Seelensturm
und legte meinen Arm über mein Gesicht, weil mich das Licht blendete.
»Also, … schieß los. Du hast es mir versprochen«, quengelte sie, verließ ihr Bett, um sich auf meines zu setzen. Ich rutschte ein wenig. Erwartungsvoll sah sie mich an und konnte es offensichtlich nicht erwarten, dass ich begann, von all den seltsamen Dingen zu erzählen, die ich in den letzten Tagen erlebt hatte. Gebannt saß sie mir im Schneidersitz gegenüber, als würde ich ihr gleich den neusten Klatsch und Tratsch erzählen. Nun gut, schließlich war Amy ein Quälgeist und würde keine Ruhe geben, bis sie alles wusste. Müde richtete ich mich auf und sah sie eine Weile an, bevor ich begann.
Ihre ganze Aufmerksamkeit galt mir. Ich erzählte ihr von dem Eindruck, den ich von Matteo hatte, der ersten Begegnung mit der Krähe, bis zu meiner körperlichen Veränderung. Sie sah mich starr mit weit aufgerissenen Augen an, als ich ihr von dem Kampf, den ich mit einem der Taluris hatte und von den Verletzungen, die ich davontrug, erzählte. In allen Einzelheiten berichtete ich ihr, wie einer der Taluris mich vor dem anderen gerettet hatte und wie schnell diese Wunden wieder völlig ausgeheilt waren. Gebannt hing sie mir an den Lippen. Ihre Augen wurden immer größer, als ich von dem Brennen meiner Haut und von den Ornamenten erzählte, die ich an mir entdeckt hatte. Ich gestand Amy meine Angst über diese eigenartige Veränderungen und auch über meine Panik, als sie verschwunden war und wir sie suchen gingen. Ich berichtete ihr, was ich über Roy Morgion erfahren hatte und wie groß unsere Probleme waren. Es tat so gut, sich das alles einmal von der Seele reden zu können. Selbst als ich geendet hatte, sah sie mich minutenlang an und schwieg.
Lange konnten wir beide nichts sagen. Amy nicht, weil das alles neu für sie war und sie dabei war, unsere Gesamtsituation zu erfassen und ich nicht, weil es mich nach wie vor schockierte, wie schnell sich unser Leben innerhalb weniger Tage verändert hatte.
»Mein Gott, Jade!«, brach es aus ihr heraus, »dann ist das wirklich alles wahr? … Ich kann es nicht glauben. Das ist so ... verrückt!«
Ich brauchte nichts weiter zu sagen, damit sie endlich erkannte, in welcher Lage wir uns befanden. Sie war eine Illustris, was auch immer das bedeuten würde. Es ging um ihr Leben, das wir zu schützen versuchten.
»Verstehst du jetzt, warum Onkel Finley uns so behandelt? Ich meine, Amy, er tut alles, um dein Überleben zu sichern. Dein ganzes Leben lang hat er das getan. Er liebt dich so sehr, dass er das alles für uns aufgebaut hat.« Ich deutete mit einer Handbewegung in unser Zimmer, doch sie verstand meinen Wink, dass ich unser Zuhause und eigentlich unser komplettes Leben meinte.
»Er hat so große Angst um dich, dass er unbedingt will, dass du lernst, dich zu verteidigen.«
Immer noch sagte sie kein Wort, stand von meinem Bett auf und lief aufgeregt im Zimmer umher. Ich wartete gespannt auf eine Reaktion von ihr. Sie wurde bleich und ihre Augen füllten sich mit Tränen, die langsam in kleinen Rinnsalen ihre Wangen hinunterliefen. Endlich öffnete sie ihren Mund, aber ihre Stimme klang dünn und sie brachte nur ein Flüstern zustande.
»Die wollen mich wirklich töten. Aber ...? Ich habe doch niemandem etwas getan.« Ihre Hände zitterten und selbst ich kämpfte mit meiner inneren Furcht, sie zu verlieren. Sofort stand ich auf und ging zu ihr, nahm sie an ihren Schultern und sprach leise tröstend auf sie ein.
»Mach dir keine Sorgen. Das werden wir schon hinkriegen. Hörst du?«
»Und wenn nicht? Was dann?«, schluchzte sie.
»Das werde ich nicht zulassen. Onkel Finley, Mr. Chang und ich werden alles tun, hörst du! Ich werde hart trainieren, um dich zu beschützen. Mr. Chang hat gesagt, er bringt mir alles bei, damit hätte ich eine Chance. Außerdem heilt mein Körper schnell und solange sie glauben, dass ich du bin, werden wir sie in dem Glauben lassen. Verstehst du?«
Sie nickte langsam. Daraufhin drückte ich meine Schwester fest an mich und hoffte, sie etwas beruhigt zu haben. Schließlich zog ich sie auf mein Bett zurück.
»Ich hab Angst, Jade. Ich habe so schreckliche Angst. Ich bin doch noch zu jung zum Sterben. Ich meine, das ist doch nicht fair. … Wieso ich?«, wieder brach sie in Tränen aus und es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich wieder fing.
»Schsch, ... hab keine Angst. Ich werde nicht zulassen, dass sie dir etwas antun«, versprach ich ihr und wischte ihre
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