Seelensturm
17
Bevor ich den Code an der Tür eingab, zog ich meine Kapuze über und schaltete die Musik ein. Das Summen hörte ich nicht, doch ich spürte das leichte Vibrieren der Klinke.
Die Sonne ging unter und tauchte den Himmel in wunderschöne rote Farben, deren Farbspektrum von dunkel bis hell ging. Für einen Moment blieb ich stehen, bestaunte die Leuchtkraft und das Panorama, das sich mir darbot. Das Blau unseres Pools liebte ich in den Abendstunden besonders. Dazu der Park mit seinen Bäumen und der kleine See. Wie schön das alles gepflegt und mit viel Liebe angelegt worden war. Ich liebte unser Zuhause. Es mit Tom zu verlassen, war einst mein Traum gewesen, doch jetzt konnte ich mir nichts anderes mehr vorstellen, als den Frieden, den es ausstrahlte, zu bewahren.
Meine Haut meldete keine Taluris, sodass ich mich auf den Weg ins C.O.B. machte. Ich joggte, nahm dabei einen kleinen Umweg um den See, damit ich schon warm gelaufen war, wenn ich mit meinen Übungen in der Halle begann. Nach einer halben Stunde, die ich mit Dehnübungen verbracht hatte, ging ich in die kleine Waffenkammer, die ursprünglich mal ein Aufbewahrungsraum für Putzmittel und Werkzeug war. Seit Mr. Chang uns trainierte, hatte er selbst diesen kleinen Raum ausgeräumt, um seine persönlichen Trainingswaffen und Trainingsutensilien, verschiedene Schwerter, kleine Wurfsterne und Kampfstäbe, darin aufzubewahren.
Der Kampf mit dem Schwert war schon immer eine meiner Schwächen und ich verstand nicht, warum Mr. Chang mich nicht mehr darin unterrichtete. Vielleicht dachte er, dass ich dies nicht brauchen würde. Anfangs durften Amy und ich mit Pfeil und Bogen üben. Das hatte uns Spaß gemacht. Zwei Tage lang durften wir es ausprobieren. Doch Mr. Chang zog die Selbstverteidigung, verschiedene Schläge und Griffe und körperliche Ausdauer vor. Vor allem die Ausdauer! Für heute beschloss ich allerdings, meine Kondition mit Tanz zu meiner Lieblingsmusik weiter auszubauen. Vielleicht würde ich gegen Ende noch ein wenig mit dem Schwert üben, nahm es mit und legte es auf den kleinen Tisch neben der Tür. Ich konzentrierte mich auf meine Choreografie und rief sie mir ins Gedächtnis. Die Bewegungsabläufe wiederholte ich so lange, übte an meinem Stil, bis ich zufrieden mit dem Ergebnis war. Ich war so vertieft, dass ich das beginnende Brennen erst nicht wahrnahm. Als sich die kleinen Flammen auf meinen Armen und meinem Gesicht ausbreiteten, fuhr ich erschrocken herum.
Er musste hier sein. Sofort verkrampfte ich mich, ich konnte ihn nirgends in der Halle entdecken. Ich nahm meinen ganzen Mut, und riss mich zusammen.
»Ich weiß, dass du hier bist. Zeig dich!«, rief ich und ein Echo ertönte in der Halle. Erst jetzt bemerkte ich seine dunkle Gestalt am anderen Ende der Halle, als er durch die Hintertür hereinkam. Wie immer völlig in Schwarz gekleidet, stand er mit hoch erhobenen Händen da, und sah mich grinsend an.
»Erwischt!«
»Bist du verrückt? Wenn dich jemand sieht! Wie bist du überhaupt auf das Grundstück gekommen?«, entfuhr es mir und ängstlich sah ich zur Umkleide. Wenn Amy jetzt käme, wäre das eine Katastrophe.
Sein Grinsen wurde noch breiter und gab seine tadellosen, weißen Zähne frei. »Keine Sorge, niemand ahnt etwas.«
Meine Haut brannte und mein Blick wanderte zur Hallenwand, wo ich meine Kapuzenjacke hingeworfen hatte. Kurz entschlossen zog ich mir die Jacke über. Es war mir unheimlich, wenn er sehen konnte, was mit mir geschah, wenn er in meiner Nähe war. Wobei ich mir sicher war, dass er meine Ornamente schon entdeckt hatte.
Luca blieb auf der anderen Seite des C.O.B, lehnte an der Wand und verschränkte seine Arme. Erleichtert stellte ich an seiner Haltung fest, dass er entspannt war, nicht vorhatte, seinen versprochenen Waffenstillstand zu brechen. Nichts hatte sich seit unserem letzten Gespräch geändert. Oder etwa doch?
Gerade zog ich den Reißverschluss meiner Jacke hoch, als er verschlagen grinste. »Ist dir etwa kalt?«
Natürlich war mir nicht kalt und er wusste das genau. Ich schwitzte, um ehrlich zu sein. Am Handtuch trocknete ich meine Stirn und gab ihm keine Antwort.
»Habe ich dich etwa beim Training gestört?«
»Ja, das hast du!«, erwiderte ich, warf das Handtuch in die Ecke und sah ihn erwartungsvoll an. Sein Blick wanderte von mir, hinüber zum Tisch.
»Übst du etwa mit dem Ding da?« Verwirrt, was er meinte, sah ich auf das Schwert, das auf dem Tisch lag. Deutlich hörte ich den Spott
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