Seelentraeume
ab. »Mein Gedächtnis mag mich trügen, aber ich bin mir fast sicher, dass wir uns noch nie begegnet sind. Ich würde mich bestimmt daran erinnern.«
»Darf ich es ihm sagen?«, fragte Angelia. »Darf ich?«
»Wie du willst.«
»Charlotte kommt vom Garner College der Medizinischen Künste zu uns. Sie war ziemlich lange dort.«
»Wir haben nicht oft Ausgang.« Charlotte lächelte. »Fast wie in einem Kloster.«
Brennans Augen funkelten interessiert. Sie hatte recht gehabt – die Vorstellung, eine im Kloster eingeschlossene Nonne zu verführen, gefiel ihm.
»Wie eigenartig«, meinte Brennan. »Ich bin noch nie einer Ausreißerin vom College begegnet.«
»Dann fühle ich mich geschmeichelt, die erste zu sein, Mylord.«
»Sind Sie Heilerin?«, wollte Brennan wissen.
»Nein, lediglich Ärztin, Mylord.« Zu ihrem Glück bot das Garner College sowohl magischen Heilerinnen als auch ihren profanen Gegenstücken eine Heimat. Wenn Brennan die Insel Na besucht hatte, musste er davon gehört haben, dass der Silberne Tod auf der Insel mit seltsamer Zauberkraft Menschen getötet hatte. Daher wollte sie ihre Gabe lieber nicht an die große Glocke hängen. Er hätte sonst zu leicht eins und eins zusammenzählen können.
»Sie ist Heilerin!«, platzte Angelia heraus. »Und was für eine!«
Charlotte ließ einen leisen Seufzer hören. »Vergeben Sie mir, Mylord. Wir geben uns außerhalb unseres Colleges gewöhnlich nicht zu erkennen.«
»Das ist vollkommen verständlich. Ich nehme an, Sie würden sonst mit Anfragen bestürmt.« Brennan warf Angelia einen Blick zu. »Ich wusste gar nicht, dass Sie exotische Freundschaften pflegen. Ich hoffe nur, Sie waren nicht krank, Mylady.«
Angelia verlor die Beherrschung. »Lady Charlotte ist nur eine Freundin«, presste sie durch die Zähne. »Aber da Sie es erwähnen, ich war tatsächlich krank. Ich habe mich an äußerst überraschender Stelle mit einer äußerst unerfreulichen Krankheit angesteckt. Ich kann es kaum erwarten, Ihnen alles darüber zu erzählen.«
»Mit Vergnügen, aber wir vernachlässigen Ihre Freundin.«
»Aber nein, ganz und gar nicht«, sagte Charlotte. »Die Reise hat mich ermüdet, und ich muss mich um die vielen kleinen Dinge kümmern, die Frauen tun müssen, um sich zum Abendessen zurechtzumachen. Entschuldigen Sie mich, bitte.«
Charlotte knickste und sah zu, wie die beiden gingen. Angelias Rückgrat war gerade wie ein Speer – sie kochte vor Wut. Sie würde Brennan damit konfrontieren, dass er sie mit der Hafenfäule infiziert hatte – eine Unterredung, die bestimmt keinen angenehmen Verlauf nehmen würde.
»Wie ist es gelaufen?«, flüsterte Sophie hinter ihr.
»Gut. Jetzt müssen wir unsere Falle stellen.«
Eine Stunde später marschierte Charlotte in ihre Garderobe. Ihr Kleid lag auf dem Bett bereit. Jetzt trug sie einen langen, schwarzen Morgenmantel. Auch ihre Unterwäsche war sorgfältig ausgewählt – winzigste schwarze Spitzenhöschen, ein BH , der nur aus transparenter Spitze und schwarzen Trägern bestand, und schwarze Strümpfe mit scheinbar aus Leder gefertigten Haltern. Sie hatte alles nach dem Vorbild der aufregendsten Unterwäsche, die sie in den Broschüren des Broken entdeckt hatte, für sich schneidern lassen. Ihr Outfit war nicht nur verführerisch, es war geradezu aufreizend eindeutig und schlüpfrig. Eine Frau ihres Standes hatte mit solcher Wäsche eigentlich nichts zu schaffen, es sei denn, sie hatte vor, ihren Geliebten auf ganz besondere Weise zu unterhalten. Die zusätzlichen hohen Hacken hoben sie in schwindelnde Höhe. Ihr Haar war zu einer eleganten, aber angemessen praktischen Welle frisiert. Ihr Make-up wirkte perfekt, und sie war so bereit wie nur irgend möglich.
Die Gelegenheit war günstig – Brennan würde sich an sie erinnern –, sein Interesse zu einem späteren Zeitpunkt zu wecken wäre erheblich schwerer gewesen. Da er nicht verheiratet war, würden die Frauen ihn umschwirren. Sie musste daher auf der Stelle einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Sophie saß auf dem Bett und beobachtete ihre Schritte. »Und was, wenn er nicht anbeißt?«
»Er wird. Männer wie Brennan glauben, dass alle Frauen insgeheim Luder sind. Und er mag es, wenn das Verruchte und Verführerische im Gewand des Sittsamen und Anständigen daherkommt. Er liebt es zu verderben. Dann fühlt er sich mächtig.«
»Wie können Sie in den Schuhen bloß laufen?«
»Durch Übung. Durch jede Menge Übung.«
»Und wenn er –«
Da ging
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