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Seelensplitter: Thriller (German Edition)

Seelensplitter: Thriller (German Edition)

Titel: Seelensplitter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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ins Vergessen freuen, wenn sie ihre Blicke auf ihre Uniform heften können. Etwas, an das sie sich meist erinnern, während Kinder und Enkel, soweit vorhanden, oft bereits Fremde geworden sind. Und Lina hört ihnen zu. Sehr zum Leidwesen ihrer Kollegen, die gewöhnlich aus dem Fenster sehen, während sie sich mit ihnen unterhält und versucht, ihnen ein Gefühl von Vertrautheit und Sicherheit zu geben. Die meisten ihrer Kollegen halten das für gefährlich.
    »Der Notruf ist nicht die Telefonseelsorge«, hatte Lüders erst letzte Woche im Wagen geraunt. »Wenn du deren beste Freundin sein willst, werden sie schon morgen wieder einen Fremden in der Wohnung melden, weil es mit den Polizisten so nett war.«
    Linas letzter »Kunde« hat vor zwei Tagen einen Haufen Essensreste in eine Plastiktüte geworfen, sie ihnen in die Hand gedrückt und ihren Kollegen Alex aufgefordert, den Inhalt in einem Labor untersuchen zu lassen. Die Supermarktkette vergifte gezielt Menschen, die zu viel wüssten.
    So ganz Unrecht hat der Mann ja nicht.
    Eine andere ältere »Kundin« hatte auf ein Schild »Ich rede nicht mit euch« geschrieben und es auf einen Stuhl vor den Fernseher gesetzt. Auch daran war eigentlich nichts auszusetzen. Gerufen worden waren sie von einer Nachbarin, weil die Lautstärke des Fernsehers bis zum Anschlag aufgedreht war und die Nachbarin gehört hatte, dass die alte Frau gegen die Stimmen anschrie.
    Aber Carolin? Soweit Lina weiß, gibt es keine Alkoholprobleme, keine schwere psychische Erkrankung. Doch es gibt einen Tanz auf der Borderline. Selbstverletzungen. Das Gefühl, nichts wert zu sein. Endlich etwas wert sein zu wollen. Darum hat Carolin an der Therapie teilgenommen.
    Die Therapie. Da ist es raus, das Wort. Setzt sich wieder fest in ihren Gedanken. Du bist krank, Lina. Du bist nicht normal. Pass auf. Bring dich nicht um. Öffne dich, damit alle hineinsehen können. Damit du selber hineinsehen kannst. Aber verbirg, was du getan hast!
    Lina geht ans Fenster, kann Carolin jedoch nirgends mehr sehen.
    Hoffentlich irrt sie jetzt nicht durch die Gegend. Hoffentlich lässt sie die Finger von Alkohol und Tabletten. Warum habe ich sie nicht in die psychiatrische Notambulanz gebracht?, denkt sie. Weil ich noch nicht im Dienst bin, noch keine Uniform trage. Weil ich mich da raushalten sollte.
    Lina beschließt, sich am nächsten Tag darum zu kümmern.
    Sie geht ins Bad, duscht, zieht eine gebügelte Bluse aus dem Schrank, nimmt die Uniform vom Kleiderbügel. Sie zieht sich nicht mehr im Umkleideraum der Wache um, seitdem eine Kollegin begehrliche Blicke auf ihre Brüste geworfen hat.
    Lina stellt sich vor den Spiegel und zieht ein wenig Kajal über das Lid, tupft Make-up ins Gesicht, verreibt es mit den Fingerspitzen und bindet ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen.
    Sie findet ihr Gesicht etwas zu rundlich, zu sanft. Harte Kinnkonturen, die Nase ein wenig energischer, das wäre … aber das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert.
    In der Schule hatte sie es gefreut, dass ihre Mitschüler sie nur verstohlen taxierten und sich nicht trauten, sie anzusprechen. Eine Zeit lang hatte sie sich damals unnahbar gefühlt, unbesiegbar. Hatte vergessen, was sich da immer wieder in ihrer Magengrube zu verkriechen schien.
    Jetzt weiß sie, wie es geht, unbesiegbar zu sein: Sich einfach nicht dem Kampf zu stellen. Mitzulaufen. Nichts Besonderes zu sein, keine besonderen Leistungen vorzuweisen.
    Lina füllt Kaffee in die Espressokanne, gibt drei Kardamomkapseln hinzu und stellt sie auf den Herd.
    Ihr Alltagsritual, das den Dienst einläutet.
    Die Maschine stößt fauchend den Dampf durch das Sieb.
    Lina trinkt gerade den ersten Schluck, als es wieder an der Tür klingelt.
    »Carolin, ich kann nichts für dich tun«, sagt sie, nimmt noch einen Schluck und eilt dann doch zur Tür, um sie zu öffnen.
    »Es tut mir leid, aber ich muss …«
    »Arbeit, ich weiß.«
    »Alex?«
    »Ich habe Licht gesehen.«
    »Ich finde den Weg zur Wache sehr gut allein«, sagt sie etwas schärfer.
    Sein »Kommt nicht wieder vor« kommentiert sie nicht weiter.
    Alex ist ein angenehmer Kollege, doch wenn man so viel Zeit miteinander verbringt, ist es klug, rechtzeitig die Grenzen abzustecken. Nur nicht zu viel Privates reinbringen, das führt zu nichts.
    Eine Stunde später sind sie unterwegs zum ersten Einsatzort. Unfall mit Fahrerflucht. Keine Personenschäden. Routinebericht. Das Fahrzeug des Geschädigten wurde geschnitten und dann touchiert, leider

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