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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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erklärte Rene. »Exquisit, nicht wahr, und dann erst der Name.«
    »Oh nein«, sagte Lady Karin. »Offenbar hat sie nicht damit gerechnet, um diesen Tanz gebeten zu werden. Ihre Absätze sind viel zu hoch.«
    Richards Erinnerung sagte ihm, dass Charlotte während des Tanzes nicht so groß wie Brennan sein durfte, weil er ein Mann war und von königlichem Geblüt. Das wäre ein bedenklicher gesellschaftlicher Patzer. Und die meisten im Publikum wussten das. Also wusste sie selbst es vermutlich auch.
    Da ließ Charlotte, ohne innezuhalten, ihre Schuhe stehen. Sie wurde nicht langsamer, ließ sich durch nichts anmerken, was sie gerade getan hatte. Sie schwebte einfach weiter und ließ zwei hochhackige Schuhe hinter sich zurück. Sophie hob sie auf und verschwand damit in der Menge.
    Lady Karin schnappte nach Luft. Linker Hand applaudierte jemand, dann fiel rechter Hand jemand ein, schließlich knickste Charlotte unter anerkennendem Beifall vor Brennan.
    Brennan verbeugte sich und bot ihr seine Hand. Sie legte ihre Hand in seine.
    Ein scharfer Schmerz bohrte sich in Richards linken Rippenbogen. Die Luft war mit einem Mal zähflüssig. Er bekam kaum noch Luft.
    Brennan streckte sich zu seiner vollen Größe, legte einen Arm um Charlotte und berührte ihren Rücken.
    Er fasste sie an
.
    Die Musik gab einen schnellen Takt vor, und die beiden wirbelten auf die Tanzfläche. Charlottes Kleid umfloss Brennan wie Wasser einen Stein.
    Seine Hände lagen auf ihr. Seine Finger berührten ihre Haut. Und sie berührte ihn. Ihre Hand lag in seiner. Sie lächelte. Sah aus, als würde es ihr gefallen. Sie sah Brennan an, ihr Gesicht glühte vor Bewunderung.
    Eine eisige Welle erfasste Richards Haut und verdunstete, verbrannt von alles verzehrendem Zorn. Ohnmächtig sah er zu, wie Charlotte und Brennan über die Tanzfläche wirbelten, ohne das Geringste dagegen unternehmen zu können.
    »Was für ein schönes Paar«, seufzte Lady Karin.
    »Man sollte den Mann hassen«, sagte Rene. »Von königlichem Geblüt, reich, klug, guter Kämpfer. Man sollte meinen, das Schicksal hätte ihn schon um der ausgleichenden Gerechtigkeit willen entstellt, aber nein, der Dreckskerl sieht auch noch gut aus, und in dem Moment, da eine kultivierte, bezaubernde Frau in die Gesellschaft eingeführt wird, schnappt er sie sich, bevor einer von uns auch nur zwei Worte mit ihr gewechselt hat.«
    Ja, genau, Brennan sah gut aus, hatte Geld und einen königlichen Stammbaum. Und Richard? War nur eine Sumpfratte ohne einen Pfennig, aber mit einem Schwert und einem gestohlenen Gesicht.
    In seiner Vorstellung betrat Richard den Tanzboden. Mit seinem Schwert statt Cassides schwachem Rapier. Er fuhr zwischen sie, ein Wirbel aus Magie und Stahl, und im nächsten Moment rollte Brennans Kopf über den Boden.
    Charlotte schnappte nach Luft. Er ging zu ihr …
    Als die Musik endete, hörte er viel zu laut seinen Herzschlag wie die Schläge einer riesigen Glocke. Brennan verbeugte sich. Charlotte knickste. Brennan straffte sich wieder. Sein Gesichtsausdruck war unmöglich zu missdeuten: Es war die primitive Begierde eines Mannes, der eine Frau sah, die er besitzen wollte.
    Die Leute klatschten. In Richards Ohren klang der Applaus wie ein Sturm. Sie hatte ihm nie gesagt, dass sie ihn liebte. Sie hatte ihm in der Hütte ihren Körper geschenkt. Vielleicht nur in einem schwachen Moment. Versprochen hatte sie ihm jedoch nichts. Hätte sie es getan, nun, Versprechen wurden häufig gebrochen.
    Brennan führte Charlotte zum Großen Than und der Marchesa. Dort knickste sie erneut. Eine tiefe, elegante Verbeugung. Die Marchesa sagte etwas, Charlotte antwortete. Brennan zeigte dazu grinsend seine gleichmäßigen Zähne.
    Die Gesichter der Menschen verschwammen zu Farbflecken, ihre Stimmen verschmolzen zu einem lauten Summen, als Brennans Gesicht und seine leuchtend weißen Zähne in Richards Fokus gerieten.
    Richard stellte sich vor, Brennan die Klinge seines Schwertes ins Auge zu stoßen. Alles in ihm wollte Brennans Blut. Innerlich balancierte Richard auf Messers Schneide und kämpfte um sein Gleichgewicht.
    »Fühlst du dich unwohl, Casside?«, fragte Lorameh und fasste ihn genau ins Auge. »Du hast noch kein Wort gesagt.«
    Antworte, du Narr. Sag was
.
    Er zwang seine Lippen, sich zu bewegen. »Kopfschmerzen. Ich ziehe mich lieber zurück.«
    »Das liegt an den Blumen«, meinte Lorameh. »Das viele Parfüm und die Pollen, ein Wunder, dass wir vom Einatmen nicht alle umgekippt sind.

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