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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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einige Hebel in Bewegung setzen müssen. Bei jeder größeren Abweichung hätte Brennan den Braten sofort gerochen.
    Der Mann schüttelte den Kopf und ging zur Treppe. George zog sich von seiner Säule und aus Brennans Blickfeld zurück, drückte sich an der Wand entlang und verschwand. Er bog in jenem Moment um die Ecke, als Brennan die Galerie des vierten Stocks betrat.
    Das Abendessen wurde auf einer der riesigen Terrassen serviert und bestand aus leichten Appetithappen.
    »Ich habe Hunger«, murmelte Sophie.
    »Es heißt, dass wir nach dem Ball noch ein spätes Abendessen auf unseren Zimmern einnehmen«, gab Charlotte flüsternd zurück, während sie den Träger an Sophies linker Schulter richtete. Das Kleid, eine Variation in Grün-Blau, leicht metallisch glänzend, hatte sie zusammen mit ihrer Schneiderin entworfen. Zwei dünne Träger hielten ein gerade geschnittenes Mieder, das sich eng an Sophies schlanken Leib schmiegte. Von links nach rechts ausfächernd, bedeckten dünne, einander überlappende Blätter in hellem und dunklerem Blau das Mieder. Sophies Hüften hüllten zwei geraffte Stoffbahnen ein, eng genug, um Sophies leichten Hüftschwung hervorzuheben, und zugleich weit genug, um nicht allzu ausgefallen zu wirken. Unter den Stoffbahnen floss ein aus Chiffonschichten gebildeter Rock bis zum Boden.
    Ein erfrischendes Kleid, jugendlich, leicht, dessen Schnitt zu Charlottes passte. Die hatte sich für blaugrünen Chiffon entschieden. Die Ärmel bestanden aus zwei Blättern aus silbrigem Stoff. Das Muster setzte sich an den Seiten fort, wo die Blätter ihren Körper umschmeichelten und ihre Taille sowie den Schwung ihrer Hüften betonten. Winzige Silberpailletten, etwas weniger glänzend als die Blätter, bildeten ein zartes Muster über Brust und Bauch, bis ihr Rock sich schließlich zu zahllosen Schichten gewichtslosen Chiffons weitete.
    Sophie sah wunderschön aus. Sie selbst elegant und jeder Millimeter eine Blaublütige, was genau dem Eindruck entsprach, den Charlotte erwecken wollte. Die Musik wurde lauter. In Kürze würde der Ball beginnen. Man erwartete von ihr nicht, dass sie häufiger als ein-, zweimal tanzte, doch Sophie würde den Ball sicher genießen. Und vermutlich Aufsehen erregen. Charlotte hatte sie gebeten, ihr ein paar Tänze vorzuführen, und ihre Beinarbeit hatte sich als ausgezeichnet erwiesen.
    Charlotte fühlte, wie ein Blick auf sie fiel, sah sich um und erkannte plötzlich Richards Gesicht. Er stand auf der anderen Seite der Terrasse im Schatten einer Säule und sah sie voller Entsetzen und Sehnsucht an, wie vom Donner gerührt. Es tat so weh, ihm gegenüberzustehen und genau zu wissen, dass sie nicht zu ihm gehen, ihn nicht anfassen oder mit ihm verschwinden konnte. Charlotte wandte den Blick ab.
    Was auch immer um sie herum geschehen mochte, tief im Innern wusste sie, dass sie oder er oder sogar sie beide diese Sache nicht überleben würden. Sie schwebten in ständiger Gefahr, ein gutes Ende war keineswegs garantiert. Dieses Wissen lastete auf ihr wie eine allgegenwärtige, schwere Bürde. Sie wachte damit auf und ging damit zu Bett. Hin und wieder war sie abgelenkt und dachte nicht daran, doch dann fiel es ihr unweigerlich wieder ein, und wenn es so weit war, trafen sie Angst und Sorge wie ein Schlag in die Magengrube. Es schnürte ihr die Kehle zu, Tränen traten ihr in die Augen und ihr Herz klopfte schmerzhaft. Dann stand sie kurz davor, heiße Tränen zu vergießen, und musste sich gut zureden, um nicht in den Abgrund zu stürzen.
    Sie vermisste Richard. Und sie sorgte sich mehr um ihn als um sich selbst.
    Sie war für so etwas nicht geschaffen, erkannte sie. Es mochte Menschen geben, die Gefahren und Intrigen genossen, sie jedoch wünschte sich nur, dass es endlich vorbei war. Der Stress setzte ihr zu, und sie fühlte, dass sie allmählich nachgab. Und je größer der Druck wurde, desto dringender wollte sie fliehen. Letzte Nacht hatte sie geträumt, dass sie zu Brennan ging, ihn umbrachte und sich anschließend von seinem Balkon stürzte. Morgens war sie entsetzt aufgewacht – nicht wegen der Selbstmordfantasie, sondern weil sie für einen kurzen Moment erleichtert gewesen war, bevor sie in die Wirklichkeit zurückkehrte.
    Sie durfte nicht zusammenklappen. Zu viele Menschen verließen sich auf sie: Sophie, Richard, Tulip … Da sie gerade an Sophie dachte – wo war die Kleine eigentlich?
    Charlotte sah sich um und entdeckte eine Gruppe junger Leute, junge Erwachsene,

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