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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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eine Edge-Ratte wie er gewesen war. Doch die Würde ihrer Position und ihr Erfolg erhoben sie über jeden Zweifel, er hingegen bot immer noch ein leichtes Ziel. »Ich kenne ihre Geheimnisse.«
    Sie hob die Brauen. »Schadenfreude?«
    »Ein wenig.«
    »Lass dir das nicht zu Kopf steigen.«
    Er verbeugte sich lächelnd vor ihr. »Zu spät.«
    »Du bist ein schrecklicher Spitzbube.«
    »Lady Virai wäre sonst nicht mit mir zufrieden.«
    »Das ist leider wahr.«
    Der Umstand, dass seine direkte Vorgesetzte und die Leiterin des Spiegels die beste Freundin von Lady Olivia war, machte sein Leben bisweilen kompliziert, doch er hatte gelernt, damit zurechtzukommen.
    Lady Olivias dunkle Augen blitzten. »Sollen wir unser kleines Spiel beginnen?«
    »Wenn Sie wollen.«
    Dero Gnaden nahm das Armband ab und schob es über ihr rechtes Handgelenk. Der Gästestrom änderte sofort seine Richtung. Kleine Strudel bildeten sich, als die Lords und Ladys in ihrer Nähe elegante Wege einschlugen, um ihre jeweiligen Unterhaltungen zu beenden und stattdessen die Herzogin der Südprovinzen zu begrüßen.
    Lady Olivia verbarg ihre Belustigung hinter einem milden Lächeln. Er war nicht dabei gewesen, als sie Charlotte kennenlernte, hatte seither jedoch reichlich Gelegenheit gehabt, die beiden zu beobachten. Lady Olivia hatte Charlotte sofort gemocht. Es war nicht zu übersehen, dass sie vom selben Schlag waren – keine der beiden war adliger Abkunft, trotzdem hatten sie die höchsten Sprossen der Gesellschaftsleiter erklommen. Sie waren scharfsinnig, erfahren und intelligent, und ihnen zuzuhören hatte ihn ein wenig überfordert.
    Menschen kamen näher. Er sonderte Höflichkeiten ab, ließ sie klingen, als meinte er jedes Wort ernst. Als sie etwa zehn Minuten später von Leuten umringt waren, wandte Lady Olivia sich ihm zu.
    »Hast du sie noch nicht gesehen, George?«
    »Nein, Mylady.« Die Umstehenden setzten fragende Gesichter auf.
    »Sagte sie nicht, sie wolle kommen?«
    »Ja, Mylady. Sie haben keinen Zweifel daran gelassen, dass sie anderenfalls Ihren Zorn erregen würde.«
    Lady Olivia ließ ein gequältes Seufzen hören. »Aber so furchterregend bin ich doch gar nicht.«
    Niemand lachte. Jeder, der in Adrianglia eine bedeutende Stellung einzunehmen hoffte, musste über ausreichende Geschichtskenntnisse verfügen, und jeder in Hörweite wusste über das Massaker Bescheid, welches den Zehntagekrieg zwischen dem Herzogtum Louisiana und Adrianglia beendet hatte und wer dafür verantwortlich war.
    »Sieh bitte für mich nach«, soufflierte Dero Gnaden.
    George neigte den Kopf. Da erhob sich von seinem Posten auf der nächsten Säule ein Falke und schoss in Richtung des Haupttores davon. George konzentrierte sich und betrachtete durch die Augen des Falken die Kette aus Phaetons. Da, das neuste Modell, hübsch verziert, im Fenster Sophies Gesicht.
    Er ließ den Vogel steigen. »Sie kommen, Euer Gnaden. In spätestens zehn Minuten.«
    »Entzückend. Vielen Dank, mein Junge.«
    George verfiel wieder in geheuchelte Langeweile, betrachtete Gesichter und vermerkte jede Einzelheit. Die Umstehenden machten höfliche Mienen, während sie sich insgeheim fragten, wer der Gesprächsgegenstand sein mochte. Da trat ein großer, dunkelhaariger Mann an den Rand der Versammlung. Lord Casside. Einer der Fünf. Dabei passte er gar nicht recht hierher. Vermutlich hatte er eine Einladung bekommen, die er unmöglich ausschlagen konnte …
    George besann sich. Nicht Casside. Richard.
    Er hatte durch die Augen einer Fledermaus zugesehen, als Richards Leute Casside vor zwei Nächten auf einer dunklen Straße aufgriffen. Er kam aus einem Club, wo er mit seinem üblichen Partner die Klinge gekreuzt hatte, bog in der Dunkelheit um eine Ecke, ging zu seinem Phaeton, als sich drei Männer auf ihn stürzten. Sie klebten ihm den Mund zu, rangen ihn nieder, zogen ihm einen Sack über den Kopf und zerrten ihn unter einen Torbogen. Kurz darauf marschierte Richard in identischer Kleidung und identisch schnellen Schritten auf die Straße. Er ging zu dem Phaeton, stieg ein und fuhr los. George wusste also Bescheid, doch wenn er nun den schlanken Mann am anderen Ende der Terrasse betrachtete, flüsterte ihm sein Verstand statt Richard den Namen Casside ein und blieb beharrlich dabei.
    Es musste sich dabei um eine Art unterschwelliger Magie handeln, fand George, um eine der geheimen Gaben, die Edger voreinander verbargen.
    Richard warf einen gelangweilten Blick in ihre

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