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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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zwar mit amerikanischem Geld, weil die Yankees auf diese Weise in den Besitz der Ölfelder im Maracaibo-See zu kommen hofften. Aber dann war die Revolution niedergeschlagen worden, und um sie wieder in Schwung zu bringen, schickten die Amerikaner mit dem Dampfer >Kentucky< eine neue Geldsendung herüber: neben Waffen zwei Millionen Dollar in Barrengold. Und als die >Kentucky< sozusagen schon in den Händen der Revoluzzer war, verschwand sie plötzlich spurlos von der Bildfläche; es wurde nicht einmal eine Planke von ihr an Land gespült. Nach dem letzten Funkspruch, den man vom Schiff auffing, lag es ein paar Meilen westlich von Orchilla, einer kleinen Insel, die mit der Gruppe der Los Roques und den Vogelinseln der venezolanischen Küste vorgelagert ist.
    In Caracas also wartete man vergeblich auf das Goldschiff und nahm schließlich schon an, daß ein Kanonenboot der Regierung die >Kentucky< abgefangen hätte, oder daß Kapitän, Bewachungsmannschaften und Besatzung mit der Goldladung übern Harz gegangen wären. Da meldete sich nach einiger Zeit ein Insulaner von Orchilla und behauptete, in der fraglichen Nacht im Westen der Insel dicht hinter dem Horizont eine Feuerfontäne aufleuchten und sofort verschwinden gesehen zu haben. So einigten sich denn die Gelehrten darauf, daß es an Bord der >Kentucky< wahrscheinlich eine mächtige Kesselexplosion gegeben hatte und daß der Goldfrachter mit Mann und Maus und mit seiner kostbaren Ladung in die Tiefe abgefahren war.
    Seitdem war die >Kentucky< der Traum aller Bergungsschiffe und Taucher zwischen Key West und dem Kap von Orange. Allerdings hatten sogar die Amerikaner, denen das Gold gehörte, schließlich den Versuch aufgegeben, das Schiff zu finden, obwohl sie gleich mit einer ganzen Flotte von Bergungsbooten und neuestem Gerät aufgekreuzt waren: Die Tiefe dort betrug nämlich zwischen einhundert und einhundertundzehn Meter, und der vulkanische Meeresboden war so zerklüftet, daß man den Taucher schon direkt auf das Wrack rauftunken mußte, um überhaupt erst einmal die genaue Position festzustellen. Die Amerikaner hatten die Suche nach dem Wrack mit den besten Tauchern länger als ein halbes Jahr betrieben, ohne von der >Kentucky< auch nur einen Fetzen zu entdecken. Seitdem setzten hier nur noch ein paar ganz Unentwegte ihr Leben und ihr Geld aufs Spiel — genauso erfolglos wie die Amerikaner.
    Das war die Geschichte, die Hogendahl mir erzählte. Anscheinend gehörte Don Saraiva zu den Leuten, die den Traum, das Goldschiff zu finden, noch immer nicht aufgegeben hatten. Die >Esperanza< kroch im Schneckentempo durch die Karibische See. Es war eine Hitze zum Gotterbarmen, und als fern über dem Horizont die Spitze eines vulkanischen Bergkegels auftauchte, von dem Heini meinte, das könnte ein Berg auf Orchilla sein, da verließ Kapitän Maldonado die Kommandobrücke überhaupt nicht mehr. Die >Esperanza< lavierte nach Don Saraivas Peilungen fast auf der Stelle, während Fräulein Lydia neben Olefson stand und dessen Tiefenmessungen notierte. Es war nämlich Don Saraivas große Furcht, der vulkanische Untergrund dieses karibischen Glutkessels könnte ihm einmal einen Strich durch die Rechnung machen und seine schönen Träume vom Gold der >Kentucky< einfach verschlucken.
    Dann kam das Kommando. >Anker fallend, und während die Kette mit Getöse in die Tiefe rasselte, öffnete der Dunkimann, der neben seinem Maschinistenposten auch die Bergungsarbeiten leitete, die Rüstkammern. Die Jungens, unter ihnen auch Heini, schleppten die Tauchgeräte an Deck: schwere Gummianzüge, Helme, Sauerstoffflaschen und auf Kabelrollen die druckfesten Schläuche. Während der Dunki die Helme mit dem Sauerstoffgerät verband, wurden die Taucher heraufbeordert.
    Die sechs Kerle, die Kapitän Maldonado wegen der nahen Küste in den letzten Nächten in ihre Kojen hatte einschließen lassen, um auf alle Fälle zu verhindern, daß sie mit einem Beiboot womöglich stiften gingen, kamen dahergeschlottert, als ob sie in Ketten zum Schafott geführt würden. Tatsache war, daß drei von den Burschen zum erstenmal in ihrem Leben einen Taucherhelm sahen. Der Neger Nelson war aschgrau im Gesicht, und ich mußte in diesem Augenblick an seinen Namenspatron, den englischen Admiral und Seehelden Nelson, denken, der ja auch im Angesicht des Todes und in den Schauern des Wundfiebers gefleht hatte, man möge ihn nicht über Bord werfen, sondern in guter englischer Erde bestatten. So etwas kann man sich

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