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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Gurgel gegangen! Denn es war eine richtige Gemeinheit und Niedertracht, ein solch feines und zartes Geschöpf wie das Fräulein Cornelius so nichtswürdig herunterzuputzen.
    Sie saß völlig zerbrochen vor ihm, wie ein Häufchen Unglück kauerte sie klein und hilflos auf ihrem Stuhl. »Ja«, stammelte sie gequält, »ich weiß, daß Sie recht haben. Ich verstehe Sie ganz genau...«
    »Wirklich?« fuhr er sie an. »Verstehen Sie endlich, daß man auf dieser beschissenen Erde nichts umsonst bekommt? Daß man alles bitter und teuer bezahlen muß? Daß uns das Leben nichts schenkt, sondern uns immer die Rechnung präsentiert?!«
    Da griff sie nach Hogendahls Händen. »Sie müssen mir helfen!« flehte sie ihn an und schaute zu ihm auf, daß ich ihr für diesen Blick — wäre ich an seiner Stelle gewesen — die Sterne vom Himmel heruntergeholt hätte. »Ich habe mich in ein Abenteuer eingelassen, das meine Kräfte übersteigt. Außerdem habe ich Angst! Und ich weiß mir keinen anderen Ausweg mehr, als um Hilfe zu bitten.«
    Was wußte ich dummer Bengel damals davon, daß ein Mann sein Herz manchmal sozusagen hinter Grobheiten verschanzen muß, um nicht wie Butter in der Sonne zu zerfließen.
    »Ich kann Don Saraiva nicht zwingen, Ihretwegen den nächsten Hafen anzulaufen und Sie abzusetzen«, sagte er mit einer mutlosen Gebärde. Nun, das konnte er nun wirklich nicht. Trotzdem packte mich der Zorn, so daß ich aufsprang und im Nachthemd, wie ich war, in seine Kabine stürzte. Dort schrie ich Hogendahl an, daß ich Fräulein Lydia warnen wollte, damals am ersten Abend an Bord, und daß er derjenige gewesen wäre, der es verhindert hätte! Jetzt solle er gefälligst sehen, wie er die Geschichte in Ordnung bringen könne, und wenn er nichts dazutun wolle, wäre ich ja auch noch da, um das Fräulein zu schützen!
    Sie waren beide wie erstarrt, als ich so unvermutet im Nachthemd und barfuß zwischen sie fuhr und Hogendahl meinen Standpunkt klarmachte. Er schluckte eine Weile, als ob er einen zu großen Bissen im Mund hätte; dann wandte er sich mit einem Gesicht, als wüßte er nicht, ob er nun weinen oder lachen sollte, Fräulein Lydia zu und sagte: »Entschuldigen Sie vielmals, aber solche Anfälle hat der Junge manchmal.« Schon hatte er mich am Schlafittchen gepackt und knurrte nur das eine Wort: »Raus!«
    Aber ich wußte, daß ich gewonnen hatte; es störte mich auch nicht, daß er die Tür zu meiner Kammer hinter mir zuwarf und den Schlüssel zweimal umdrehte.
    Am nächsten Morgen war die Tür offen, und als ich Hogendahl suchte, war er im ganzen Vorschiff nicht zu finden. Eine Viertelstunde später kam er aus Don Saraivas Bibliothek heraus, mit weißen Lippen und in einer Haltung, als kaue er noch am Rest des Spazierstocks, den er verschluckt hatte. Es mußte wohl einen furchtbaren Auftritt zwischen den beiden Herren gegeben haben, aber Hogendahl verlor nie ein Wort darüber, wie er die Sache nun anpackte und erledigt hatte.
    Als ich ihn einmal ganz vorsichtig anzuzapfen versuchte, tat er, als hätte er meine Frage nicht gehört und ließ mich deutlich merken, daß er davon nichts mehr zu hören wünschte. Ich schätze ja, daß er Don Saraiva über die Stellung eines Chefs seinen Angestellten gegenüber aufgeklärt hat oder vielleicht auch darüber, daß es einige Dinge gibt, wo das Geld seine Kaufkraft verliert. Aber, wie gesagt, etwas Genaues weiß ich nicht und habe auch nie was erfahren.

18

    Jedenfalls war von dieser Zeit an dicke Luft an Bord der >Esparanza<. Er knisterte sozusagen im Gebälk, als stünde das Schiff unter Strom, und die Spannung breitete sich auch von achtern zum Vorschiff aus, wo sonst die besseren Herrschaften wohnen, weil sie dort den Ozon aus erster Hand beziehen. Aber die >Esperanza< war ja kein Passagierschiff, sondern für ganz andere Zwecke umgebaut worden. Don Saraiva speiste nicht mehr im Salon, sondern ließ sich die Mahlzeiten in seiner Kabine oder in der Bibliothek servieren. War es jedoch einmal unvermeidlich, daß er und Hogendahl sich begegneten, dann hüllten sich beide Herren in Panzer von eisiger Höflichkeit und verbreiteten unter der Tropensonne Januarkälte um sich.
    Ich hatte ja nun gedacht und gehofft, daß Fräulein Lydia sich nach dem Zwischenfall häufiger bei uns sehen lassen würde: schließlich waren sie und Hogendahl doch so etwas wie Verbündete geworden. Aber sie kam genausowenig wie früher und schien von Don Saraiva plötzlich mit Arbeiten aller Art

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