Seelensturm
starten, diese Illustris zu töten. Zumindest für den Augenblick.
»Ich habe dir schon einmal den Arsch gerettet. Ich weiß nicht, ob ich das ein zweites Mal hinbekomme. Du musst mir vertrauen und geduldig sein.«
Es war enorm wichtig, dass Matteo jetzt keinen Fehler mehr machte. Ich benötigte mehr Informationen und mehr Gewissheit und das brauchte Zeit.
Zusammen liefen wir schweigend zurück, während jeder seinen Gedanken nachhing. Plötzlich blieb Matteo abrupt stehen.
»Was ist, Matteo?«
»Ich frage mich gerade, wieso ich das brennende Verlangen, Amy zu töten, nicht bei unserer ersten Begegnung in Queens gespürt hatte. Außerdem hatte sie dort auch keine Aura. Wie kann das sein?«, fragte Matteo mehr sich selbst.
»Ich … weiß nicht, irgendetwas ist an ihr besonders, deshalb möchte ich noch mehr Informationen über sie sammeln. Vielleicht ist das auch für Morgion wichtig. Schließlich kennen wir eine Illustris mit solchen Fähigkeiten noch nicht«, erklärte ich ihm und hoffte, dass das mein Zögern rechtfertigte. Matteo nickte nachdenklich.
«Und was ist mit Gavin? Hast du ihm alle Informationen schon entnommen?«
»Keine Sorge, dein missglückter Unfall ist gelöscht. Nur das von eben noch nicht.« Ich schaute zu den Baumwipfeln hinauf und pfiff. Kurz darauf raschelten die Blätter und mit einem lauten, kurzen Krächzen flog Gavin auf meinen ausgestreckten Arm.
»Braver Junge«, lobte ich ihn, streichelte seine schwarzen Federn, bevor ich vorsichtig mit meinen Fingern hinunter zu seinem rechten Bein strich. Dort war der Mikrochip in einem Spy befestigt. Der Chip enthielt sämtliche Daten, die wir in den letzten Tagen gesammelt hatten. Vorsichtig öffnete ich den Spy und entnahm das Blättchen.
»Jetzt können wir sicher sein, dass Rom nichts davon mitbekommen wird«, beruhigte ich Matteo und steckte das winzig kleine, viereckige Metallblättchen in meine Hosentasche. Er nickte zufrieden. Schweigend liefen wir zu meinem Motorrad, das ich nicht weit von hier geparkt hatte.
Kapitel 9
Es dämmerte. Blinzelnd sah ich Schatten um mich herum. Nebel lag auf dem Grundstück. Es war noch sehr früh am Morgen. Mein Kopf schmerzte und ganz langsam kam die Erinnerung zurück. Irgendwie hatte ich es geschafft. Ich erinnerte mich noch an den Aufprall, als ich auf der sicheren Seite meinen Körper einfach von der Mauer fallen ließ. Die drohende Bewusstlosigkeit war nah. Mit den letzten Kräften schleppte ich mich zu den Büschen, die einige Meter entfernt waren. Ich wollte mich ausruhen, nur kurz. Die Büsche würden mir Schutz bieten vor den Gorillas. Der Weg zurück in mein Zimmer wäre zu weit gewesen. Dann wurde es dunkel um mich.
Vorsichtig tastete ich mein Bein nach meiner Verletzung ab und wartete auf den Schmerz, den ich gleich spüren würde. Doch nichts geschah! Ungläubig richtete ich mich auf. Meine Hose war immer noch mit angetrocknetem Blut und Laub beschmutzt und der Einstich hatte ein Loch in die Hose gerissen. Verwirrt berührte ich die Stelle, drückte sogar darauf. Ich war völlig fassungslos. Wie konnte das sein? Das Blut und das Loch in der Hose waren der Beweis, dass das tatsächlich alles passiert war letzte Nacht. Aber auch die Platzwunde an meiner Lippe war verschwunden. Eigentlich hätte dort eine kleine, geschwollene Blessur sein müssen, doch auch meine Lippen fühlten sich unbeschadet an. Ich fühlte mich gut, körperlich zumindest. All meine Verletzungen waren verheilt. Wie war das nur möglich? Die Schwäne im Teich begannen zu schnattern und erinnerten mich daran, dass ich zurück musste. Noch war mein Fehlen niemandem aufgefallen und mein nächtlicher Spaziergang könnte vielleicht geheim bleiben, ebenso die Begegnung mit den Taluris.
Im Haus war alles still. Ich wollte kein unnötiges Risiko eingehen und schlich mich unbemerkt in die Waschküche. Dort zog ich schnell meine verschmutzte Kleidung aus. Dabei sah ich mir die Einstichstelle nochmals an. Die Wunde war verheilt, nur noch eine kleine rote Stelle zeugte von den Geschehnissen der vergangenen Nacht.
In Agnes' Bügelzimmer fand ich eine kurze Hose und ein T-Shirt, das sie schon zum Bügeln bereitgelegt hatte. Auf Socken schlich ich mich durch den Hausflur, hinauf in unsere Zimmer. Das Fenster stand offen, so wie ich es in der Nacht verlassen hatte. Leise schloss ich es. Amy schlief noch. Ich brauchte dringend eine Dusche und ich musste unbedingt nachdenken. So viel war in den letzten Stunden passiert. Die
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