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Seelensplitter: Thriller (German Edition)

Seelensplitter: Thriller (German Edition)

Titel: Seelensplitter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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Gewalt in grelles Neonlicht gezerrt hatte. Verschreckt sah sie sich in dem Wartezimmer um, und ihre nervösen Bewegungen verrieten, dass sie drauf und dran war zu gehen. Sie wirkte verängstigt, was wohl der Grund dafür war, warum Lina sie aufmunternd angelächelt hatte.
    »Protzig, was?«, sagte Lina.
    Carolin musste lächeln.
    Sie kamen ein wenig ins Gespräch, Carolin war auch zum ersten Mal hier und sagte, dass sie sich das alles ansehen wolle und keine Ahnung habe, ob es das Richtige für sie sei. Sie wippte auf ihrem Stuhl herum. Dann entschuldigte sie sich, dass ihr das alles doch irgendwie auf die Blase geschlagen sei, und griff nach ihrer Tasche, um damit auf dem Klo zu verschwinden. Lina hörte ein Geräusch, das ihr vertraut war. Kleine Schnapsflaschen, die gegeneinanderstießen. Die Handtasche konnte noch so vollgepackt sein, die verdammten Flaschen stießen trotzdem immer gegeneinander. In den letzten Monaten ihrer »Trinkphase«, wie Lina sie nennt, hatte sie die Wodkafläschchen in leere Zigarettenschachteln gestopft.
    Bei der ersten Gruppensitzung hatte sie Carolin wiedergesehen. Mit einer tiefen Stirnfalte und auf den Boden gerichtetem Blick hatte sie die ersten Minuten in der Runde über sich ergehen lassen und die anderen nicht einmal angesehen.
    Die scheue Carolin.
    Sie hatte einen Job, war Alkoholikerin und hatte einen festen Freund namens Patrick. Der sie, wie sie in der dritten Stunde zugab, nach Strich und Faden betrog. Sie litt unter Verlustängsten und Panikattacken. So wie eigentlich alle in der Runde.
    Und nun liegt sie tot in dieser Wohnung.
    Auf Hooge hatten sie sich näher kennen gelernt. Die Gruppe war gemeinsam auf die Hallig gereist, auf eine Insel mitten im Meer ohne die Chance zu entkommen.
    »Mal sehen, wie wir damit klarkommen«, hatte Severin Carlheim gesagt.
    Sie hatten im berühmten Königspesel übernachtet. Carolin hatte nachts geweint und gestanden, dass sie es einfach nicht aushalte, ohne Patrick zu sein.
    Lina hatte sich ihrer schließlich angenommen. Sie war mit ihr nach draußen und hinunter zum Anleger gegangen. Sie hatten sich nebeneinander auf den Pier gehockt und übers Meer geschaut und auf die Nachbarinseln am Horizont, die im Morgengrauen zunehmend an Kontur gewannen.
    »Ich kann nicht allein sein«, sagte Carolin. »Ist das denn wirklich so schlimm?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Lina.
    »Ich kann nächtelang warten, wenn er nicht da ist«, sagte Carolin. »Aber hier gibt es nichts zu warten. Hier kann niemand kommen. Hier sind wir wirklich allein.«
    Lina schwieg. Sie wollte nicht schon wieder die Rolle der immer alles Verstehenden einnehmen. Nicht in dieser Therapiegruppe. Hier ging es endlich einmal um sie, um den Teil, den zu zeigen sie nicht bereit war.
    Carolin wühlte in ihrer Anoraktasche und holte einen Fotoapparat hervor. Sie setzte ihn auf einen Poller, drückte den Selbstauslöser, kam zurück und legte Lina den Arm um die Schultern.
    An jenem Morgen war das Foto entstanden, das hier im Flur der Wohnung eines gewissen Kostja Behrmann hängt und das Fragen aufwerfen wird. Eine blöde Idee war diese Therapie, denkt Lina. Weil sie ihr nicht geholfen hat und sie dabei zu viel Nähe zugelassen hat, und sie sieht auf die Kaffeemaschine, die sie auf keinen Fall anrühren darf. Vielleicht kann Alex, der sicher immer noch an der Wohnungstür steht, irgendwo Coffee to go besorgen. Wer weiß, wann die Kollegen von der Mordkommission eintrudeln. Innerhalb eines Zeitfensters von maximal einer halben Stunde. So hatte sie es auf der Polizeischule gelernt. Bis dahin ist ihre Dienstanweisung eindeutig: Tatort sichern, nicht von hier weggehen, nichts anfassen, die Personalien eventueller Zeugen aufnehmen.
    Lina streift sich Gummihandschuhe über und blättert in einer Fernsehzeitschrift, die auf dem Fensterbrett liegt. Carolin hat ein paar Sendungen mit dem Kugelschreiber markiert. Eine Castingshow, zwei Hollywoodfilme und zwei Primetime-Schmonzetten. Das passt nicht recht zu der aufgewühlten Verfassung, in der Carolin noch vor wenigen Stunden bei Lina aufgetaucht ist.
    Knapp zehn Minuten später poltern die Kollegen unüberhörbar durchs Treppenhaus. Rascheln der Overalls, die sie sich vor der Wohnungstür überziehen. Sie hört Alex’ Stimme, er erstattet zur Einweisung der Kollegen kurz Bericht. Annahme des Notrufs, Anfahrtszeit, erster Eindruck, erste Sicherungsmaßnahmen.
    »Irgendwas Besonderes? Geruch? Leute im Treppenhaus? Was war mit dem Licht? Was haben

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