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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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los. Tulip stieß sie zurück und krabbelte Richtung Tür.
    »Nein!«, schrie Éléonore.
    Doch Tulip stürmte bereits auf die Wiese hinaus.
    Éléonore riss die Tür auf. »Halt, Tulip!«
    Ein heißer, stechender Schmerz durchzuckte Éléonores Brust und warf sie zurück. Sie verlor das Gleichgewicht und stürzte, halb hinter dem Holzgeländer verborgen, auf die Veranda. Plötzlich fiel ihr das Atmen schwer. Die Luft schmeckte bitter. Sie begriff, dass man auf sie geschossen hatte. Sofort machte sie sich daran, sich mit Kraft zu versorgen. Aber die Magie floss langsam, wie kalte Melasse.
    Vor den Wehrsteinen drehte Tulip sich um und sah sie aus weit aufgerissenen, panischen Augen an.
    »Tulip also?«, sagte der narbige Sklavenhändler. »Sieh nicht sie an, sieh hierher. Ist sie deine Freundin? Oder vielleicht deine Schwester? Nein. Also deine Schwester.«
    »Wenn du das Wehr öffnest, bringen sie dich um«, rief Éléonore.
    »Ich gebe dir mein Wort«, sagte der Mann. »Niemand wird dich töten.«
    Die Magie umfloss Éléonore. Aber es reichte nicht. Nicht mal annähernd. Sie war zu alt, erkannte sie. Zu alt und zu schwach. Ihre Macht hatte sich überlebt. »Tu es nicht!«
    »Willst du zurück nach Hause, Tulip?«, fragte der Sklavenhändler.
    Éléonore versuchte aufzustehen, aber ihre Beine wollten sie nicht tragen.
    »Leg den Wehrstein weg, dann hast du’s hinter dir«, sagte der Sklavenhändler. »Dann kannst du mit deiner Schwester heimgehen. Ich gebe ihr sogar ihre Körperteile wieder. Siehst du?« Er zeigte ihr einen blutigen Fingerstumpf.
    Tulip schauderte.
    »Nicht!«, rief Éléonore mit heiserer Stimme. Blut tropfte auf die Verandabohlen, und ihr ging auf, dass es ihr Blut war.
    »Ich habe gesagt, erschießt sie«, rief der Sklavenhändler. »Muss ich sie selbst fertigmachen?«
    Kugeln pfiffen um Éléonore und gruben sich in das Verandageländer.
    »Aufhören!«, schrie Tulip.
    Der Blonde hob die Hand. Die Männer hörten auf zu schießen.
    »Siehst du? Ich höre auf, wenn du es sagst. Ich lasse mit mir reden. Du musst nicht auf sie hören«, sagte der Sklavenhändler. »Sie ist alt und egoistisch. Du musst tun, was für dich und deine Schwester gut ist. Du nimmst den Stein weg, wir holen uns unseren Mann, dann gehen wir getrennte Wege. Wenn nicht, muss ich ihr noch was abschneiden. Vielleicht ihre Lippen oder ihre Nase. Dann wird sie ihr Leben lang entstellt sein.«
    Tulip stand wie angewurzelt.
    »Haltet sie fest«, befahl der Sklavenhändler.
    Sie drehten Daisy auf den Rücken. Dann beugte er sich mit dem Messer über sie.
    »Nicht!«, schrie Éléonore.
    Tulip nahm den Wehrstein und warf ihn weg. Der Kreis schützender Magie brach.
    Oh, du dummes Kind. Du dummes, dummes Kind …
    Der große Strolch neben dem Narbigen trat über den nun nutzlosen Stein und fegte Tulip mit der Rückhand aus dem Weg. Sie fiel ins Gras.
    Da krachte zweimal eine Waffe. Éléonore zuckte zusammen und sah, wie der vernarbte Sklavenhändler eine rauchende Schusswaffe hob. Daisys Hinterkopf war nur mehr ein blutiger Klumpen. Sie bewegte sich nicht mehr.
    Tulip schrie, ein schrilles, verzweifeltes Kreischen.
    Sie musste sie retten. Éléonore biss die Zähne zusammen. Ja, sie war alt, aber immer noch eine Heckenhexe.
    Der größere Sklavenhändler näherte sich Tulip.
    Éléonore beeilte sich, versammelte in rasender Verzweiflung Magie um sich.
    »Lass sie«, sagte der Anführer.
    Es tut mir so leid, Rose. Es tut mir so leid, ich wünschte, wir hätten uns noch einmal sehen können
.
    »Sie ist freie Ware.«
    »Hast du dir ihr Gesicht angesehen? Du solltest überlegen, bevor du handelst, Kosom. Wer wird sie mit so einer Visage kaufen wollen? Wenn du ihr eine Decke übers Gesicht legst, kannst du sie einmal ficken, aber Geld wird für sie bestimmt keiner ausgeben. Unsere Kunden wollen keine hässlichen Frauen. Leg dir mal ein bisschen Geschäftssinn zu. Geh und mach die Alte auf der Veranda fertig, danach holst den Jäger aus dieser verdammten Hütte.«
    Tulip machte große Augen und setzte sich auf.
    Der letzte Strang Magie wand sich um Éléonore. Mehr bekam sie nicht zu fassen.
    Der Große richtete seine Waffe auf Tulips Gesicht.
    Éléonore ließ los. Ihre Magie schoss über die Wiese, traf den Strolch mit der Waffe, ergoss sich dann über die drei Männer in seiner Nähe und umschwirrte sie wie ein Schwarm dunkler Fledermäuse.
    »Lauf!«, schrie Éléonore. »Lauf, Tulip!«
    Tulip kroch rückwärts, kam auf die Beine und

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