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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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wahr?«
    »Wenn Sie es so sehen wollen.«
    »Ich liebe Spiele.« Er beugte sich vor, nahm ihre Hand und küsste ihre Finger. »Und ich verliere nie.«
    Sie ging auf Tuchfühlung und sagte, indem sie jedes Wort sehr deutlich aussprach: »Gehen Sie zu Bett, Euer Hoheit.«
    Er lächelte, ein selbstzufriedenes, fröhliches Fletschen der Zähne, dann marschierte er den Korridor hinunter.
    »Danke«, wandte sie sich an ihre Aufpasser.
    »Selbstverständlich, Mylady«, sagten beide unisono.
    Charlotte schloss die Tür, drehte sich um und stieß gegen Richard.
    »Ich hab dir doch gesagt, du sollst gehen.«
    Stattdessen starrte er mit seinem typischen Raubtierblick die Tür an. »Ich bringe ihn um!«
    »Nein, das wirst du schön bleiben lassen. Häng dich an dein Seil und verschwinde.«
    Doch er hörte ihr gar nicht zu. Sah sie nicht einmal an. Er ging einfach zur Tür, und Charlotte wusste, dass sie ihm jetzt besser in den Arm fiel, wenn sie verhindern wollte, dass er Brennan nachlief, auf ihn losging und ihre schöne Intrige damit vermasselte.
    Also packte sie ihn beim Schopf und zog ihn zu sich herunter. Ihn zu küssen war, als würde sie einen gewürzten Wein schlürfen – seine Hitze durchfuhr sie und brannte sich durch ihren ganzen Körper. Sie wollte ihn. Sofort.
    Er schlang seine Arme um sie und zog sie an sich. Charlotte erschauerte, als seine Zunge ihre fand, und als sie die Augen aufschlug, sah er sie an und nahm sie nun auch endlich wahr.
    »Du musst gehen«, flüsterte sie.
    »Nein.«
    »Doch. Du musst. Was, wenn er zu Casside will, und du bist nicht da?«
    Seine Augen wurden dunkel.
    »Schau mich an, Richard. Du kannst Brennan erst töten, nachdem wir ihn bloßgestellt haben. Sonst war alles umsonst.« Um ihn von seiner Zerstörungswut abzulenken, küsste sie ihn wieder. »Du musst dir keine Sorgen machen.«
    Er blinzelte wie ein Mann, der aus tiefem Schlaf erwacht, und sah sie an.
    »Du musst dir keine Sorgen machen«, wiederholte sie. »Ich liebe dich, Richard. Aber geh jetzt!«
    »Was?«
    »Ich habe gesagt, dass ich dich liebe, du Narr.«
    »Wenn das alles vorbei ist …«
    »Ja.«
    Er blickte sie an.
    »Die Antwort lautet Ja, Richard. Ja, ich werde mit dir gehen und Ja, ich werde mit dir in deiner Zuflucht leben, weil ich dich liebe. Aber jetzt musst du verschwinden. Mach, dass du rauskommst!«
    Damit schubste sie ihn auf den Balkon, schloss die Türflügel und sah zu, dass sie verriegelt waren.
    Richard blickte sie durch das Glas an. Sein Gesicht zeigte die seltsame Miene fassungslosen Staunens.
    »
Geh
!«, bedeutete sie ihm.
    »
Ich liebe dich auch
«, hauchte er stumm, sprang und kletterte an seinem Seil hinauf.
    Charlotte durchquerte das Zimmer, fiel aufs Bett und stülpte sich ein Kissen übers Gesicht. Ihr war heiß und schwindlig. Jetzt erst lohnte sich alles.
    Aber wenn er nicht mehr da wäre? Was, wenn ihm etwas zustieß?
    Der Kummer zerriss ihr das Herz.
Da seid ihr ja wieder, Sorgen. Hallo auch
.
    Bitte
, betete sie stumm.
Bitte, bitte, bitte, lass alles gut werden. Bitte, mach, dass alles ein gutes Ende nimmt
.
    Bitte
.

16
    Charlotte saß auf ihrem Balkon in einer Chaise, trank blutroten Tee und beobachtete, wie Brennan auf der anderen Seite des Couchtischs in seinem Sessel schäumte. Rechts saß Sophie und las still in einem Buch. Links lag lässig die Herzogin der Südprovinzen auf einem Diwan, trank mit winzigen Schlucken ihren Tee und bestritt die Unterhaltung. Er hatte wohl damit gerechnet, dass Sophie und wen auch immer sie noch einladen wollte, kein großes Hindernis darstellen würden. Schließlich konnte er die meisten Menschen schon durch Geburtsrecht wegbeißen. Lady Olivia jedoch stellte eine schier unüberwindliche Barriere dar. Sie war älter, hoch angesehen und ihm an Macht und Einfluss überlegen. Seine Hoheit musste sich also benehmen, was ihm überhaupt nicht gefiel. Das Geplauder fiel ihm sichtlich auf die Nerven. Er langweilte sich schrecklich.
    Beinah so sehr, dass er nach dem Album gegriffen hätte, das vor ihm auf dem Couchtisch lag. Dreißig Zentimeter lang, dreißig Zentimeter breit, in luxuriöses braunes Leder gebunden, in das eine silberne Schlange geprägt war, die sich selbst in den Schwanz biss, ein Symbol des Garner College. Das Album bestand aus etwa achtzig Seiten schweren Papiers, dazwischen Glassinpapier. Es schrie danach, betrachtet zu werden.
    Nicht mehr lange, dachte Charlotte. Nicht mehr lange.
    Lady Olivia stürzte sich in eine Erörterung der

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