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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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dass wir nicht getrennt werden. Wir müssen den Buchhalter finden. Nur er kann uns an die Spitze des Sklavenhändlerrings führen.«
    Ein schrilles Pfeifen ließ sie herumfahren. Jason hatte ein Pferd bestiegen.
    »Halunken, Abschaum, Schurken«, rief er. »Leiht mir euer Ohr!«
    Helles Gelächter plätscherte durch die Menge.
    »Jeder Einzelne von euch hat mit den Sklavenhändlern eine Rechnung offen. Und heute ist Zahltag. Wir gehen an Bord ihres Schiffes. Wir schließen ihren Markt. Wir werden Legende sein.« Er machte eine Pause und grinste. »Und wir werden reich sein.«
    Darauf antwortete ihm ein begeistertes Durcheinander aus Pfeifkonzert und gutturalem Grunzen.
    Dann senkte er den Kopf. »Aber wir machen das nicht nur, um reich zu werden.«
    »Nicht?«, fragte jemand mit gespieltem Entsetzen.
    Neuerliches Gelächter.
    »Nein. Seht euch um.« Jason breitete die Arme aus. »Na los, schaut hin.«
    Seine Zuhörer verrenkten sich die Köpfe und musterten den Wald und den Nachthimmel.
    »Heute Nacht sind wir die Herren all dessen, was wir sehen. Wir werden triumphieren und diese Dreckskerle unter unseren Stiefeln zermalmen. Wir werden ihnen Geld und Leben nehmen.« Seine Stimme gewann eine wilde Eindringlichkeit. »Wir werden sie schreien und um Gnade winseln hören, ihr Gekröse riechen, wenn wir sie zerfetzen und unsere Hände in ihr Blut tauchen. Wir werden das Licht aus ihren Augen pressen. Heute Nacht werden wir wahrhaft leben!«
    Schweigen erfasste die Lichtung.
    »Zum Teufel, ja!«, bellte Richard mit tiefer Stimme.
    »Ja!«, knurrte ein anderer Mann.
    Die Menge brach in Hochrufe aus und schüttelte die Fäuste.
    »Manchmal lässt er sich ein bisschen gehen«, flüsterte Richard ihr zu.
    »Was Sie nicht sagen.« Neue Gewalt. Neue Morde. Neue Freude darüber, dass ihre Magie Leben verschlang. Charlotte schluckte. Lebhaft erinnerte sie sich an den verführerischen Rausch, den ihr die Tötung der Sklavenhändler beschert hatte. Desgleichen noch einmal zu erleben, jagte ihr eine Heidenangst ein. Ihre Zähne klapperten und sie biss sie zusammen. Prompt begannen ihre Knie zu zittern.
    »Wir brechen auf!«, brüllte Jason.
    Ringsum hoben Leute ihre Ausrüstung auf. Am liebsten hätte sie sich umgedreht und wäre in die andere Richtung gerannt.
    »Darf ich?«, fragte Richard und hielt ihr Handschellen vor die Nase.
    Sie hob die Hände. Richard legte ihr die Handschellen behutsam an. »Wenn Sie sie so drehen, gehen sie sofort auf.«
    Die Handschellen hingen schwer an ihren Handgelenken. Charlotte zwang sich zu nicken.
    Seine Finger strichen über ihre Hand, die raue Hornhaut des Schwertkämpfers daran kratzte über ihre Haut. Seine Hände waren warm. Um Zuspruch bittend, sah sie zu ihm auf.
    Ihre Blicke trafen sich. »Ich lasse nicht zu, dass Ihnen etwas zustößt, Mylady.«
    Er sprach die Anrede aus wie einen Kosenamen. In seiner Stimme lag so viel Überzeugungskraft, dass die Lichtung und alle Menschen darauf einen Augenblick lang verblassten. Nur noch sie beide standen da, und er berührte ihre Hände und sah Charlotte auf jene besondere besorgte, fast zärtliche Weise an. Was für ein seltsames Gefühl im Blick eines Killers. Ihre Sorgen lösten sich in Luft auf. Solange er an ihrer Seite blieb und sie hielt, konnte ihr nichts geschehen.
    »Bildet zwei Reihen!«, rief Jason. »Sklavinnen in der Mitte, Sklavenhändler an den Flanken.«
    Die Wirklichkeit stürzte über ihr zusammen wie eine furchtbare Lawine. Was sie tat, wie sie mit ihm hier stand, war äußerst unpassend. Aber das kümmerte sie nicht.
    »Passen Sie auf sich auf«, sagte sie.
    »Sie auch.«
    Dann ließ Richard sie los und nickte dem Hund zu. »Komm!«
    Die Bestie zögerte.
    »Komm!«, befahl Richard. Das Riesentier erhob sich und trottete zu ihm. Richard klinkte eine lange Kette in das Hundehalsband, stieg auf sein Pferd und bezog Stellung neben Jason. Hinter Charlotte und Miko bildeten die Frauen zwei Reihen, dann brachen sie auf, von Sklavenhändlern auf Pferden umkreist.
    So trotteten sie den Weg entlang. Der Eichenwald endete, das Marschland begann, ein vollkommen eintöniges Feld niedriger Gräser. Der Weg wechselte die Richtung, mal links, mal rechts, und teilte das Gras. Die Pferde stapften über den matschigen, übersättigten Boden, ihre Hufe bespritzten ihre Kleider und Gesichter mit Schlamm.
    Mit Macht kehrte die Furcht zurück. Charlotte wusste, dass sie erst seit wenigen Minuten unterwegs waren, trotzdem kam ihr der Zug durch diese

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