Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition)
Wange lief, realisierte sie, dass sie tatsächlich weinte.
Die Vermieterin betrachtete einen Moment lang die roten Male an Peters Hals und stand seufzend auf.
»Was auch immer Ihr Mann angestellt hat, er hat jetzt genug«, sagte sie in fast akzentfreiem Deutsch.
»Ganz bestimmt«, stimmte Maren zu. »Ganz bestimmt. Ich liebe ihn.«
Die Frau ging nickend auf die Tür zu, drehte sich dann aber noch einmal um.
»Die Wunde an seinem Bein sollte sich trotzdem jemand anschauen. Es gibt einen Arzt etwa fünfzig Kilometer von hier entfernt. Ich kann ihn anrufen. Er kommt.«
»Das wäre furchtbar nett.«
Peter brummte etwas Unverständliches, öffnete kurz die Augen und verlor im nächsten Moment wieder die Besinnung.
»Vielleicht sollten wir ihn aufs Bett legen«, schlug die Frau vor.
Maren nickte. Zusammen hievten sie ihn auf das ungemachte Doppelbett. Als Maren das alte Armeemesser in der linken Matratze entdeckte, hätte sie Peters Beine vor Schreck beinahe fallen gelassen. Was hatte sich hier nur zugetragen?
»Danke. Vielen Dank«, sagte Maren an der Tür.
»Schon gut. Finnland ist groß und dünn besiedelt. Da schadet es nichts, ein wenig Erste Hilfe zu beherrschen.« Die Frau musterte Maren eindringlich. »Jetzt ist er sicher, oder?«
»So sicher wie in Gottes Schoß.«
Die Frau nickte befriedigt und stieg die Treppen hinunter.
»Ich bringe Ihnen das Frühstück wohl lieber doch aufs Zimmer«, sagte sie beim Gehen.
Marens Zeitgefühl ging anschließend ein wenig verloren. Sie setzte sich neben Peter auf das Bett und strich ihm unentwegt über das Gesicht und die Haare. Dann meldete sich ihr ramponierter Fuß wieder. Sie hatte in all der Aufregung gar nicht mehr an ihn gedacht. Aber jetzt, wo sie zur Ruhe kam, zog und pochte es im Knöchel schlimmer denn je. Irgendwann stellte die Vermieterin ein großes Tablett auf den Birkentisch. Dann erschien ein netter Arzt, der Englisch sprach und eine Menge lustiger Witze kannte. Und noch später schlug Peter endlich die Augen auf und flüsterte ihren Namen. Sie bedeckte ihn heulend mit unzähligen Küssen.
»Ich sehe, ich habe die richtige Entscheidung getroffen«, stellte er zufrieden fest, während seine Hand sanft ihren Arm berührte.
Sie schaute ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er lächelte schwach.
»Die Essenz. Ich habe dir den Rest der Essenz in die Augen geträufelt.«
»Das war gut«, erwiderte Maren. »Ich habe es in den Gedanken des Hauptmannes lesen können. Es gab einen ganz simplen Grund, warum das Monster die Essenzen von allen seinen Opfern aufgehoben hat.« Peter beugte sich erwartungsvoll vor. »Sie sind giftig für ihn«, erklärte Maren weiter. »Diese Essenzen sind für ihn nicht nur ungenießbar, sondern hochgefährlich. Deshalb hatte der Hauptmann es nicht gewagt, sie auch nur anzurühren. Fraß er die Energie einer Seele, blieb die Essenz wie ein schlechter Kern in seinem Mund zurück, den er unbedingt loswerden musste, bevor er sich daran vergiftete.«
»Warum hat das Monster die Essenzen dann aufbewahrt und nicht einfach ausgespuckt wie einen alten Kaugummi?«
»Nun, wahrscheinlich hat das Ding sie ausgespuckt, wie einen alten Kaugummi und anschließend geradewegs in die Gläser entsorgt. Dort konnten ihm die Flüssigkeiten nichts mehr anhaben.«
Peter schüttelte erschöpft den Kopf.
»Dabei war es nur ein verzweifelter Versuch von mir gewesen. Ich hatte eigentlich darauf gehofft, dass die Essenz die Kraft deiner Seele verstärken würde und du ihn aus deinem Körper verbannen könntest.«
»Nun, vielleicht war das ein zusätzlicher Punkt. Womöglich bin ich stärker geworden, während der Hauptmann langsam seine Energie verlor.«
Peter lächelte matt. Seine roten Male am Hals leuchteten wie ein schlimmer Ausschlag. Maren konnte sogar die Abdrücke einige ihrer Finger erkennen. In ein paar Tagen würden sich die Stellen blauviolett verfärben. Das würde erst abgedreht aussehen.
»Woran denkst du?«, fragte Peter.
Sie gab ihm einen Kuss, schüttelte den Kopf und unterdrückte ein Lächeln.
»Ich habe Hunger«, bemerkte Peter unmittelbar im Anschluss.
Maren zeigte auf das unberührt dastehende Tablett und merkte, dass es ihr ebenso ging. Ihr stand bisher nicht der Sinn danach, aber jetzt würde sie ein paar Bissen vertragen können.
»Der Kaffee dürfte kalt sein. Aber sonst …«
Maren erhob sich und stellte das Tablett auf der linken Bettseite. Ihr Blick fiel erneut auf das Messer, welches sich nun unter der Decke
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