Seelensplitter: Thriller (German Edition)
verkneifen.
Eine junge Frau mit schwarzem Rock und weißer Schürze bringt zwei Gläser Tee, Sahne und Zucker. Wortlos verlässt sie den Salon wieder.
Isabel steht auf und schließt hinter ihr die Schiebetür.
»Was ist denn schon dabei, in solche Stripschuppen zu gehen?«, fragt sie, und ihr Ausdruck verrät, dass sie bereit ist, sich und die anderen zu verteidigen.
»Was ist mit den Swingerclubs?«
»Bist du jetzt als Moralapostel unterwegs?«
»Sex ist ja nun mehr als ein wenig Abstand finden.«
»Keine Ahnung, wer dir das erzählt hat. Es haben da gar nicht alle mitgemacht«, sagt Isabel. »Du warst wahrscheinlich noch nie in solchen Läden. Da kannst du dich einfach an die Bar setzen und nur zusehen. Niemand spricht dich an, niemand versucht, dich von irgendetwas zu überzeugen.«
»Swingerclubs mit Niveau«, erwidert Lina.
Isabel setzt sich noch ein wenig aufrechter und fragt mit schneidender Stimme: »Also Lina. Was willst du?«
»Es hat einen Anschlag auf mich gegeben.«
»Um Gottes willen. Was?«
»Jemand hat eine Schreckschusspistole an meinen Kopf gehalten und abgedrückt.«
»Und du glaubst … du glaubst, dass eine von uns etwas damit zu tun hat?«
»Ist das so unmöglich?«
Aufpassen, denkt Lina, nur nicht die völlige Ahnungslosigkeit zugeben, es ist die einzige Chance, Isabel etwas zu entlocken.
Isabel kramt eine Schachtel Zigaretten hervor und hält sie Lina hin.
»Willst du?«
Lina zieht eine Zigarette heraus, lässt sich Feuer geben und schweigt.
Isabel inhaliert tief und schüttelt dann den Kopf. Ihr brauner Teint ist selbst ungeschminkt nahezu makellos, findet Lina.
»Welchen Grund sollte es dafür geben?«, fragt Isabel nach einer Weile.
»Bei Carolin wurde eine Nachricht gefunden, die an mich adressiert war. Weißt du etwas darüber?«
»Himmel, Lina, nein! Hattet ihr denn Kontakt miteinander? Ich meine, Carolin war nicht gerade eine Plaudertasche.«
»Dir fällt nichts ein, wie da etwas zusammenhängen könnte?«, fragt Lina.
»Nicht die Spur. Aber wie wär’s mit unserem Sigmund Freud?«
»Carlheim? Was hat der damit zu tun?«
»Na schön, vielleicht hatte sie besonderes Vertrauen zu dir, und du weißt es nur nicht. Deshalb die Nachricht an dich.«
»Die Nachricht war gefälscht«, sagt Lina. »Von Astrid.«
Isabel schweigt einen Moment. Dann sagt sie: »Also, ich war nur selten dabei, wenn sie losgezogen sind. Ich weiß nur, dass Astrid … Nun, Astrid hat das organisiert. Frag doch mal die anderen. Und du solltest daran denken …«
In dem Moment platzt ihre Tochter herein. Sie hält einen Zettel in der Hand und sagt: »Hier ist die Liste mit den Getränken. Das kann doch nicht wahr sein, dass …«
»Jetzt nicht!«, antwortet Isabel scharf.
Nachdem Annkatrin den Raum verlassen und die Tür hinter sich zugeknallt hat, fragt Lina: »Woran sollte ich denken?«
»Du bist Polizistin. Bist du doch immer noch?«
Lina nickt.
»Der Anschlag auf dich kann doch auch mit etwas völlig anderem zu tun haben. Im Job bist du einigen Leuten ganz sicher auf die Nerven gegangen. Wird das nicht untersucht?«
»Sicher«, sagt Lina.
»Trotzdem ist das sehr seltsam«, erwidert Isabel und drückt ihre Kippe in einem silbernen Aschenbecher aus. »Könnte es was Familiäres sein?«
»Sagen dir die Worte ›Vicky‹ und ›Ausflug‹ etwas?«
Isabel schüttelt den Kopf und denkt nach. »Sollen sie auf Hooge anspielen?«
Annkatrin schiebt geräuschvoll die Tür auf.
»Da steht ein Typ, der deine Unterschrift braucht!«, ruft sie in den Raum und scheppert die Tür wieder zu.
Isabel erhebt sich demonstrativ seufzend aus dem Sofa.
»Tut mir leid«, sagt sie. »Ich muss jetzt weitermachen. Man heiratet schließlich nicht alle Tage.«
Sie sieht nicht aus, als würde es ihr wirklich leidtun, denkt Lina, sondern eher so, als sei sie froh, mich loswerden zu können. Kein Wunder. Sie will ihre Prinzessinnenhochzeit durchziehen, und dann kommt eine aus der früheren Therapiegruppe und stellt unangenehme Fragen.
Isabel begleitet sie zur Tür und sagt: »Wäre nett, wenn du das mit unseren Weiberabenden nicht groß weitererzählst. Es ging nur um ein bisschen Spaß, mehr war da nicht. Die Leute machen schnell Skandalgeschichten aus so was.«
Sie umarmt Lina, sagt »Wünsch mir Glück« und bittet sie, noch einen Augenblick zu warten. Sie verschwindet im Haus und kehrt mit einem Stück Papier in der Hand zurück. »Hätte ich fast vergessen. Die Adressen der anderen Frauen, die wirst
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