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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Neugier wie das erstemal. Gewiß, es ist nicht die feine Art, anderen Leuten sozusagen durchs Schlüsselloch nachzuspionieren, und ich wüßte auch zu meiner Entschuldigung nichts vorzubringen, außer daß ich noch sehr grün war und gar zu gern herausbekommen hätte, woran C. B. so verbissen arbeitete.
    Allmählich nämlich empfand ich so etwas wie Bewunderung für den Mann, der sich fast über seine Kräfte hinaus für ein Ziel einsetzte, das in den Sternen zu liegen schien. Vielleicht war er wirklich dabei, ein Raumschiff zu konstruieren, weil ja soviel davon gefaselt wird, daß wir nächstens den Mond erobern werden. Oder vielleicht arbeitete er an einem Verfahren, Gold zu machen oder Diamanten herzustellen, weil ich ihn manchmal in seinen Wutausbrüchen gegen das störrische Material oder gegen seinen eigenen unzureichenden Verstand sagen hörte, daß er einmal der Herrscher der Welt sein werde und so reich, daß alle Mächtigen dieser Erde gegen ihn arme Schlucker sein würden. Na, ich meine, das denken alle Erfinder, auch wenn es sich nur um Patenthosenknöpfe handelt, denn schließlich müssen sie ja an ihren Erfolg glauben, um überhaupt durchhalten zu können.
    Das größte Rätsel aber, das er mir aufgab, war und blieb die Geschichte mit seinem falschen Namen und die ganze Geheimnistuerei, mit der er sich umgab. Sein Gesicht hatte die Farbe von Kartoffelkeimen, die im dunklen Keller austreiben, und ich hätte wetten mögen, daß er außer ein paar nächtlichen Gängen zu dem Wurstsieder am Strohmarkt seit Monaten und vielleicht sogar seit Jahren nicht ans Tageslicht gekommen war. Ich glaube nicht einmal, weil er es sich nicht leisten konnte, besser zu essen und menschenwürdiger zu leben, sondern weil er seinen knurrenden Magen haßte und jede Minute, die er fürs Essen opfern mußte, als vergeudete Zeit empfand.
    Mir war es jedenfalls ein Rätsel, wie er mit den drei Semmeln und dem halben Liter Milch, die Mutter ihm morgens vor die Tür stellte, tagsüber durchhalten konnte. Und dabei qualmte er auch noch wie ein Schlot. Jeden Morgen mußten wir ihm zum Frühstück fünf Sechserpackungen Zigaretten hinlegen. Das Geld dafür hatte er Mutter für den ganzen Monat im voraus gegeben.
    Aber weshalb, in aller Welt, versteckte er sich wie ein Fuchs im Bau? Verbrochen hatte er doch nichts. Und wer waren die Leute, die ihn suchten? Darüber zerbrach ich mir tagelang den Kopf. Wenn ich bedachte, daß er nie vergaß, die Tür zum roten Zimmer abzuschließen und sogar das Schlüsselloch verhängte, dann konnte es doch nur deshalb sein, weil er befürchtete, man wolle ihm seine Erfindung stehlen. Dazu nun wollte mir die Dame, die sich nach ihm erkundigt hatte, gar nicht passen, obwohl ich natürlich wußte, daß auch schon Frauen wegen Spionage und Verrat standrechtlich erschossen worden sind, zum Beispiel eine gewisse Mata Hari. Über die hat es sogar einen Film gegeben, der vor kurzer Zeit in unserem kleinen Kino lief. Aber wie eine Dame hat die eigentlich nicht ausgesehen.
    Um es kurz zu machen: Der C. B. hatte in mir, ohne etwas davonzu ahnen, einen Freund gefunden und, wenn es sein mußte, auch einen Beschützer. Deshalb machte ich mich noch einmal auf den Weg, den ich schon am ersten Tag nach dem Einzug unseres C. B. gegangen war, nämlich zum >Blauen Anker<. Dort wollte ich dem Dienstmann Nummer sechzehn sagen, daß er unter allen Umständen das Maul zu halten habe, wie ihm der C. B. befohlen hatte. Nötigenfalls wollte ich ihm sogar drohen, daß die Sache für ihn sehr schlimm ausgehen könne, wenn es ihm einfiele, nicht dichtzuhalten, denn der C. B. stünde im Schutz eines Geheimbundes, der jeden zerschmettern werde, der gegen ihn sei, jawoll!
    Ich ärgerte mich richtig, daß mir das nicht früher eingefallen war, denn auf Leute, die so gern Grog saufen wie der Dienstmann Kuno Dietrichsen, ist kein rechter Verlaß, wenn man sie nicht von Zeit zu Zeit daran erinnert, was sie zu tun haben. Aber was soll ich viel erzählen: Als ich in den >Blauen Anker< kam, schien dort so eine Art Dienstmannsfest gefeiert zu werden. Mindestens Stücker zehn von den Rotbemützten standen um die Theke herum, und der lauteste und besoffenste von ihnen war Nummer sechzehn. Seine Nase schimmerte wie ein Karfunkel, seine Augen waren ganz klein vor lauter Alkohol, und gerade, als ich die Tür aufmachte, ließen sie ihn unter Gesang hochleben, denn er hatte eine Runde für die ganze Gesellschaft im Lokal geschmissen.
    Ich weiß

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