Seelentraeume
unnatürlich still.
»Hallo, George.«
»Guten Abend.« Georges Stimme erklang ein gutes Stück über dem Kopf des Vogels.
»Ich begreife immer noch nicht, wie du das machst.«
»Ich habe diese Technik im Moor gelernt. Einer von Richards Verwandten ist ein versierter Nekromant, und Richard hat mich zu ihm mitgenommen.«
»Ist er so weit?«
»Ja, und mit Richard stehe ich auch in Kontakt.« George hielt kurz inne. »Er lässt grüßen.«
Wie gerne hätte sie ihn gesehen, doch ein Treffen konnte ausspioniert, Kommunikation mittels magischer Apparate abgehört werden. Dies war der einzig sichere Kanal.
»Ich war bei Lord Caraway zum Mittagessen eingeladen«, berichtete George. »Lady A. hing die ganze Zeit an M.s Arm und an seinen Lippen.«
»Gut.« Angelia schenkte Maedoc Beachtung. Brennan würde das nicht entgehen, vor allem jetzt, nachdem Richard in ihm den Verdacht geweckt hatte, Maedoc habe ihn verraten. Mit ein wenig Glück würde er Angelias plötzliche Begeisterung für den ehemaligen General als Anzeichen dafür betrachten, dass sie die Seiten wechselte.
»Richard sagt, Sie waren brillant.«
»Richte ihm meinen Dank aus. Und wie lief der Überfall?«
»Laut Richard lief alles wie geplant, allerdings hat B. den Köder nicht geschluckt.«
Verflucht
! »Er hat nicht geglaubt, dass M. ihn verraten hat?«
George schwieg einen Moment. »Nein. Richard sagt, er hat B. unterschätzt. B. fand den Anschlag zu durchsichtig. Jetzt wird er wahrscheinlich den übrigen Mitspielern auf den Zahn fühlen.«
Brennan traute offenbar niemandem, nicht mal einem Verbündeten, der ihm in einem Schwertkampf beistand. Das war eine schlechte Nachricht. »Gehen wir jetzt Schritt zwei an?«
»Ja. Er lässt Sie aufrichtig um Entschuldigung bitten. Er hatte gehofft, Sie nicht mit hineinziehen zu müssen.«
Nun war es an ihr, den nächsten Schritt einzuleiten. Während der Planungsphase hatte Richard noch gehofft, dass der Überfall ausreichen würde, um Brennan gegen Maedoc Verdacht schöpfen zu lassen. Falls nicht, musste
sie
Brennan von Maedocs Schuld überzeugen. Und da sie und Richard unabhängig agierten, hatte Brennan keinen Grund, von einer Verschwörung auszugehen.
Bevor das Spiel begann, hatte Richard seinen Bruder eine Akte in das Militärarchiv schmuggeln lassen. Richards Konterfei war nun mit der fabrizierten Identität eines Veteranen der Armee von Adrianglia verknüpft, der einige Jahre unter Maedoc gedient hatte. Die Fünf wussten, wie der Jäger aussah. Ihr fiel nun die Aufgabe zu, eine Verbindung zwischen dem Jäger und Maedoc herzustellen und sie Brennan zu präsentieren.
»Er muss sich nicht entschuldigen. Ich benötige ein paar Sachen. Ich musste A. gar nicht erst infizieren, sie litt bereits an der Hafenfäule. Wie Richard vorhergesehen hat, war B. ihr nicht treu. Ich muss die Prostituierte aufspüren, mit der er ins Bett gegangen ist.«
»Sie heißt Miranda«, sagte George. »Sie arbeitet vor dem Palast der Lüste an der Griffon Avenue im Unteren Viertel.«
Richard war manchmal wirklich erschreckend gründlich. »Sag ihm Dank von mir.«
»Er sagt, er vermisst Sie.«
»Ich vermisse ihn auch.«
»Seien Sie bitte vorsichtig.«
»Du auch«, murmelte sie.
Der Vogel spreizte die Flügel und schoss in die Luft.
Ja, sie vermisste Richard. Wenn sie die Augen schloss, sah sie ihn vor sich, seinen muskulösen Körper, das Lächeln auf seinen Lippen … Ihr Gedächtnis präsentierte ihr das Gefühl seiner Haut an ihrer, sogar seinen Geruch. Sie vermisste ihn so sehr, dass es regelrecht wehtat. Je eher sie Brennan vernichteten, desto eher kamen sie auch wieder zusammen. Vorausgesetzt, dass er sie dann noch wollte.
Vor ihrer Trennung hatte sie eine gewisse Distanz zwischen ihnen bemerkt, als würde er ganz bewusst eine Barriere errichten. Etwas hatte sich geändert zwischen ihnen. Sie war sich nicht sicher was, dennoch bereitete es ihr Kummer.
Charlotte ging hinein. Sophie saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem Sofa und hatte ein Buch vor sich ausgebreitet. Der Wolfripper hatte sich neben ihr auf dem Boden ausgestreckt.
»Ich brauche deine Hilfe«, begann Charlotte. »Wir müssen einen gefährlichen Teil der Stadt besuchen.«
Sophie rollte sich vom Sofa. »Ich hole mein Schwert. Können wir den Hund mitnehmen?«
»Natürlich.«
Eine halbe Stunde später warf Charlotte, gehüllt in einen Kapuzenmantel, zwei Golddublonen auf den Tresen des Palastes der Lüste. »Miranda.«
Die Inhaberin, eine
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