigend, ihr Onkel erst, nachdem er sie
unzählige Male um ihre Erlaubnis gefragt hatte. „Ich hatte
ihn angewiesen, niemanden ins Schloss zu lassen. Ich will nicht, dass
die anderen hier auftauchen.“
Melica biss sich auf die
Unterlippe. „Du meinst die Schattenkrieger?“
Diana warf ihr einen
anerkennenden Blick zu. „Du bist schlau, Mädchen. Aber das
seid ihr Hexen schließlich alle.“ Ein amüsiertes
Flimmern schlich sich in Dianas Augen. Augen, die beinahe so dunkel
waren wie Zanes, aber ganz anders wirkten. Nicht so unleserlich und
gefühllos wie Zanes, irgendwie… skrupelloser, böser.
„ Vor ein paar Jahren
hatten wir schon einmal eine Hexe bei uns auf dem Schloss. Du
erinnerst mich an sie.“
„ Tatsächlich?“,
erwiderte Melica neugierig. „Was ist aus ihr geworden?“
„ Im Gegensatz zu dir
hatte sie nicht vor, mich bei meinen Zielen zu unterstützen. Ich
musste sie davonjagen.“ Sie runzelte nachdenklich die Stirn.
„Inzwischen ist sie wahrscheinlich schon ganz alt und
vertrocknet. Sie müsste jetzt um die 50 Jahre alt sein. Obwohl
sie bestimmt schon längst gestorben ist. Man lebt nicht
unbedingt sicher, wenn man fortwährend versucht, anderen Frauen
den Mann wegzunehmen.“
Inzwischen hatte Melica
verstanden, von wem Diana dort sprach. Sie hielt es jedoch für
unklug zu erwähnen, dass sie Janes Tochter war und schwieg
stattdessen wohlweißlich.
Hätte Zane sie in
diesem Augenblick gesehen, wie sie so einträchtig neben Diana
durch die Gänge lief, hätte er ihr wohl den Hals umgedreht.
Melica zeigte nicht den Hauch von Hass. Sie konnte es einfach nicht.
Aus Gründen, die sie selbst nicht nachvollziehen konnte und die
sie zutiefst verstörten. Denn inzwischen war ihr klar geworden,
dass sie Diana nicht hasste. Selbstverständlich war sie wütend,
aber Hass? So sehr sie sich auch bemühte – sie konnte
keinen Funken davon in sich finden und sei er noch so klein. Sie
hasste Diana nicht, sie hatte viel eher Mitleid. Mitleid, weil Diana
ohne zu Zögern einen Menschen töten konnte, töten,
ohne danach auch nur ein schlechtes Gewissen zu haben. Wer einen
solch gestörten Charakter hatte, war gestraft genug. Vielleicht
hatte Jane ja Recht gehabt. Vielleicht war Melica wirklich viel zu
gut, um so etwas wie Hass überhaupt empfinden zu können.
Diana musterte Melica
interessiert und auf die gleiche Art und Weise, in der wohl auch ein
besonders spezielles Tier im Zoo betrachtet wurde. Es gefiel Melica
nicht, doch noch weniger gefiel ihr das kalte Lächeln, das sich
langsam auf Dianas Lippen ausbreitete.
„ Ich glaube dir
nicht, Melica“, sagte ihr und Melica hatte das Gefühl, als
wäre ein Eimer eiskalten Wassers direkt über ihrem Kopf
ausgeleert worden.
„ Was?“,
krächzte sie nicht sehr intelligent.
„ Ich vertraue dir
nicht“, wiederholte Diana entschlossen. Dabei blieb sie keine
Sekunde lang stehen, bahnte sich gelassen den Weg durch das riesige
Schloss. „Ich glaube dir nicht, dass du Menschen hasst. Du
wirst mir einen anderen Grund nennen müssen, wenn du mich
überzeugen willst.“
„ Du… du
glaubst mir nicht?“, fragte Melica hilflos.
Diana verdrehte die Augen.
„Soll ich es aufschreiben, damit du es verstehst? Nein, ich
glaube dir nicht. Du siehst aus wie ein Mensch, du redest wie ein
Mensch, du bewegst dich sogar wie einer. Wenn ich es nicht besser
wüsste, würde ich sogar so weit gehen, zu behaupten, du
wärest ein Mensch! Es ist nahezu unmöglich, dass gerade du
uns helfen willst.“
„ Ich“, setzte
Melica an, stockte jedoch sofort. Was sollte sie auch groß
sagen? So spontan sie normalerweise auch war – in diesem Moment
fiel ihr keine plausible Erklärung ein, warum sie den Sarcones
helfen sollte. Doch zum ersten Mal erwies sich das Schicksal als ihr
Freund, anstelle ihr das Leben so schwer wie irgend möglich zu
machen.
„ Diana? Wir haben
ein Problem.“ Ein
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