Seelentraeume
zu verabschieden. Jack hat durchblicken lassen, dass William und Cerise bereits im Einsatz sind. Nun lässt sie uns allein. Ich nehme an, die ganzen untoten Mäuse, Eichhörnchen und Vögel, die deine Zuflucht im Auge behalten, sind auch verschwunden.«
Er verfiel in die formelle Affektiertheit der Blaublütigen. »Du lieber Himmel, erwarten sie etwa, dass wir Geschlechtsverkehr haben?«
»Scheint so. Wissen die Kinder mehr als ich?«
Sie wechselten das Thema. »Kaldar hat George ausrichten lassen«, erklärte Richard, »dass Brennan zur Südküste aufgebrochen ist. Angeblich besucht er einen kranken Freund.«
»Er will die Insel besichtigen«, sagte sie.
»Ja.«
»Und da er jetzt unterwegs ist, willst du an Cassides Stelle treten?«
»Wenn du so weit bist.« Sobald es losging, konnten sie sich nicht mehr zusammen sehen lassen. Nichts durfte auf ihre Verbindung hinweisen.
»Ich bin so weit«, antwortete Charlotte. »Die Auswahl der Schneiderin war ein Problem, aber schließlich habe ich eine begabte gefunden, die arm und begierig darauf ist, sich zu beweisen. Die Bestellungen sind aufgegeben, ich hab sie mit Geld überhäuft und ihr noch mehr versprochen. Die ersten beiden Kleider werden in Rekordzeit fertig sein. Und Jack arrangiert Tee mit Declans Mutter. Ich habe vor, sie ohne Umschweife zu fragen, ob sie uns hilft. Wenn sie die Vorarbeit leistet, werde ich mich viel leichter einführen können. Ich schätze, ich kann sie überreden, uns zu helfen. Aber ob Dero Gnaden uns nun unterstützt oder nicht, müsste ich, rechtzeitig zum Frühsommerfest, in zwei Tagen in der Hauptstadt auf den Plan treten können.«
»Wird Sophie bereit sein?«
»Ja und nein.« Charlotte wiegte den Kopf. »Die Grundlagen hat sie drauf, und sie ist sehr klug. Eine Begleitjungfer zu spielen ist nicht
so
kompliziert. Ich war in ihrem Alter Begleitjungfer – man bleibt immer drei Schritte hinter seiner Patin und redet nur, wenn man angesprochen wird. Sie dürfte klarkommen, auch wenn sie längst noch nicht alles weiß.«
Das Unbehagen fraß ihn auf. »Hört sich an, als hättest du alles im Griff.«
»Ja.«
»Sollen wir den Plan noch mal durchgehen?« Sie hatten alles schon ein Dutzend Mal durchgesprochen, trotzdem würde ihm die Kontrolle im Augenblick seines Aufbruchs unweigerlich entgleiten.
»Du reist in die Hauptstadt und ersetzt Casside, den du auf dem Weg zu seinem wöchentlichen Kartenspiel entführst. Brennan ist seit dem Überfall auf die Insel wahrscheinlich stocksauer, da werden die vier Blaublütigen unter ihm schon aus Selbsterhaltung nichts verändern wollen. Du entführst also Casside, sorgst dafür, dass seine Bediensteten verschwinden, die bei deiner Familie unterkommen, bis alles vorbei ist.« Damit bedeutete sie ihm, den Faden aufzunehmen.
»Du trittst in zwei Tagen in der Frühsommerhalle in Erscheinung«, fuhr Richard fort. »Dort wirst du Eindruck auf Angelia Ermine machen und mit ihr Freundschaft schließen. Sehr wahrscheinlich schläft sie mit Brennan.«
»Das hast du schon mal gesagt«, sagte Charlotte. »Was macht dich so sicher?«
»Erinnerst du dich an die Rede, die Brennan geschrieben hat, als er auf der Akademie war? Er sagte, der eigentliche Zweck der Monarchie sei Führerschaft.«
Sie nickte. Sie hatten sich die Rede gegenseitig laut vorgelesen.
»Er will auf den Thron. Er hält sich für den geborenen Herrscher, aber er wird die Krone niemals bekommen«, erklärte Richard. »Er steht in der Nachfolge zu weit hinten. Und das zerfrisst ihn innerlich. Der Sklavenhändlerring ist sein Ersatzkönigreich, und Casside, Angelia, Rene und Maedoc sind seine Lehnsleute. Er verlangt von ihnen absolute Treue. Und Angelia ist jung, ungebunden und attraktiv. Er will die Befriedigung, sie ganz zu besitzen.«
»Angelia ist Abschaum. Ich muss mich am Riemen reißen, damit ich sie nicht umbringe.« Charlotte schüttelte den Kopf. »Während ich sie bearbeite, inszenierst du einen Anschlag auf Brennans Leben und erregst in ihm den Verdacht, dass Maedoc ihn umbringen will.«
Der Plan war schwierig umzusetzen und verlangte, dass sie beide ihre besten Waffen preisgaben. Richard würde sein Schwert ohne Blitztechnik einsetzen müssen, und Charlotte durfte nicht auf ihre Zauberkraft zurückgreifen, obwohl sie Brennan damit viel leichter würden töten können.
Charlotte trat vor und umarmte ihn. Ihre Lippen berührten seine. Er küsste sie leidenschaftlich und schmeckte Verzweiflung. »Hast du
Weitere Kostenlose Bücher