Seelensturm
begann wild in meiner Brust zu klopfen und aufgeregt streifte ich eine Haarsträhne, die sich aus meinem Zopf gelöst hatte, hinter mein Ohr.
Ohne den Blick von mir abzuwenden, setzte Luca das Messer auf seinem linken Oberarm an und schnitt quer und tief in sein Fleisch. Blut strömte in kleinen Rinnsalen aus der entstandenen Wunde. Langsam öffnete sich die Haut. Er empfand offensichtlich keinen Schmerz, schnitt weiter, bis die Wunde ein paar Zentimeter weit offen stand. Nichts war in seinem Gesicht zu lesen. Keine Regung, nicht einmal ein Zucken. Er warf das scharfe Messer auf den Boden, als er den Schnitt beendet hatte. Angewidert verzog Onkel Finley das Gesicht. »Was tut er da?«
Vorsichtig bohrte Luca mit seinem Finger in der Wunde, dabei hielt er die Luft an. Sekundenlang wühlten seine Finger tief in seinem blutigen Fleisch, drangen tiefer und weiter, als würde er nach etwas suchen. Niemand wagte auch nur, ein Wort zu sagen. Seine Hand und sein Oberarm waren blutverschmiert, als er plötzlich fest an seinem Gewebe riss und mit leicht verzerrtem Gesicht und mit geringem Kraftaufwand etwas herauszog. Schließlich hielt er ein kleines, schwarzes Plättchen in der Hand, welches er Mr. Chang übergab. Dieser hielt das schwarze Ding in die Höhe und zeigte es Onkel Finley. Er sollte sehen, dass Luca etwas aus seinem Körper entfernt hatte.
»Sehen Sie das? Das ist ein Spy. Diesen Chip bekommen alle Taluris implantiert. Damit wird die Konzentration des Obsensiums im Blut der Männer gesteuert. Das Obsensium ist ein Gift, welches das Gefühlszentrum der Taluris praktisch ausschaltet. Außerdem kann der Taluri geortet werden und dieses Ding ist auch für die außergewöhnliche Kraft verantwortlich, die diese Männer haben. Sie sind wie Marionetten, und mit diesem Chip werden sie kontrolliert. Sie sehen also, dass der Junge für uns nun nicht mehr gefährlich ist. Das ist der Beweis, den Sie haben wollten. Vermutlich wissen seine Brüder schon, dass er hier ist. Wir sollten den Spy vernichten«, sagte Mr. Chang, und zerbrach ihn sofort in zwei Teile. »Ab jetzt wird seine Kraft stündlich schwächer werden und …«, er legte seine Hand auf Lucas Schulter, »Du wirst dich an Dinge erinnern, die du lieber vergessen möchtest«.
Sprachlos und erschüttert konnte ich meinen Blick nicht von Luca nehmen. Das alles hatte er für mich getan?
»Woher wissen Sie das alles, Chang?« Die Frage von Onkel Finley war berechtigt.
»Ich … ich spreche nicht gerne darüber, aber nun gut. Ich wusste, dass mich eines Tages die Wahrheit einholen würde. Ich war ein Ausbilder der Taluris. Ich habe aus Luca de Nondelli, Luca, den Taluri gemacht.«
Kapitel 22
»Fesselt ihn und bringt ihn rein und Chang, Sie sind mir einige Erklärungen schuldig«, rief Onkel Finley und ging wütend ins Haus zurück. Die Sicherheitsleute gingen nicht gerade zimperlich mit Luca um. Sie packten ihn am Schopf und zerrten ihn ins Haus, wo sie ihn im Wohnzimmer auf den Boden direkt vor den Tisch stießen. Terry blieb bei ihm, und falls Luca eine Bewegung machen würde, hatte er von Onkel Finley die Erlaubnis, ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen. Schweigend ließ Luca, an Händen und Füßen gefesselt, mit gesenktem Kopf alles über sich ergehen.
Amy, Tom und Alegra befreiten wir aus ihrer Isolation und während Alegra sich in Onkel Finleys Armen ausweinte, starrten Tom und Amy mich unentwegt an. Nach all diesen Ereignissen hatte ich fast vergessen, dass meine Aura nun auch für Tom sichtbar war. Diese wurde zwar wieder schwächer, doch seinem Gesicht nach zu urteilen, wusste er, dass etwas Ungewöhnliches mit mir geschehen war. Amy musterte mich neugierig. Sie kräuselte ihre Stirn und schwieg, als sie aus dem Keller kam. Langsam dämmerte es ihr, dass meine Rolle in dieser Sache wohl ausschlaggebender war als ihre. Ich weiß nicht genau, was sie darüber dachte, aber mein Gefühl sagte mir, dass sie zwar nicht beleidigt war, aber einen Funken Neid konnte ich in ihren Augen sehen. Schweigend nahmen wir uns dennoch in die Arme und waren einfach froh, dass uns nichts passiert war.
Als Alegra den ersten Schock überwunden hatte und sie alle im Wohnzimmer eingetroffen waren, konnten sie ihre Augen nicht von meinen Ornamenten und von Luca lassen. Natürlich verstanden weder Tom noch sie, was genau hier los war, doch ich war ihnen dankbar, dass sie mich nicht löcherten, sondern sich einfach zurückhielten.
Luca verengte seine Augen und sah von Amy
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