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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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herumgegangen und hatte gesprochen, doch nun war sie tot. Und Daisy genauso.
    Éléonore würde nie wieder lächeln. Sie würde nie wieder die Kuckucksuhr auffangen, wenn sie ihr aus den Haaren glitt. Nie wieder Geschichten über Rose und die Jungs. Nie wieder irgendwas.
    »Was ist mit dem Mann?«, wollte Helen wissen.
    »Die haben ihn mitgenommen«, schluchzte Tulip.
    Helen rückte näher heran, flüsterte etwas. Dann beugte sich Malcolm über die beiden.
    Ich muss mich bewegen,
schoss es Charlotte durch den Kopf. Sie musste irgendetwas tun, irgendetwas sagen, aber sie konnte es nicht. Sie stand einfach da, unter einem Schleier aus Schmerz.
    Da kam Malcolm Rooney über die Wiese auf sie zu. Sie sah, wie sich seine Lippen bewegten, doch kein Wort drang hervor.
    Mit lautem Krachen und in einer Funkenexplosion stürzten die Dachbalken ein. Charlotte erschrak. Als ihr Gehör wiederkehrte, vernahm sie Malcolms tiefe Stimme. »… Sklavenhändler.« Er schüttelte eine Handvoll Ketten vor ihr. »Die habe ich bei den Leichen gefunden. Wir haben die Typen hier seit zehn Jahren nicht gesehen. Muss alles sehr schnell gegangen sein. So wie’s aussieht, haben sie zuerst Daisy in den Kopf geschossen, dann Éléonore abgeknallt, euren Kumpel mitgenommen und schließlich das Haus in Brand gesteckt. Tulip hat sich im Wald versteckt und alles mit angesehen. Das arme Ding. Das Haus war Minuten später hinüber. Hat gebrannt wie Zunder. Sie sind zu Pferd, anscheinend ein Dutzend, vielleicht mehr, von denen hier abgesehen.« Malcolm wies mit einem Nicken auf die Toten. »Das war Éléonore. Man nennt das den Fluch des zerbrochenen Stabes, weil die Opfer so verkrümmt daliegen. Die alte Dame besaß große Macht.«
    Endlich brachte Charlotte ein Wort heraus. »Warum?«
    »So machen es Sklavenhändler. Sie überfallen Städte wie unsere, verschleppen Kinder und hübsche Frauen ins Weird und verkaufen sie dort als Sklaven. Auf diesen Richard müssen sie aus irgendeinem Grund stinksauer gewesen sein.«
    Richard … Die Sklavenhändler hatten ihn mitgenommen. Langsam, wie eingerostet, begann ihr Verstand wieder zu arbeiten. Für Éléonore und Daisy war sie zu spät gekommen, aber
ein
Leben konnte sie wenigstens noch retten. »Wir müssen ihnen folgen.«
    Malcolm schüttelte den Kopf. »Sklavenhändler sind ein gemeiner Haufen. Wenn sie haben, was sie wollen, verziehen sie sich. Und ich bin mit diesem Richard nicht verwandt, verdammt, er ist nicht mal hier in der Gegend groß geworden. Anscheinend hat er die Sklavenhändler aufgescheucht wie ein Hornissennest, dann haben sie ihn bis hierher verfolgt, aber jetzt sind sie wieder weg, und diese Sache hat ein Ende. Sehen Sie sich die Bescherung, die Sie ihm verdanken, doch an. Ich würde sagen, gut, dass sie weg sind.«
    Entsetzt blickte sie ihn an. Er würde nichts unternehmen. Er hatte sich entschieden – das konnte sie in seinem Blick lesen. Malcolm Rooney, dieser große, starke Bulle von einem Mann, hatte Schiss. Deshalb würde er sie hier stehen lassen.
    »Die Schweinehunde haben vier Leben zerstört. Éléonore hat mich bei sich aufgenommen. Sie hat mich hier bekannt gemacht, mir eine zweite Chance im Leben gegeben, und die haben sie ermordet und ihre Leiche und ihr Haus verbrannt.« Sie hob die Stimme. »Und sie haben Daisy umgebracht, die kaum zwanzig war, und ihre fünfzehnjährige Schwester musste mit ansehen, wie sie starb. Und Sie lassen sie einfach so davonkommen?«
    Malcolm schwieg.
    Charlotte sah die Edger hinter ihm an. Schuldgefühle und Trauer standen ihnen ins Gesicht geschrieben. Nicht einer hielt ihrem Blick stand.
    Große Götter. Ihr sträubten sich die Nackenhaare. Sie dachten wie Malcolm. Sie würden einfach heimgehen und so tun, als sei das Entsetzliche nie geschehen. Sie hatte gewusst, dass sich im Edge jeder selbst der Nächste war, aber das? Das kam ihr unmenschlich vor.
    »Éléonore hat ihr ganzes Leben hier verbracht.« Sie deutete auf die verkohlte Leiche. »Ihr Körper schwelt noch. Versteht ihr denn nicht? Wenn wir sie nicht aufhalten, werden sie es wieder tun. Seht euch Tulip an. Seht sie euch an!«
    Die Umstehenden starrten auf ihre Füße, ins Gras, überallhin, bloß um nicht sie oder das herzzerreißend weinende Mädchen anschauen zu müssen.
    »Wenn wir sie jagen, kommen nur noch mehr Menschen zu Schaden, und keiner von uns hat Kinder oder Verwandtschaft, die er entbehren könnte«, sagte Malcolm leise. »Tulip werden wir schon irgendwo unterbringen.

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