Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition)
unteren Steinen. Die Farbe an den hölzernen Fensterrahmen war größtenteils abgeplatzt. Aber der Garten sah hübsch aus.
Nachdem Peter auf den gut ausgeschilderten Besucherparkplatz gefahren war, führte ihn ein verschlungener Kiesweg direkt am Haus vorbei durch eine parkähnliche Landschaft. Mächtige Eichen säumten den Weg und gaben angenehmen Schatten. Der Rasen darunter sah grün und saftig aus. Wahrscheinlich wurde er mehrmals am Tag gesprengt. Auch war das Gras kaum höher als zwei bis drei Millimeter. Also musste jemand mindestens jeden dritten Tag mähen.
Peter schüttelte kurz den Kopf. Es tat gut, über solche belanglosen Dinge nachzudenken. Ihm wurde bewusst, dass er in den letzten Minuten zunehmend nervöser geworden war. Sein Blick streifte die Beete mit Hunderten von Blumen, die in regelmäßigen Abständen die Rasenfront auflockerten. Ob die Bewohner den Garten benutzen durften? Peter schaute sich um. Weit und breit war niemand zu entdecken. Vielleicht konnten die Senioren nur zu bestimmten Zeiten ins Freie? Oder es war schlicht und einfach noch zu früh. Möglicherweise saßen alle Rentner beim Frühstück und kauten auf ihren weichen Milchbrötchen herum.
Der Weg machte einen Knick und führte an einem kleinen Teich vorbei. Zwei Entenpaare schwammen in der Mitte und starrten ihn mit großen Augen an. Sicherlich wurden sie regelmäßig gefüttert. Wahrscheinlich war schon der halbe Teichboden mit einer klebrigen Teigschicht zugekleistert, weil die Alten körbeweise Frühstücksbrötchen auf die Enten warfen. Der Gedanke war zwar fies, dennoch musste Peter sich zusammenreißen, um nicht lauthals loszulachen. Als er das Gewässer umrundet hatte, schlängelte sich der Weg direkt auf ein großes Portal zu, welches an die Hauswand gebaut worden war. Es war komplett gläsern, sah aus wie ein Gewächshaus und passte in etwa so gut zu dem Backsteinbau wie eine Krawatte zu einer Milchkuh.
Eine große Tür führte ins Innere des Gewächshauses. Peter merkte, wie sich seine Schritte für einen Moment verlangsamten. Er atmete einmal kräftig durch und trat ein.
Der Eingang wirkte tatsächlich wie eine Art Wintergarten. Eine kleine Sitzgruppe an der Seite wurde flankiert von zwei großen Palmengewächsen. Durch einen Durchbruch in der Wand ging es weiter hinein ins Gebäude. Früher, bevor man das Gewächshaus davor gebaut hatte, schien hier der Haupteingang gewesen zu sein. Jedenfalls konnte Peter die starken Holztüren sehen, die jetzt zusammengeklappt und anscheinend ohne Funktion an einer der Wände verankert waren. Zwei Stufen und eine breite Rampe führten in das Haus. Er ging die Rampe hinauf und fragte sich dabei, wie viele kranke Leute wohl in so einem Altersheim wohnten. Ob es da Durchschnittswerte gab? Eigentlich waren die Menschen ab einem bestimmten Alter ja ständig krank. Wer konnte schon von sich behaupten, uralt und dazu noch kerngesund zu sein? Das passte nicht.
Peter fuhr sich mit der Hand durch die Haare und zwang sich, nicht dauernd so einen hirnverbrannten Unsinn zu denken. Er musste seine Gedanken jetzt beisammenhaben. Die nächste halbe Stunde würde schwer genug werden. Seine Schritte hallten auf den Holzdielen. Er befand sich in einem geräumigen Vorraum, etwa zehn Meter breit und fast ebenso tief. Mehrere hölzerne Stühle standen akkurat an einer der Seitenwände. Es roch nach frisch gewischtem Boden. Die orange Farbe der Wände sah verblasst aus. Der Raum wirkte irgendwie abgewohnt. Trotz der ausgesprochenen Sauberkeit. Eine weitere Palme fristete neben einem Tresen ihr Dasein, hinter dem ihn eine Frau interessiert anschaute. Sie trug ein dunkelblaues Polohemd und lächelte.
»Die Anlieferung?«, fragte sie freundlich.
»Nein. Ich wollte einen Besuch machen.«
Die Frau griff nach einem großen Buch, dessen Ledereinband schon reichlich mitgenommen aussah. Irgendwie verwunderte ihn das nicht. Es passte wunderbar ins Bild.
»Oh, das tut mir leid. Wir warten nämlich ganz dringend auf eine Ladung Windeln«, erklärte sie unterdessen. »Wen möchten Sie besuchen? Es ist noch recht früh.«
»Frau Heyde. Herta Heyde«, erwiderte Peter so souverän wie möglich. Auf einmal wünschte er sich ganz weit weg von hier. Finstere Visionen hin oder her. Seine Gedanken kreisten um die Rampe am Eingang und um die Lieferung Windeln. In welchem Zustand würde er seine Großmutter vorfinden? Ihm kamen Zweifel, dass sie ihm in irgendeiner Weise würde weiterhelfen können.
Peter spürte die
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