Seelenverkäufer
wird es wohl stimmen. Aber was hat das Ganze mit Ihrer Erfindung zu tun?«
»Alles!« sagte er und zeichnete einen mehr birnen- als eiförmigen Körper aufs Papier. »Eine Kugel wäre natürlich das Ideal, aber bei einer Kugel bekomme ich keinen richtigen Schwerpunkt. Deshalb habe ich mich für eine Birne entschlossen, eine Stahlbirne, deren Haut einem Druck von hundert Atmosphären standhält, während der Innendruck konstant auf zwei bis drei atü gehalten wird. Das ist mein >Jonas<, und in dem kann ein Mann in hundert Meter Tiefe stundenlang arbeiten. Er führt den Sauerstoff nämlich in Druckflaschen mit!«
»Aber wie soll er dann arbeiten, wenn er sozusagen in einem Käfig aus Stahl sitzt und nichts hört und nichts sieht?«
»Natürlich steht er telefonisch mit dem Schiff in ständiger Verbindung. Und natürlich strahlen drei starke Scheinwerfer die Umgebung an. Und natürlich sind in die stählerne Außenhaut drei runde Fenster aus drucksicherem Spezialglas eingelassen. Und selbstverständlich kann der Mann im Inneren unseres >Jonas< mit stählernen Spezialarmen auch einige Arbeitsgänge verrichten, drei vorläufig, nämlich schneiden, bohren und greifen. Genau das war das große Problem, das mich zwei volle Jahre lang gemartert hat: diese Gelenkarme von innen heraus bewegen zu können, ohne daß der mächtige Wasserdruck die Außenhaut des >Jonas< an diesen Schwachstellen zerreißt...«
»Und was ist mit der Bildübertragungsanlage, von der Sie gesprochen haben, als wir noch zu Hause waren?«
»Da bin ich leider nicht der richtige Mann dafür, und dafür ist die Zeit auch wohl noch nicht reif. Vielleicht, daß man solche Fernsicht- oder Televisionsapparate schon in nicht allzu ferner Zukunft konstruieren wird.«
»Mit dem Ding, das der Herr Braun erfunden hat, nicht wahr?«
»Du hast gut aufgepaßt, Pitt«, sagte er und nickte mir zu, »ja, mit der Braunschen Röhre. Aber das geht über meine Fähigkeiten hinaus.«
Er saß noch eine Weile auf meinem Bettrand und starrte vor sich hin. Etwas in seiner Haltung erinnerte mich an die Zeit, in der er Nacht für Nacht zu Hause im roten Zimmer neben meiner Schlafkammer wie ein Besessener gearbeitet hatte.
»Und das, was Sie mir gerade erzählt haben, Herr Hogendahl, das weiß auch Don Saraiva?«
Er schreckte empor und klopfte seine Taschen nach Zigaretten ab, und nachdem er die Packung gefunden und sich eine angezündet hatte, sagte er: »Die Grundzüge der Konstruktion kennt er natürlich, denn schließlich konnte ich meine Karten nicht ganz verdecken. Er kennt sie sogar bedeutend genauer, als ich dir jetzt angedeutet habe.«
»Ja, um Gottes willen, dann...!«
Aber Hogendahl winkte ab. »Keine Sorge, Pitt, was wirklich wichtig ist, das kennt er natürlich nicht, und an diesen kleinen Konstruktionsgeheimnissen haben sich wohl auch seine Ingenieure die Zähne ausgebissen. Die Detailpläne bleiben in meinem Panzerschrank — und der ist feuer-, wasser- und diebessicher.«
Damit erfuhr ich zum erstenmal, daß Hogendahl seine ganze Pläne und Zeichnungen an Bord mitgenommen hatte. Ich hatte bis dahin geglaubt, daß sich wenigstens die wichtigsten Papiere noch im Tresor jener Hamburger Bank befänden, wo wir sie seinerzeit hinterlegt hatten. Nun war es zu spät, etwas daran zu ändern, und vielleicht sorgte ich mich auch ganz unnötig, denn bis jetzt standen sich Hogendahl und Don Saraiva recht gut miteinander. Und schließlich war der Panzerschrank solide gebaut und Hogendahls persönliches Eigentum. Man konnte ihn nur öffnen, wenn man neben dem Schlüssel auch noch eine bestimmte Zahl mit sechs Ziffern einzustellen wußte, die Hogendahl zuweilen änderte.
Ganz beruhigt war ich jedoch nicht und beschloß, in den folgenden Wochen täglich ein paarmal unvermutet die Kabine aufzusuchen. Ich traute nämlich dem Steward nicht über den Weg; der Bursche war so glatt und schleimig wie ein Aal, und wie einer außen ist, so ist er meistens auch inwendig. Hogendahl gegenüber aber tat ich beruhigt und äußerte nichts von meinem Mißtrauen.
Er saß übrigens auch schon längst wieder an seinem Schreibtisch und arbeitete. Ich versuchte, endlich einzuschlafen, aber das, was er mir anvertraut hatte, hatte mich doch mächtig aufgeregt und munter gemacht. Als ich Schafe zu zählen anfing, weil das ein gutes Mittel gegen die Schlaflosigkeit sein soll, da kam ich weit über sechshundert Stück hinaus, und es half doch nichts. Schließlich wollte ich auf stehen, um für
Weitere Kostenlose Bücher