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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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geben können, ohne Probleme. Aber jetzt ging es eben nicht mehr.»
    Sie hielt inne, um Luft zu holen, und Joe versuchte, sie wieder zu ihrem ersten Satz zurückzulotsen. «War das der einzige Grund, weshalb er vor Semesterbeginn nach Bristol zurück wollte? Der Film, meine ich. Der Tod von Jenny Lister hat ihn nicht irgendwie aufgeregt?»
    «Nein.» Sie starrte ihn an. Er hatte sie vorher noch nie ohne Make-up gesehen. «Wieso auch?»
    «Na ja, er hat sie immerhin gekannt, oder?» Joe lächelte aufmunternd. «Ist ihr wenigstens einmal begegnet. Er ist doch mit Hannah zusammen gewesen, Jennys Tochter.»
    «Hannah. An die erinnere ich mich. Hübsches, kleines Ding. Aber wie sie mit Nachnamen heißt, habe ich nicht gewusst, ich habe sie nicht mit Jenny in Verbindung gebracht. Derek, du hast sie doch auch gekannt, oder? Das war die kleine Rothaarige. Eine Zeitlang ist Danny ganz vernarrt in sie gewesen. Seine erste richtige Liebe.» Sie rang hörbar nach Luft, voll Schmerz darüber, dass es nun keine weitere Liebe mehr geben würde, keine Hochzeit, keine Enkel.
    Derek nickte, obwohl Joe nicht darauf gewettet hätte, dass er sich wirklich an Hannah Lister erinnerte. Er wollte nicht zugeben, dass es lückenhafte Stellen in der gemeinsamen Erinnerung an das Aufwachsen ihres einzigen Sohnes gab.
    «Warum ist Danny schließlich doch hiergeblieben?», fragte Joe. «Warum ist er nicht nach Bristol gefahren, um bei dem Film mitzumachen?»
    «Da ging’s doch auch wieder um Geld, Derek, oder? Wenn er seine Kündigungsfrist nicht eingehalten hätte, hätte er einen ganzen Wochenlohn verloren. Und ich habe ihm gesagt, dass er die Leute nicht im Stich lassen kann. Ich habe ihm den Job besorgt, und es hätte ein schlechtes Licht auf mich geworfen, wenn er ihn einfach so geschmissen hätte.» Ihr Bekenntnis. «Wenn ich mir nicht so viel Gedanken darum gemacht hätte, was sie im Willows von mir halten, würde er jetzt noch leben.»
    Die Eheleute saßen da und sahen sich an.
    «Es ist genauso meine Schuld.» Der Mann war entschlossen, seinen Teil der Verantwortung auf sich zu nehmen. «Ich habe ihm gesagt, dass er jetzt selbst für sich aufkommen muss. Wissen Sie, Sergeant, als er noch klein war, haben wir ihn ziemlich verzogen. Er war unser einziges Kind. Geld hat keine Rolle gespielt. Wir haben ihm alles gegeben, was er wollte. Als das ein Ende hatte, war das sehr schwer für ihn. Vor allem, als er sich dann an der Uni den ganzen reichen Kids aus dem Süden angeschlossen hat. Ich wusste, dass er mir die Schuld an allem gibt. Dieser Job im Fitness-Club hat ihn zu Tode gelangweilt. Manchmal habe ich gesehen, wie er mich anschaut, und gewusst, dass er denkt, ich hätte ihn im Stich gelassen.»
    «Und deswegen hat er dann mit dem Klauen angefangen?» Joe wusste mittlerweile davon. Er hatte mit Vera telefoniert, kaum dass sie aus Lisas Haus getreten war. Kriegen Sie raus, was da los gewesen ist. Fragen Sie die Eltern. Hat Jenny Lister ihn beim Klauen erwischt? «Es ging ihm gar nicht ums Geld, oder? Es hätte ihm kaum genug für ein paar Bier in der Unikneipe eingebracht. Hat er es aus Langeweile gemacht?»
    Jetzt sahen beide Eltern Ashworth an. Ihre Augen funkelten wütend. Es herrschte eisiges Schweigen, das Derek brach. «Sie können den Jungen nicht beschuldigen. Er ist tot. Er kann sich nicht wehren.»
    «Wenn Sie wollen, dass wir seinen Mörder finden», sagte Ashworth, «müssen Sie mir helfen. Wir haben eine Zeugin, die gesehen hat, wie er Geld aus dem Raum für die Angestellten entwendet. Hat er gewusst, dass ihn jemand gesehen hat?»
    Wieder herrschte Schweigen.
    «Sie wirken gar nicht überrascht», sagte Joe sanft. «Wenn es keine Bedeutung für den Fall hat, wird nie jemand davon erfahren. Die Zeugin wird nichts verraten. Aber Sie müssen mir sagen, was Sie wissen.»
    «Gewusst habe ich es nicht», sagte Karen.
    «Aber Sie haben es geahnt? Hatten den Verdacht?»
    «Einmal hat er sich morgens beklagt, dass er pleite ist, und dann hatte er auf einmal einen Zehn-Pfund-Schein in der Tasche und hat einen Kaffee in der Lounge vom Hotel getrunken, bevor seine Schicht losging. Das hat mich überrascht.»
    «Das muss furchtbar für Sie gewesen sein», sagte Joe. Er stellte sich vor, er würde herausfinden, dass eines seiner Kinder klaute. «Es muss Sie innerlich aufgefressen haben. Haben Sie mit jemandem von der Arbeit darüber gesprochen?»
    «Nein!» Entsetzt wies sie den Gedanken von sich. «Er wollte Jurist werden. Wenn jemand das

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