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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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sie sagte: »Ich zweifle leider daran, daß der Herr Ingenieur bereit sein wird, Sie zu empfangen, meine Dame, weil er sich nur sehr ungern stören läßt.«
    Ich stand ziemlich atemlos hinter der Flurecke, wo es linker Hand in den Laden ging, und konnte von der Dame nichts als ihren Schatten sehen, der sich in der dicken Bleiglasfüllung abzeichnete.
    »Versuchen Sie es wenigstens, Frau Tümmler, ich bitte Sie sehr darum. Denn es ist außerordentlich wichtig, was ich dem Herrn zu bestellen habe.«
    »Wollen Sie bitte solange näher treten«, sagte Mutter und wischte, während sie voranging, die Türklinke von meinem Zimmer mit dem Schürzenzipfel ab, geradeso, als ob der Messingdrücker für die Hände der Dame zu dreckig sei. »Ich will versuchen, Sie Herrn Johnen zu melden, wenn ich auch fürchte, daß es wenig Zweck haben wird, denn er kann bei Störungen sehr unangenehm werden. Und wen darf ich ihm melden, wenn ich fragen darf?«
    »Bitte«, sagte die Dame, »hier ist meine Karte.«
    Da ich mich in den Laden verdrückt hatte, konnte ich von ihr, als sie Mutter in den halbdunklen Flur folgte, nur den Rücken sehen. Sie trug, soweit ich feststellen konnte, ein dunkles Kostüm mit einem kleinen Pelzkragen. Ihr Gesicht bekam ich nur für einen Augenblick zu sehen, als nämlich Mutter die Tür zu meinem Zimmer öffnete und sie mit einer Handbewegung zum Eintreten auf forderte.
    Aber schon dieser kurze Augenblick genügte, um mich erkennen zu lassen, daß sie die schönste Frau war, die ich bis jetzt in meinem Leben zu Gesicht bekommen hatte. Ja, ich muß sogar sagen, sie war noch schöner als die hübschesten Mädchen, die man auf den Packungen von den feinen und sehr teuren Luxusseifen abgebildet sieht. Es war so etwas Zartes und Liebliches an ihr, daß ich, der ich mir doch wahrhaftig noch nie im Leben etwas aus Mädchen gemacht hatte und sie allesamt für ziemlich blöde Ziegen hielt, plötzlich ganz flach atmete.
    Unterdessen klopfte Mutter auch schon an die Tür vom roten Zimmer und sagte ganz schüchtern, weil es doch nun bereits zum zweitenmal innerhalb von knapp zehn Minuten war, daß sie ihn stören mußte: »Herr Johnen, entschuldigen Sie sehr, aber es ist eine Dame gekommen, die Sie unbedingt zu sprechen wünscht. Sie läßt sich auch nicht abweisen, obwohl ich es versucht habe.«
    Eine kleine Weile blieb es innen still. Und dann machte er die Tür mit einem Ruck auf, ohne daß man ihn hatte herankommen hören, daß ich mir dachte, er müsse die ganze Zeit direkt hinter der Tür gelauscht haben. Und in seinen Händen hielt er meinen Brief. Da meine Augen sich inzwischen an das Halbdunkel im Flur gewöhnt hatten, bemerkte ich, daß er noch bleicher war als sonst und ziemlich verstört aussah.
    »Wo ist die Dame?« fragte er. »Wer ist sie?«
    »Im Zimmer nebenan, und hier ist ihre Karte.«
    Er riß meiner Mutter das Kärtchen aus der Hand und hielt es in den Lichtstrahl, der aus seinem Zimmer in den Flur fiel. Während er las, traten ihm die Muskeln deutlich aus den Wangen. Dann schloß er die Tür hinter sich und ging mit gesenktem Kopf, genau wie ein Stier, der zum Angriff ansetzt, mit kurzen Schritten in mein Zimmer hinein.
    Im gleichen Augenblick stand ich auch schon an der Tür und drückte das Ohr gegen die Füllung. Meine Mutter machte ein ganz entsetztes Gesicht und flüsterte: »Bist du verrückt, Pitt? Schämst du dich denn gar nicht?«
    »Nein!« flüsterte ich, und das verblüffte sie so sehr, da ich ihr gegenüber sonst immer recht folgsam war, daß sie nur den Kopf schüttelte und nichts mehr zu sagen wußte. Schließlich stellte sie sich selber in die Küchentür, die meinem Schlafraum direkt gegenüberlag, und lauschte mit dem linken Ohr hinüber, auf dem sie besser als auf dem rechten hört. Ich meine, wenn ich nicht schneller als sie gewesen wäre, dann hätte sie sich zum Schlüsselloch gebückt, denn Mutter hatte eine große Schwäche für das, was sich bei anderen Leuten abspielte.
    Drinnen aber ging es auch schon in ziemlicher Lautstärke los.
    »Also hat man mich wieder mal aufgespürt!« sagte der C. B. in so einer Art von müder Wut. »Und dieses Mal schneller als sonst, denn ich täusche mich doch nicht darin, daß auch Sie mich in Don Saraivas Auftrag heimsuchen?«
    Den Namen, den er nannte, verstand ich damals nur undeutlich, aber ich will ihn hier gleich richtig nennen, weil ich den sauberen Herrn, dem er gehörte, später noch zur Genüge kennenlernte.
    »Nein, Sie täuschen

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