Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
nicht. Doch Melica störte sich nicht daran. Sie lächelte zufrieden und ließ den Docht des Apfels wenige Augenblicke später ungerührt zu Boden fallen. „Okay. Jetzt bin ich satt.“
Jonathan schüttelte langsam den Kopf. „Isak liegt also wirklich richtig.“
„Kommt jetzt wieder dieser ganze Unsinn mit „wuhaaa – sie ist eine Hexe! Aber eigentlich auch nicht! Sie ist ein Dämon! Nein – sie ist ein Vampir“?“
„Es gibt keine Vampire“, wies Jonathan sie zurecht. „Außerdem ist das kein Unsinn.“
Melica reagierte genauso, wie man auf seine Worte reagieren musste. Nämlich gar nicht. Sie blickte Isak auffordernd an: „Dann lasst uns losgehen.“
Tizian lachte leise. „Wenn du diese Worte in ein paar Stunden mal nicht bereust.“
Tizian hatte sich geirrt. Melica bereute ihre Aufforderung nicht erst nach ein paar Stunden – sie hatte es bereits nach wenigen Minuten getan. Mit jeder Faser ihres toten Herzens. Sie hatte wirklich einen riesigen Fehler gemacht, als sie geglaubt hatte, Isak meinte das „Laufen“ im übertragenen Sinne. Denn das hatte er nicht getan.
Sie liefen tatsächlich. Auf ihren Füßen. Mitten durch den Wald, vorbei an kahlen Bäumen, die ihre Blätter schon längst verloren hatten. Die Landschaft sah aus, als hätte Picasso sie gemalt. Melica jedoch interessierte sich nicht dafür. Sie war vollkommen fertig. Sowohl psychisch als auch physisch. Ihre Kehle brannte aus irgendeinem ihr unerklärlichen Grund und ihre Füße, die sie die ersten Meter so kraftvoll durch den Wald getragen hatten, waren nun schwach und zittrig.
Melica hatte schon viele Male kurz davor gestanden, einfach aufzugeben und sich ausdrucksstark auf den Boden zu werfen. Doch sie hatte es nicht gekonnt, nicht, nachdem sie einen Blick auf die drei Dämonen vor sich geworfen hatte. Keiner von ihnen schien auch nur ansatzweise erschöpft zu sein. Melica würde niemals als Erste aufgeben. Und so kämpfte sie sich weiter, an Büschen und Baumstämmen vorbei und wünschte sich, niemals mit Jim auf diese verhängnisvolle Party gegangen zu sein.
Leider konnten auch die verzweifelsten Wünsche die Vergangenheit nicht davon überzeugen, sich zu verändern. Denn die Vergangenheit liebte ihr Leben. Sie würde es niemals aufgeben. Nicht einmal, wenn das Schicksal sie darum bitten würde.
~*~
Wenn Melica im Nachhinein gefragt werden würde, was genau geschehen war, dann wüsste sie keine Antwort darauf. Sie konnte wirklich nicht verstehen, warum sie, als sie die Augen das nächste Mal aufschlug, auf dem Boden lag. Sie konnte sich nicht daran erinnern, mit dem Laufen aufgehört zu haben. Und doch – irgendwann musste sie es getan haben. Denn für eine Illusion fühlte sich das trockene Laub unter ihrem Rücken entschieden zu echt an.
Ruckartig setzte sie sich auf, bereute diese Entscheidung jedoch sofort. Die Welt verschwamm vor ihren Augen und begann zu tanzen. Bestürzt kniff sie die Augen wieder zu. „Tizian? Isak?“, brüllte sie dabei aus vollem Halse.
„Schrei doch nicht so herum, Melica!“ Sie erkannte Jonathans Stimme problemlos. Und obwohl sie keinerlei Ahnung hatte, wo genau sich der blonde Dämon befand, streckte sie die Zunge heraus.
Ein begeistertes Klatschen wehte zu ihr herüber. „Super, Kleine! Nur weiter so! Zeig ihm, wie erwachsen du doch schon bist! Vielleicht fällt es ihm dann leichter zuzugeben, dass er dich mag.“
„Tizian?“ Melica versuchte erneut, die Augen zu öffnen. Die Welt hatte endlich aufgehört, sich zu bewegen.
„Hier! Ich hab einen gefunden!“ Tizian winkte ihr gut gelaunt zu. Er saß im Schneidersitz auf einem abgeholzten Baumstamm.
Melica blickte sich neugierig um. Es war dunkel geworden und durch die kahlen Äste konnte sie die Sterne am Himmel funkeln sehen. Ein großes Feuer prasselte wenige Meter von ihr entfernt und tauchte sie in eine wohlige Wärme. Jonathan stand dicht neben ihr und starrte mit griesgrämiger Miene in die lodernden Flammen. Von Isak war keine Spur.
„Was ist passiert?“, fragte Melica besorgt.
„Du bist gegen den Baumstamm hier gerannt“, erklärte Tizian und klopfte auf das dunkle Holz neben sich. „Dann bist du dahin geflogen, wo du jetzt liegst und eingeschlafen.“
Ungläubig stierte Melica ihn an. Der Baumstumpf stand mit Sicherheit mehr als sieben Meter von ihr entfernt! Andererseits…wenn man bedachte, mit welcher Geschwindigkeit sie die ganze Zeit durch den Wald gerast war…
„Ihr habt mich einfach so
Weitere Kostenlose Bücher