Seelenverkäufer
aus dem andern von der Seite an: das war im Grunde alles, was er zu diesem Briefabschnitt zu bemerkten hatte. Der Vertrag, den ein richtiger Notar aufgesetzt hatte, war klar und deutlich und ohne Fisimatenten aufgesetzt: Vierzig Prozent vom Reingewinn für Hogendahl und sechs Monate Zeit, seine Apparaturen zu bauen, während Don Saraiva sich seinerseits verpflichtete, Hogendahl alle erforderlichen Mittel bis zum Höchstbetrag von zweihundertfünfzigtausend Mark zur Verfügung zu stellen. Gelinge es Hogendahl aber nicht, seine Tauchgeräte innerhalb eines Jahres zu bauen und mit Erfolg einzusetzen, so bliebe es Don Saraiva Vorbehalten, ohne irgendwelche Ansprüche an Herrn Hogendahl vom Vertrage zurückzutreten.
Soweit war alles gut und dagegen auch nichts einzuwenden. Aber dann folgte zum Schluß ein Paragraph, wo es mir beim Lesen plötzlich ankam, als hätte ich einen Schwall kochendes Wasser über den Kopf bekommen. Da stand nämlich: >Für den Fall des Ablebens eines Vertragspartners während der einjährigen Vertragsdauer wird bestimmt, daß beim Tod von Don Pedro Saraiva für Herrn Hogendahl keinerlei Verpflichtungen gegen Don Saraivas Erben bestehen, sondern daß mit dem Ableben von Don Saraiva dieser Vertrag in sämtlichen Punkten erlischt und daß alle Rechte an seiner Erfindung an Herrn Hogendahl zurückfallen, wohingegen beim Ableben von Herrn Hogendahl zur Deckung der von Don Saraiva verauslagten Kapitalien die Rechte zur Auswertung der von Herrn Hogendahl gemachten Erfindungen an Don Saraiva übergehen.<
Solch eine Riesenschlange von Satz schluckt man ja nicht auf einen Bissen herunter, und ich kaute sozusagen noch am Schwanz, als Hogendahl ihn schon längst verdaut hatte.
»Pitt«, sagte er strahlend, »ich glaube, wir können uns gratulieren. Das ist ein Vertrag ohne Fallen und Fußangeln.«
»Um Himmels willen, Herr Hogendahl!« rief ich zu Tode erschrocken. »Sie wollen doch nicht etwa diesen Vertrag unterschreiben?!«
»Was ist denn los?« fragte er. »Was hast du gegen diesen Vertrag einzuwenden?«
»Aber Herr Hogendahl«, stotterte ich und konnte es gar nicht glauben, daß er derart mit Blindheit geschlagen war, »lesen Sie doch den letzten Absatz! Sehen Sie es denn nicht? Das ist doch eine glatte Falle. Da stinkt förmlich jeder Buchstabe nach Mord und Totschlag!«
»Ha?« machte er und blinzelte mich an, als ob er mich für übergeschnappt halte.
»Haben Sie es denn nicht gelesen?« keuchte ich und drückte den Daumen auf den letzten Absatz: »... wohingegen beim Ableben von Herrn Hogendahl zur Deckung der von Don Saraiva verauslagten Kapitalien die Rechte zur Auswertung der von Herrn Hogendahl gemachten Erfindung an Don Saraiva übergehen!«
»Na ja, und?« meinte er ganz ruhig und gelassen.
»Und wenn Ihnen nun aus Absicht an Bord etwas zustößt?« fragte ich und hätte ihn am liebsten am Kragen gepackt und geschüttelt.
Da grinste er plötzlich übers ganze Gesicht: »Du bist ja’n ganz ordentlicher Junge, Pitt«, sagte er und klopfte mir auf die Schulter. »Bloß die verdammten Kriminalromane — die haben dir einen zollstarken Nagel in den Kopf getrieben.« Aber dann wurde er sofort wieder ernst. »Also, paß mal auf, Pitt«, fuhr er fort, »das ist doch nicht sonderbar oder besorgniserregend, daß ein Mann, der mir ein großes Vermögen zur Verfügung stellt, sich dagegen absichern muß, falls ich mich eines Tages von dieser Welt verabschiede, nicht wahr? Solch eine Regelung für den Todesfall findest du in jedem schriftlichen Vertrag, sogar bei solchen, wo es nicht um ein Vermögen, sondern nur um ein paar lumpige Kröten geht.«
»Aber wenn ein Kerl wie Don Saraiva...«
»Stopp!« sagte er und schnitt mir mit einer Handbewegung das Wort ab. »Stopp, Pitt, jetzt rede ich mal für eine Weile! Herr Saraiva ist wahrhaftig nicht mein Freund, und als ich den letzten Absatz des Vertrages las, ging mir, offengesagt, ein ähnlicher Gedanke durch den Kopf wie dir. Aber das ist unsinnig! Versteh mich recht, Saraiva ist ein Mensch, der mich betrogen und zu bestehlen versucht hat. Er ist ein Mensch, dem ich immer mit Mißtrauen und Vorsicht begegnen werde. Er ist brutal wie ein Teufel und schindet erbarmungslos die Leute, die in seiner Gewalt sind. Aber eins ist er nicht. Er ist kein Mörder. Dazu ist er zu feige.«
Nun, gewiß kannte Hogendahl Don Saraiva besser als ich: ganz beruhigen konnte er mich dennoch nicht. Mein Vater hatte einige Sprüche parat, die ich öfters zu hören
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