Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
Vom Netzwerk:
erkennt sein Ziel, stürzt drauflos und nimmt es auf die Hörner. Täuschung und Fingerfertigkeit liegen ihm fern. Wenn er mich ersetzen wollte, hätte er mich direkt angegriffen. Und nicht nur das. Wieso sollte er sich als Adler zu erkennen geben? Warum sollte er sich nicht einfach einen Namen ausdenken? Warum eigentlich überhaupt ein Name? Das waren Auftragsmörder mit einem schlichten Geschäftsmodell: Geld gegen Leben, das ihrer Opfer oder ihr eigenes.«
    Brennan glaubte nicht an Maedocs Verrat. Richards Enttäuschung war so bitter, dass er sie schmecken konnte. Doch er vergrub die Enttäuschung an demselben dunklen Ort, an dem er seine Schuldgefühle und Erinnerungen begraben hatte. Er durfte sich nichts anmerken lassen. Er hatte gehofft, Charlotte aus allem heraushalten zu können, doch leider war Brennan zu vernünftig und zu vorsichtig. Also würde sie ihren Teil des Vorhabens ausführen müssen. Verdammt!
    Brennan nahm einen großen Schluck Tee. »Nein, dieser Fall ist erheblich komplizierter. Der Kopf, der diesen Überfall ersonnen hat, dürfte vermutlich derselbe sein, der von den Wellen profitiert, die er geschlagen hat. Diese Person, Mann oder Frau, versucht zu ihrem Vorteil aus meiner Schwächung Nutzen zu ziehen. Wir wissen, dass diese Person listig und schlau ist. Sie wird die Möglichkeit zu scheitern bedacht und Vorkehrungen getroffen haben, mit dem Finger auf jemand anderen zu zeigen. Deshalb kann Maedoc nicht der Übeltäter sein. Es ist einfach zu offensichtlich. Selbst für ihn. Nein, es ist einer von euch – Rene, Angelia oder du, mein Freund.«
    Richard stellte sein Teeglas hin. »Was willst du damit andeuten?«
    Brennan grinste. Ein weiteres bezauberndes Lächeln. »Oh, entspann dich, Casside, du stehst auf der Liste meiner Verdächtigen ganz unten. Ich glaube nicht an Plattitüden und Treuebekundungen, ich glaube deiner zitternden Hand, du besitzt einfach nicht genug Mumm dazu. Du würdest niemals dein eigenes Leben gefährden.«
    »Ich bin geneigt, das als Beleidigung aufzufassen.« Richard erhob sich aus seinem Sessel.
    Brennan seufzte. »Komm schon, setz dich wieder hin. Du bist tapfer genug. Ich stelle doch deinen Mut nicht infrage. Du kannst bloß nichts für die biologischen Reaktionen deines Körpers. Worauf es ankommt, ist, dass es in unseren Reihen einen Verräter gibt, und ich will wissen, wer das ist.«
    Er lächelte.
    »Das macht richtig Spaß, Casside, dabei hatte ich eigentlich vor, mich zu langweilen.«
    »Na, vielen Dank, da würde ich mich lieber langweilen. Bist du müde? Du kannst gerne über Nacht bleiben.«
    Brennan winkte ab. »Nein, ich liebe die Nacht, den Wind, das Leben. Und die Frauen. Vielleicht statte ich Angelia noch einen Besuch ab, auch wenn sie eigentlich eine Nervensäge ist. Sie liebt es, wenn man ihr schmeichelt, und ich bin nicht geneigt, mich darauf einzulassen. Mischst du dich nie unters gemeine Volk?«
    »Nein.«
    »Solltest du aber.« Brennans Gesicht nahm einen träumerischen Ausdruck an. »Das tut dem Körper gut und manchmal auch der Seele. Es gibt ein wunderbares Lokal im Unteren Viertel, das Palast der Lüste genannt wird. Frage dort nach Miranda.«
    »Meine Leute sollen dich nach Hause bringen. Kopfwunden haben manchmal Spätfolgen. Setz deine Gesundheit lieber nicht aufs Spiel. Wir wissen nicht, wie viele Attentäter sich hier noch herumtreiben. Womöglich gibt es eine zweite Gruppe …«
    »Schön, schön.« Brennan winkte erneut ab. »Verdirb mir nur den Spaß.«
    Richard erhob sich. »Ich lasse den Phaeton bereithalten.«
    »Casside?«
    »Ja?«
    »Ich werde nicht vergessen, was du heute für mich getan hast«, sagte Brennan.
    »Was soll ich nun tun?«
    »Verhalte dich ganz normal. Unternimm nichts Ungewöhnliches. Ich verständige dich, sobald ich kann. Das verspricht, noch ein Spitzenspiel zu werden. Ich gedenke, jeden Augenblick zu genießen.«

14
    Charlotte saß Angelia Ermine gegenüber und beobachtete, wie die Frau das brennende Jucken unter ihrer Tunika im Sud-Stil zu ignorieren versuchte. Sie befanden sich auf einer Veranda von Lady Olivias Stadthaus an einem zierlichen, aus einem großen Kristall geschnittenen Tisch. Darauf standen ein Dutzend Süßspeisen und drei Sorten Tee, der den sechs übrigen anwesenden Frauen köstlich zu munden schien. Angelia hätte es sicher am meisten genossen, sich ordentlich kratzen zu können. Am liebsten womöglich mit feinem Sandpapier. Doch zu ihrem Unglück gaben Dero Gnaden soeben eine

Weitere Kostenlose Bücher