Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
Vom Netzwerk:
war.»
    «Weil sie im Westend wohnt und ihr Vater vorbestraft ist.» Ashworth hoffte, dass Lisa sich nicht in den Raum für die Angestellten geschlichen und ihre Hand in die Jacken und Handtaschen gesteckt hatte. Sie war ihm sympathisch gewesen, und er meinte, dass er einiges an Menschenkenntnis besaß. Vera lachte immer darüber und nannte ihn naiv. Wir sind alle zu Gewalttaten fähig, Joey, wenn man uns dazu treibt. Sogar Sie.
    «Nicht nur deswegen», sagte Taylor. «Sie bleibt immer für sich. Ist ein bisschen spröde. Die anderen treffen sich auch nach der Arbeit mal, trinken was zusammen und feiern. Lisa nie. Sie wollen ihr nur zu gern die Schuld an den Diebstählen geben. Dann kann es wenigstens keiner von ihren Kumpels gewesen sein.» Er hielt inne. «Ich habe mich schon gefragt …»
    «Ja?»
    «Ob es nicht ein abgekartetes Spiel ist, um sie loszuwerden. Es ist verrückt, wie sie sich manchmal gegen jemanden einschwören. Sie machen ihr das Leben echt zur Hölle. Sticheln herum. Beleidigen sie. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, was Lisa getan haben könnte, um sie so gegen sich aufzubringen. Die Leute brauchen wohl einfach jemanden, auf dem sie herumhacken können. Die Frauen sind am schlimmsten. Wie sie Lisa für alles, was hier so schiefläuft, die Schuld geben. Als würde es Lisa nichts ausmachen. Ich finde es bewundernswert, dass sie durchhält.»
    «Haben Sie mir deshalb gestern nichts davon erzählt? Weil Sie glauben, dass es die Angestellten sind, die Lisa in Schwierigkeiten bringen wollen? Dass es bloß ein böser Streich ist, damit sie gefeuert wird?» Ashworth fragte sich, ob Taylor womöglich in die junge Frau verliebt war, ob sie den Beschützer in ihm auf den Plan rief. Oder schämte er sich für die kleinkarierten Gemeinheiten seiner Mitarbeiter?
    «Das Ganze ist einfach scheußlich. Ich glaube nicht mal, dass es einen Anführer gibt. Da ist keiner, der die anderen aufhetzt; es ist eher eine merkwürdige Art Herdentrieb. Ich habe deswegen schon nächtelang wachgelegen. Louise, meine Chefin, will nichts dagegen unternehmen. Sie will ja selbst dazugehören. Wie erbärmlich! Ich hatte gehofft, die Sache in den Griff zu kriegen, solange sie im Urlaub ist, aber anscheinend habe ich alles nur noch schlimmer gemacht.» Er blickte zu Ashworth hoch und wirkte nun doch erleichtert, dass er das Problem, das ihm offensichtlich arg auf der Seele gelegen hatte, jemandem anvertrauen konnte. «Ich war richtig froh, als gestern diese Frau da umgebracht worden ist. Ist das nicht furchtbar? Aber ich dachte, jetzt hätten sie alle was Neues, worüber sie sich das Maul zerreißen können. Und Lisa wäre für eine Weile aus der Schusslinie.»
    «Wann haben diese ganzen Gemeinheiten gegen Lisa angefangen? Als Danny seinen Job hier angetreten hat?»
    «Liebe Güte, nein! Schon viel früher. An ihrem ersten Arbeitstag. Irgendwas, was sie gesagt hat, oder irgendwas an ihrem Auftreten ist den anderen aufgestoßen.»
    «Und Sie glauben wirklich, dass die Diebstähle vorgetäuscht worden sind, um Lisa wegzumobben?» Das kam Ashworth lachhaft und weit hergeholt vor. Aber wenn man eine Gruppe Menschen an einem Ort wie diesem zusammenpferchte, wenn die Arbeit ihnen auf die Nerven ging und sie sich untereinander auch, würden sie vielleicht wirklich etwas Dramatisches inszenieren, nur um ihren Alltag ein wenig zu beleben. Eine Verschwörung, die ihnen das Gefühl gab, zusammenzugehören.
    Taylor zuckte die Achseln. «Oder um mich loszuwerden. Ich bin auch nicht gerade beliebt.»
    «Warum sind Sie so an Lisa interessiert?», fragte Ashworth. «Läuft da was zwischen Ihnen beiden?» Er fragte sich immer noch, ob der Mann das Problem nicht übertrieb, ob sein Urteil nicht von romantischen Gefühlen getrübt wurde.
    Taylor lachte, froh, seiner Spannung Luft machen zu können. «Wohl kaum! Ich bin schon versprochen. Mein Partner heißt Paul und wir wohnen zusammen in Jesmond. Ich bin nicht in Lisa verliebt, aber ich mag sie. Sie leistet verdammt gute Arbeit. Und sie ist tapfer. Sie braucht jemanden, der zu ihr hält.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel Vierzehn
    Connie drückte sich gegen die Mauern des Postamts, um einen Viehtransporter auf der schmalen Hauptstraße des Dorfes passieren zu lassen. Es gab eine Bürgerinitiative, die eine Umgehungsstraße für Barnard Bridge forderte, aber so recht glaubte niemand an einen Erfolg. Als sie vor dem Gemeindesaal stand und wieder darauf wartete, dass die Spielgruppe aus war,

Weitere Kostenlose Bücher