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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Fahrerseite. Er notierte sich das Kennzeichen. Wenn es auf dem Parkplatz in Hexham, wo sie den Wagen gestern abgestellt haben wollte, Überwachungskameras gab, konnte man sie unter Umständen ganz aus dem Kreis der Verdächtigen ausschließen.
    Dann hörte er sein Handy ab. Vera hatte eine Nachricht hinterlassen, in der sie ihm mitteilte, dass sie sich mit Jenny Listers Chef zum Mittagessen treffe. Keinerlei Befehle oder Anordnungen. Womöglich wurde sie mit dem Alter ja umgänglicher. Er rief auf dem Revier an und bat, jemand möge ihm die Bänder der Überwachungskameras auf dem Parkplatz in Hexham besorgen. Er gab seine eigenen Befehle. Du lieber Himmel, verwandle ich mich etwa in Vera Stanhope? Der Gedanke brachte ihn zum Lächeln. Niemand auf der ganzen Welt kam auch nur annähernd an Vera heran.
    Vor dem Willows stieß er auf Charlie, der gerade gehen wollte. Er sah ihn schon von weitem, wie er aus dem Hotel kam, mit krummem Rücken, die Hände in die Jackentaschen vergraben. Bei der Haltung, dachte Ashworth, würde er mit sechzig an chronischen Rückenschmerzen leiden.
    Als sie dann neben Charlies Wagen standen und sich unterhielten, wurde Ashworth bewusst, dass man sie von den der Allgemeinheit zugänglichen Bereichen des Hotels aus sah. Obwohl niemand hören konnte, was sie sagten, fühlte er sich unbehaglich: so als stünde er auf einer Bühne und würde von einem feindlich gesinnten Publikum angestarrt; also sorgte er dafür, dass die Unterredung kurz blieb.
    «Erfolg gehabt?»
    Charlie zuckte die Achseln. «Ich habe den Angestellten, die heute Morgen zum Dienst gekommen sind, Listers Foto gezeigt. Ein paar von ihnen glauben, sie wiederzuerkennen, haben gesagt, dass sie immer schwimmen gewesen ist, mehr aber auch nicht. Man sollte meinen, irgendjemand hätte sie mal angesprochen und sich ein bisschen mit ihr unterhalten. Aus den Protokollen geht immerhin hervor, dass sie mindestens einmal die Woche zum Schwimmen hier war.»
    «Ich weiß nicht. Diese Fitness-Clubs sind doch immer sehr unpersönlich.» Joe Ashworth hatte selbst im Vorjahr einen solchen Club besucht, allerdings im Sportzentrum der Gemeinde, wo er wohnte, nicht so was Schickes wie im Willows. Er hatte immer eine gute Stunde trainiert, dabei aber die Kopfhörer seines Walkman aufgehabt und kaum ein Wort mit jemandem gesprochen. Unwillkürlich strich er sich mit der Hand über den Bauch. Er setzte definitiv Speck an. Seit das zweite Kind da war, hatte er kaum mehr Zeit, Sport zu treiben.
    «Meiner Ansicht nach muss sie schon über eine Stunde tot gewesen sein, als man sie fand», sagte Charlie. «Nach halb zehn, außerhalb der Hauptzeiten, gibt es Sondertarife für Mitglieder, und dann kommen die ganzen Senioren. Davor sind die echten Sportler da. Ziehen vor der Arbeit ihre Bahnen. Hochkonzentriert. Man hat den Eindruck, dass sie überhaupt nicht mitbekommen, was außerhalb des Wassers vor sich geht, und für die Sauna oder das Dampfbad haben sie in der Regel keine Zeit.»
    «Und vor halb zehn ist auch noch nicht so viel Aufsichtspersonal da.» Ashworth erinnerte sich an sein Gespräch mit Lisa.
    Charlie stieg in seinen Wagen und kurbelte das Fenster herunter, um vor dem Losfahren noch eine Kippe zu rauchen.
    Im Hotel ging Ashworth geradewegs zu Ryan Taylors Büro. Sowohl das Hotel als auch der Fitness-Club hatten nun wieder geöffnet, aber es war weniger los, als Ashworth erwartet hätte. Vielleicht war Mord ja doch nicht so gut fürs Geschäft. Im Foyer saugte eine junge Frau den Teppich. Danny war nirgends zu sehen, aber dessen Schicht fing ja auch erst am Nachmittag an. Ashworth fragte sich, wie der Student wohl seine Vormittage verbrachte. War er zu Hause und lernte für die Uni, oder war er unterwegs mit seinen Freunden?
    Wieder dachte er, wie eiskalt der Mörder doch gewesen sein musste, Jenny umzubringen, während so viele andere Menschen in der Nähe waren, selbst wenn sie gerade den Pool durchpflügten. Oder hatte jemand einfach nur die Gelegenheit ergriffen, einen Menschen umzubringen? Ein Geisteskranker, der nur den Rausch verspüren wollte, ein Leben zu nehmen?
    Taylor telefonierte gerade, seine Bürotür war angelehnt, und Ashworth wartete, bis er aufgelegt hatte, bevor er an das Glas klopfte und eintrat. Der Geschäftsführer runzelte die Stirn.
    «Schon wieder eine Stornierung», sagte er. «Eine Konferenz, die für nächste Woche gebucht war. Sie sagen, sie könnten das Risiko nicht eingehen, ihre Kunden hierher einzuladen. Was

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