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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Verdammt, wie’s aussieht, lässt Helen sie sowieso nicht mehr los, also wird sie wohl mit uns kommen. Und Sie kommen besser auch mit.«
    Trauer, bittere, überwältigende Trauer erfüllte sie. Sie erstickte förmlich daran. Oh Götter, Rose und die Jungs würden es erfahren müssen. Aber was sollte sie ihnen sagen? Es tut mir leid, dass ich nicht rechtzeitig dort war? Es tut mir leid, dass ich weitergelebt habe, als sei nichts passiert, dass ich diese Schweinehunde nicht aufgehalten habe?
    »Wir können Ihnen ein Zimmer herrichten«, sagte Malcolm freundlich. »Raum ist in der kleinsten Hütte, heißt es doch. Das wird schon gehen, Charlotte. Alles wird gut. Sie haben vielen Menschen hier geholfen. Wir werden eine neue Unterkunft für Sie finden, machen Sie sich da mal keine Sorgen. Was meinen Sie?«
    Schmerz, Trauer, Schock und Schuldgefühle wirbelten durcheinander. Sie wurde nicht damit fertig. Sie musste etwas tun.
    Die Sklavenhändler glaubten, Menschen einfach so ausradieren zu können, und sie würden damit fortfahren, würden morden, brandschatzen und Kindern wehtun. Sie würden weitere Leben zerstören, so wie sie ihre kleine, gemütliche Welt zerstört hatten. In diesem Moment ritten sie ungestraft davon und nahmen den Mann mit, den sie geheilt hatte, während sie nicht die geringste Ahnung hatte, warum das alles geschehen war. Sie würden auch ihm wehtun, ihn foltern und wahrscheinlich umbringen.
    Jemand musste sich ihnen in den Weg stellen. Und wenn keiner aus dem Edge antrat, würde sie dieser Jemand sein. Außer ihr war niemand mehr da.
    Charlotte griff tief in ihr Inneres, in die sorgsam verborgene und eingeschlossene Dunkelheit, und stieß dort auf einen purpurroten Funken. Dann stellte sie zögernd eine Verbindung her. Verlangen überkam sie, ihre Magie hungerte, wollte um jeden Preis ausbrechen, sich sättigen und töten. Angst durchfuhr sie. Fast machte sie einen Rückzieher. Wenn sie die Dunkelheit freiließ, würde es kein Zurück mehr geben. Sie hatte so hart daran gearbeitet, diesem Teil von ihr Fesseln anzulegen. Beinahe wäre es ihr gelungen.
    Charlotte sah Tulip ins Gesicht, während Asche die Tränenspuren verschmierte.
    »Tulip!«
    Das Mädchen hob den Blick.
    Charlotte hielt den Funken fest. »Ich kann Daisy nicht wieder lebendig machen, Schatz, aber ich kann dafür sorgen, dass die Männer keinem anderen Mädchen so wehtun wie dir. Und ich werde sie zur Rechenschaft ziehen. Sie werden niemandem mehr die Schwester nehmen, das verspreche ich dir.«
    Tulips Züge bebten, dann schluchzte sie.
    »Charlotte?«, fragte Malcolm.
    Charlotte holte tief Luft und fachte den Funken an.
    »Hören Sie mir zu?«
    Purpurrot und Dunkelheit in ihr explodierten, verbanden sich zu einem hungrigen, furiosen Inferno.
    Dann sah sie Malcolm Rooney an. Ihr Gesicht musste furchtbar aussehen, denn er wich einen Schritt zurück. Charlotte drehte sich um und ging mit großen Schritten durchs Gras zu ihrem Truck.
    »Wenn Sie gehen, gehen Sie allein!«, brüllte Malcolm.
    Die Magie in ihr raste.
    »So werden Sie Éléonore auch nicht wiederbekommen! Die werden Sie einfach ermorden! Charlotte? Charlotte!«
    Sie stieg in den Wagen und startete den Motor. Das Feuer in ihr brach aus, umschlang sie mit tiefroten, wütenden Tentakeln.
    Die Schweinehunde würden niemandem mehr wehtun. Dafür würde sie sorgen.

3
    Mit schwierigen Umständen konfrontiert, zahlte es sich stets aus, eine Einschätzung der Lage vorzunehmen. Vor allem wenn man beim Aufwachen feststellte, dass man sich nicht bewegen konnte.
    Richard öffnete die Augen.
    Mal sehen. Also, erstens befand er sich in einem Käfig – anders konnte er sich das aus Eisenstangen gebildete Muster, das den Reitern, die sich vor einem Wald abzeichneten, aufgeprägt zu sein schien, nicht erklären. Zweitens hatte man ihm die Hände auf dem Rücken zusammengebunden. Drittens fesselte eine schwere Kette seine Beine an den Stahlring im Boden seines Gefängnisses. Viertens war sein Käfig durch eine noch massivere Kette mehrfach mit dem Karren verbunden, als würde das Gewicht des in den Halterungen des Karrens verkeilten Käfigs allein nicht für ausreichend Sicherheit sorgen. Ergo hatten die Sklavenhändler ihn geschnappt und befürchteten nun offenbar, er könnte sich mitsamt seinem dreihundert Pfund schweren Gefängnis auf Vogelschwingen davonmachen.
    Wie er in dem Käfig gelandet war, wusste er nicht. Sie mussten ihn verprügelt haben – sein Gesicht tat weh und war

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