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Seelensturm

Seelensturm

Titel: Seelensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Any Cherubim
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einfrieren ließ.
    »Ja, es läuft ganz gut«, gab ich etwas unsicher zurück. Die Angst, jemand könnte sich in Toms Anwesenheit verplappern, war groß. Onkel Finley ließ mich nicht aus den Augen, als ich mein Eisteeglas vom Tisch nahm und ein paar Schlücke trank.
    »Mr. Chang ist auch ein ausgezeichneter Lehrer», lobte ich ihn. Die unausgesprochenen Sätze von Onkel Finley prallten mir schier ins Gesicht, während keiner so genau wusste, was er sagen sollte. Tom war nicht blöd, ihm war das bestimmt aufgefallen. Das Beste wäre, wenn ich mit ihm nach draußen ging. So würde ich den bittenden Augen meines Onkels entfliehen und den Fragen von Mr. Tramonti ausweichen können.
    »Komm, lass uns rausgehen. Es ist so schönes Wetter heute.« Ich spürte Onkel Finleys Einwände, doch er sagte nichts. Stattdessen presste er seine Lippen aufeinander, während Tom mit mir aus dem Wohnzimmer lief. Seine Augen sprachen still die Warnung aus, die ich allzu deutlich verstand.
    Das Summen ertönte und ich stieß die Tür auf. Sofort schlug uns die Mittagshitze entgegen. Der Pool glitzerte Aquablau in der Sonne und die Vögel zwitscherten. Direkt überkam mich dieses Gefühl, dass der Vogel wieder in meiner Nähe war. Vielleicht saß er irgendwo in den Bäumen und beobachtete mich. Schweigend liefen Tom und ich an Alegra vorbei, die uns keines Blickes würdigte und wütend in ihrer Zeitschrift blätterte. Wir liefen die Stufen hinunter, die zum See auf unserem Grundstück führten. Nachdem wir ein paar Meter auf der Wiese gegangen waren, blieb ich stehen.
    »Tom, ich muss kurz mit Alegra sprechen. Geh du doch schon einmal vor. Ich komme gleich nach.«
    Er nickte und während er zu unserem kleinen See schlenderte, lief ich die Stufen zum Pool wieder hinauf.
    Alegra hatte tatsächlich geweint. Diese Erkenntnis schockte mich, doch ich konnte ihren Kummer ein bisschen verstehen.
    »Alegra? Können wir kurz reden?«, fragte ich. Langsam trat ich näher an ihre Sonnenliege.
    Ihre Nase war gerötet und ihr Mascara war völlig zerlaufen. Auch wenn sie ihre Sonnenbrille aufhatte, konnte ich deutlich die roten Flecken sehen, die sie bekam, wenn sie sich über etwas aufgeregt hatte.
    »Was willst du?«, fragte sie mit tränenerstickter Stimme.
    »Ich ...«
    »Ihr werdet dafür bezahlen. Diesmal seid ihr wirklich zu weit gegangen«, zischte sie noch immer wütend.
    »Ich habe nichts damit zu tun. Amy, sie wird das wieder in Ordnung bringen. Aber … vielleicht wäre es grundsätzlich mal an der Zeit, dass wir uns unterhalten. Amys Verhalten war nicht in Ordnung. Deines aber in der Vergangenheit auch nicht. Ich will dir nur sagen, dass es zwischen Amy und unserem Onkel ein Missverständnis gegeben hat und sie dich fälschlicher Weise verdächtigt hat.«
    »Soso!«, gab sie schnippisch von sich. »Ihr wollt doch nur einen Keil zwischen euren Onkel und mich treiben. Doch das wird euch nicht gelingen. Darauf könnt ihr Gift nehmen«, gab sie drohend zurück.
    Es hatte keinen Zweck mit ihr zu sprechen. Das hätte ich mir auch sparen können.
    »Es tut mir leid, dass du es so siehst. Ich habe nur versucht, es dir zu erklären.«
    »Pah, erklären! Mit dieser Aktion hat sie den letzten Rest Respekt kaputt gemacht.«
    Ich sah sie noch einen Augenblick an, suchte nach irgendetwas, doch mir fiel nichts ein, was ich ihr hätte sagen können, ohne dass sie gleich in diese Abwehrhaltung ging. Ich gab auf, drehte mich um und ging zu Tom, der es sich am Seeufer bequem gemacht hatte.
    Alegra sagte auch nichts mehr. Die Fronten waren verhärtet und ich bezweifelte, dass sich das je wieder ändern würde. Außerdem war Amy sehr dickköpfig und auch für sie würde es schwer werden, einzusehen, dass sie einen Fehler begangen hatte.
     
    Tom blickte mich fragend an, als ich mich zu ihm niederließ. Schweigend setzte ich mich neben ihn, zog meine Schuhe aus und steckte meine Füße in das kühle Nass.
    »Alles klar?«, fragte er.
    »Ja.«
    »Was war das für ein Streit?«
    Eigentlich hatte ich keine Lust mehr, noch länger darüber zu reden, doch Tom würde keine Ruhe geben, bis ich es ihm erzählt hatte. »Warum hast du dich mit Amy gestritten?«, fragte er wiederholend, und ließ mir damit keine Möglichkeit, von einem anderen Thema zu sprechen.
    »Amy hat heute einen Fehler begangen, aus einem Missverständnis heraus. Ich habe nicht mit ihr gestritten, sondern sie mit Alegra. Ich habe ihr begreiflich machen wollen, dass sie ihr diesmal Unrecht getan

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