Seelentraeume
Stimme hatte einen leicht spöttischen Unterton. »Du riechst nach Pisse und siehst noch übler aus.«
Dann wanderte Jasons Blick über Charlotte. Seine hellen Augen weiteten sich. »Du bringst deine Freundin mit, Richard. Und einen Hund habt ihr auch. Wo seid ihr gemeldet? Ich würde euch gerne einen Toaster schenken.«
»Der Hund gehört ihr«, sagte Richard.
Der Wolfripper zeigte Jason seine Riesenzähne.
»Was können wir für den mächtigen Jäger tun?«
Richard griff in seine Tasche.
Miko beugte sich aufmerksam vor.
In diesem Moment kam ein Mann mit einer Armbrust durch die Tür.
Richard zog Voshaks hellblonden Zopf aus der Tasche und warf ihn dem Verbrecherkönig zu. Parris fing ihn aus der Luft und betrachtete die blonden Strähnen. »Wann?«
»Vor ungefähr zehn Stunden.«
»Lebt noch einer von seiner Bande?«
»Nein.«
Parris warf dem Armbrustschützen einen Blick zu und warf den Zopf in die Luft. Ein Bolzen sirrte und nagelte den Haarschopf an die gegenüberliegende Wand.
Der Verbrecherkönig wandte sich Richard zu. »Du bringst mir wunderbare Geschenke, Jäger. Was willst du dafür?«
»Heute Abend um elf legt im Norden der Stadt ein Sklavenschiff an. An Bord werden eine Crew Sklavenhändler und Sklaven erwartet«, antwortete Richard.
Parris beugte sich mit plötzlich wildem Blick vor. »Das Schiff bringt sie zum Markt.«
»Ja. Es gibt da nur ein kleines Problem. Die Sklavenhändler sind tot, und Sklaven hatten sie vorher auch nicht gefangen. Aber einer, der ein paar Raubeine befehligt, könnte an ihre Stelle treten.«
Auf dem Gesicht des Verbrecherkönigs erschien ein Grinsen, bei dem einem das Blut in den Adern gefrieren konnte. »Wenn wir nur einen Mann mit so einer Mannschaft kennen würden.«
Richard zuckte die Achseln. »Könnte sich lohnen, so jemanden zu kennen. Er würde nämlich einen Haufen Geld verdienen, und er wäre – was noch wichtiger ist – der Mann, der den Markt dichtmacht.«
Parris hob eine Braue.
»Auf der Insel ist man gegen flüchtige Sklaven und wütende Kunden gewappnet. Niemand dort rechnet damit, von einem Dutzend Bewaffneter angegriffen zu werden. Gelegenheit, Geld aus dem Sklavenhandel abzuschöpfen und die Taschen der Kundenvertreter zu erleichtern. Und eine Chance auf Vergeltung.«
»Riskant«, sagte Parris. »Wir wissen nicht, wie gut der Markt gesichert ist. Ich war zwar halb tot, als ich dorthin verschleppt wurde, aber an Wachen erinnere ich mich.«
»Wer wagt, gewinnt«, zitierte Richard.
Riskant war schwer untertrieben, dachte Charlotte. Der Plan, den Richard ausgeheckt hatte, verschlug selbst einem abgebrühten Schurken den Atem, und ihr gegenüber hatte er vorher kein Wort darüber verloren. Unbedingter Gehorsam war eine Sache, ihre Möglichkeiten nicht voll zu nutzen jedoch eine andere. Sobald sie allein waren, würde sie ihm den Unterschied auseinandersetzen müssen.
»Dein Anteil wäre wie hoch?«, wollte Parris wissen.
»Ich will nichts, nur den Buchhalter, und zwar lebend.«
Der Verbrecherkönig dachte darüber nach. Sie spürte sein Zögern. Sie mussten ihm etwas anbieten, das die Waagschale auf ihrer Seite deutlich beschwerte. Aber was konnten sie ihm anbieten? Wofür würde sich ein Verbrecherkönig interessieren? Für Geld natürlich, doch selbst wenn sie flüssig gewesen wäre, bezweifelte sie, dass er sein Leben und das seiner Leute allein für Geld aufs Spiel gesetzt hätte.
Ihr Blick verharrte auf seinem Gesicht. Die Narbe hob sich von seiner Haut ab wie ein Brandzeichen. Es fiel ihm sicher nicht leicht, morgens in den Spiegel zu schauen.
»Woher haben Sie diese Narbe?«, fragte Charlotte.
Parris wandte sich ihr zu. »Ein Geschenk von Voshak. Ich war aus dem Frachtraum ausgebrochen und wollte ein Bad nehmen, aber mein Plan scheiterte. Voshaks Jungs mussten mich daraufhin gegen die Schiffsheizung drücken. Er wollte mir wohl eine Lektion erteilen.« Er sah sie mit blitzenden Zähnen an. »Aber ich lerne schlecht.«
»Was würden Sie sagen, wenn ich sie entferne?«, fragte sie.
Parris hob die Augenbrauen. »Das könnten Sie?«
»Ja.« Haut war das am leichtesten zu heilende Gewebe.
Parris dachte einen Moment darüber nach. »Danke, aber ich glaube, ich behalte sie lieber. Sie ist inzwischen ein Teil von mir.«
Miko beugte sich zu ihm und flüsterte ihm mit dringlicher Miene etwas ins Ohr.
Jason runzelte die Stirn. »Aber sie müsste es alt aussehen lassen.«
Miko tuschelte wieder.
Parris überlegte. »Wenn sie mich
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