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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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getreten. Er hat ihr einfach so ins Gesicht getreten«, überschlug sich Tulips Stimme. »Sie stürzte, schrie mich noch an, ich solle weglaufen, da bin ich gerannt …«
    Das blonde Narbengesicht zerrte Daisy hinter sich her.
    »Still jetzt«, hauchte Éléonore.
    »Mach schon!«, bellte der Mann.
    Daisy griff mit zitternder Hand nach dem nächsten Stein. Ihre Wange blutete. Sie berührte den Stein und versuchte ihn hochzuheben. Magie pulsierte. Daisy kreischte, ihre Hand zuckte zurück. Der Sklavenhändler trat ihr in den Bauch. Daisy schrie und krümmte sich zusammen. Tulip kreischte entsetzt, und Éléonore presste dem Mädchen die Hand auf den Mund.
    Dann hörten sie die Stimme des Anführers, schroff und heiser. »Wir wollen nicht euch. Wir haben kein Interesse an euch. Wir sind hinter dem Kerl her, den ihr im Haus versteckt. Daisy sagt, sie könne das Wehr nicht öffnen, und da sie es immerhin versucht hat, bin ich geneigt, ihr zu glauben. Es liegt also bei euch. Gebt mir, was ich will, und schon bin ich wieder weg. Ganz einfach.«
    Sechzehn Männer. Viel zu viele. Einer oder zwei, vielleicht vier, damit wäre sie klargekommen. Sie hätte sie durchgelassen und verflucht, aber sechzehn waren einfach zu viel. In Éléonores Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sie musste Hilfe holen.
    »Hast du ein Telefon?«, flüsterte sie.
    Tulip zog ein Handy aus ihrer Tasche.
    »Ruf Charlotte an«, zischte Éléonore. »Zwei, zwei, sieben, zwei, null, eins, drei, null.«
    Mit zitternden Fingern tippte Tulip die Nummer und drückte Éléonore das Telefon dann in die Hand.
    »Charlotte hier«, meldete sich Charlotte mit ruhiger Stimme.
    »Wo bist du?«, flüsterte Éléonore.
    »Am Ende der Straße. Luke hat sich verspätet, ich hab das Blut gerade erst bekommen.«
    »Komm nicht zum Haus zurück.«
    »Warum? Éléonore, was ist los?«
    »Ich will, dass du zu den Rooneys fährst. Nimm die zweite Abzweigung links und fahr dann bis ans Ende der Straße. Sag Malcolm Rooney, dass Sklavenhändler vor unserem Haus sind. Insgesamt sechzehn, und sie wollen Richard. Erinnere ihn daran, dass er mir noch was schuldig ist und dass er eine hübsche Tochter hat und bestimmt nicht will, dass die Männer als Nächstes vor seiner Tür stehen. Wenn er weiß, was gut für ihn ist, stellt er eine Bürgerwehr auf die Beine und verjagt die Kerle aus dem Edge. Fahr, Charlotte, fahr sofort los!«
    Das Telefon piepte, und sie gab es Tulip zurück.
    »Ihr müsst nur rauskommen und einen von den Wehrsteinen verrücken«, rief der Sklavenhändler. Éléonore spähte zwischen den Vorhängen hindurch. Er hatte ein Messer gezückt. Die lange, gebogene Klinge fing das Sonnenlicht ein. »Ihr wisst ja, wie das läuft«, rief er. »Ich bin ein friedliebender Mann. Bringt mich nicht dazu, das zu tun.«
    Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit wendete Charlotte. Sklavenhändler. Das ergab doch keinen Sinn. Sklaverei war sowohl in Adrianglia als auch im Broken seit Jahrhunderten verboten. Doch die Angst in Éléonores Stimme war lebendig und real gewesen.
    Also musste sie zu den Rooneys fahren. Es gab in East Laporte keine Polizei. Wenn etwas die gesamte Stadt bedrohte, schlossen sich die Edger manchmal zu einer Bürgerwehr zusammen.
    Bäume sausten an ihr vorüber. Komm schon, drängte sie. Fahr schneller, Truck, fahr schneller.
    »Hör mir zu.« Éléonore packte Tulips knochige Schultern. »Sie werden Daisy wehtun. Das lässt sich nicht ändern. Wegen der Wehre kann ich meine Magie nicht gegen sie einsetzen, und wenn wir auf sie schießen, werden sie sie umbringen.«
    »Aber sie ist meine Schwester!«, gab Tulip leise zurück. »Wenn wir ihnen den Typen ausliefern …«
    »Dann bringen sie uns alle um. Die lügen, Herzchen. Das sind verlogene, miese Dreckskerle. Wir müssen warten, bis Hilfe kommt.« Éléonore drückte sie, legte ihre Arme um die mageren Schultern des Mädchens. »Egal, was du hörst, egal, was du siehst, du kannst nicht da raus. Wir müssen abwarten.«
    »Festhalten«, befahl der Sklavenhändler.
    Daisy wimmerte.
    Éléonore zog Tulip fest an sich. »Hör nicht hin. Halt dir die Ohren zu.«
    »Eure letzte Chance. Verrückt den Stein, dann kommt ihr alle ungeschoren davon.«
    Éléonore hielt die Luft an.
    »Also schön«, sagte der Sklavenhändler.
    Daisy kreischte, ein schriller, schmerzerfüllter Laut.
    Éléonore wagte einen Blick aus dem Fenster. Der Blonde hielt etwas Blasses, Blutiges zwischen Daumen und Zeigefinger, während Daisy sich

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