Seelenverkäufer
fünf Tage lang nichts rührte. Aber dann hatte ich doch wieder so ein sicheres Gefühl wie beim Angeln, wo man gleich nach dem Anbiß weiß, ob der Haken gut oder schlecht im Fischmaul sitzt. Und bei Don Saraiva saß er richtig!
So kam der Sonnabend heran, und da läutete es an der Haustür. Draußen stand der Briefträger mit einem eiligen Einschreiben: >An Pitt Tümmler, Gemüsehändlerssohn, Brückenstraße 16.<
Den Empfang bestätigen und zu Hogendahl reinrennen war eins. Der riß mir den Brief aus den Händen. Und geschrieben stand darin: »Werter Herr Tümmler, weshalb lassen Sie nichts von sich hören? Haben Sie überhaupt schon mit Herrn Hogendahl gesprochen? Wenn nicht, dann wird es höchste Zeit, da ich in den nächsten Tagen Europa für längere Zeit verlasse. Ich erwarte Ihren Anruf. Um die Mittagszeit bin ich täglich erreichbar. Saraiva.<
»Na, Herr Hogendahl«, fragte ich und rieb mir die Hände, »was sagen Sie jetzt? War es nicht doch gescheiter, den hohen Herrn kommen zu lassen?«
Er klopfte mir nur auf die Schulter und sah auf einmal ganz jung und blühend vor Gesundheit aus. »Ich glaube, Pitt«, meinte er schließlich, »wir könnten uns gelegentlich einmal bei Herrn Saraiva melden und ihn schriftlich ersuchen, uns einen Vertragsentwurf vorzulegen.«
Er setzte sich jedoch sofort hin und ließ einen so kühlen Brief an Don Saraiva los, daß einen beim Lesen richtig frösteln konnte: Mit Befremden habe er von meinem Besuch bei Don Saraiva gehört und auch von den Verhandlungen, zu denen er mir selbstverständlich keinen Auftrag gegeben hätte. Wenn Don Saraiva aber Wert darauf lege, mit ihm in Verbindung zu treten, so ersuche er ihn zuerst um Übersendung eines Vertragsentwurfes in deutscher Sprache, aus dem auch ein Mensch ohne juristische Vorbildung klug werden könne. Und so weiter und so weiter...
Diesen Brief übergab er mir zur Besorgung. Aber wie ich schon auf dem Weg zum Postkasten war, überlegte ich es mir doch anders und beschloß, mit der Absendung noch ein wenig zu warten und dafür lieber Don Saraiva im Hotel anzurufen. Diesesmal war er gleich selber am Apparat. Noch ehe er dazukam, >hallo< zu sagen, forderte ich ihn dringend auf, es ein für allemal bleiben zu lassen, mir Briefe ins Haus zu schicken. Ich hätte mit meinem Vater einen Mordskrach bekommen, wenn ich den Briefträger nicht zufällig an der Tür abgefangen hätte. Und dann sagte ich ihm, daß ich die Geschichte mit Hogendahl nicht übers Knie brechen könne und der Zeitpunkt im Augenblick überhaupt sehr ungünstig sei, weil Herr Hogendahl wieder Mut geschöpft habe, da eine Berliner Firma einen Herrn wegen seiner Erfindung zu ihm geschickt hätte.
Er fragte sehr beunruhigt, was denn das für eine Firma sei, und ich antwortete ihm, den Namen wüßte ich nicht, aber es könne nicht viel mit ihr los sein, da sie, wie ich zufällig gehört hätte, mit Staatszuschüssen arbeiten müsse... Jawohl, diese bittere Pille gab ich ihm zu schlucken, denn ich wußte natürlich ganz genau, daß es nicht die schlechtesten Unternehmen sind, denen der Staat Gelder zuschießt.
Der Erfolg war denn auch der, daß Don Saraiva sehr nervös wurde und mich mehrmals bat, Herrn Hogendahl auf die äußerst günstigen Konditionen seines Vertragsentwurfs hinzuweisen und ihn im übrigen auf dem laufenden zu halten. Nun, das konnte ich ihm leicht versprechen.
Zwei Tage später rief ich ihn wieder an und berichtete, Herr Hogendahl hätte die Verhandlungen mit den Berlinern abgebrochen, weil sie ihm zwar einen sehr hohen Anteil am Reingewinn geboten, aber Beteiligung an den Kosten des Projekt verlangt hätten. Ich hörte ihn erleichtert aufschnaufen, und erst jetzt steckte ich Hogendahls Brief an Don Saraiva in den Postkasten.
Der Vertragsentwurf kam prompt am übernächsten Tag per Einschreiben, adressiert an Herrn Hogendahl. In dem Umschlag befand sich auch ein Scheck über viertausend Mark, Hogendahls unbeglichene Gehaltsforderung aus jener Zeit, als er für Don Saraiva als Chefingenieur gearbeitet hatte. In einem beigefügten Schreiben entschuldigte sich Don Saraiva für seine Nachlässigkeit, die Begleichung dieser Schuld so lange versäumt zu haben, und teilte Hogendahl gleichzeitig mit, daß noch einige Gegenstände aus seinem Besitz, die er bei seinem überstürzten Verlassen der >Esperanza< auf dem Schiff zurückgelassen hätte, an Bord selbstverständlich wieder zu seiner Verfügung ständen.
Hogendahl kniff ein Auge zu und sah mich
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