Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

Titel: SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
Vom Netzwerk:
folgten ihm.
     
    Über die Straße hinweg, die sich wie eine schwarze Schlange durch die Ebene wand, weiter ins Land. Weites und dunkles Land. Ihr Vater hatte zwei Taschenlampen aus dem Wagen geholt und seinen Rucksack und dann ruhten ihre Blicke auf dem grasgrünen Boden.
    333 Schritte.
    333 Möglichkeiten etwas zu übersehen.
    333 Möglichkeiten etwas zu finden.
    Diese aufeinander folgenden Höhen und Tiefen machten Nilah schwer zu schaffen. Nicht, dass sie lieber gar nichts fühlte, nein, sie fühlte nur zuviel, in zu kurzer Zeit. Eben noch hatte sie am Rand einer Klippe gestanden, deren Abgrund noch immer vor ihren Augen war. Sie hatte die Angst überwunden.
    Sie hatte von Menschen gehört, gelesen, denen etwas passiert war, dass ihr ganzes Leben von einer Sekunde zur anderen verändert hatte. Geburt, Tod, Unfall, egal was. Aber sie fühlte, dass dieser pechschwarze See noch immer in ihr war. Er verschwand nicht einfach, nur weil sie einmal ihre Höhenangst überwunden hatte. Angst war hartnäckig, das wusste sie. Kam diese durch den einen Spalt nicht mehr hindurch, suchte sie sich einen anderen.
    333 Schritte Angst vor sich selbst.
    Als sie ihre Schuhspitze in die Erde stieß, mehr aus Verzweiflung, denn als Suche, und ein Schwall aus Erde und Gras fort flog und sie hinunter blickte auf das Loch, das sie damit gerissen hatte, wurde ihr klar, dass es kein Weglaufen gab, nie gegeben hatte. Denn unter ihr lag ein grauer Stein, noch zur Hälfte von Erde bedeckt, aber erkennbar mit einer Gravur, die sie schon einmal gesehen und mit der alles seinen Anfang genommen hatte. Es war die Abbildung einer Hand, aus einer einzigen Spirale geformt.
    Sie war genau da, wo das Leben sie haben wollte, sie war da, wo sie hingehörte, egal wie falsch sich dieser Gedanke anfühlte.  Jetzt war sie wirklich und wahrhaftig zurück!
     Sie hob den Arm und rief die anderen.
     
    Nilah legte ihre Hand auf das freigelegte Zeichen. Ihr Vater hielt Morrins Hand. Atticus nahm noch schnell einen Schluck und Liran blickte sich um, als erwarte er unliebsamen Besuch.
    Plötzlich ging ein heftiger Ruck durch den Boden, auf dem sie versammelt standen. Jeder von ihnen wich erschrocken zurück, die beiden Strahlen der Taschenlampen zuckten wild über den Boden.
    Dann ruckte der Stein mit der gravierten Hand noch ein Stück tiefer, rutschte unter das Land, als sei es wirklich eine Hand, die sich zurückzog, und gab damit ein schwarzes gähnendes Loch frei.
    Niemand sagte etwas. Alle starrten in das tiefe Rund, in das die Lampen leuchteten, und auf eine Treppe aus staubigen, grauen Steinen. Nach etwa zehn Stufen verloren sich diese in einem schmalen Bogen.
    ›Alles nimmt sein vorhergesehenes Ende‹, dachte Nilah. ›Der Schlüssel in den Dielenbrettern, die Treppe, die in die Tiefe führte und es nun wieder tut... Nur dass ich beim ersten Mal beinahe ertrunken wäre. Oder war selbst das gewollt gewesen?‹ Sämtliche Fäden führten hierher. Jeder Atemzug, den sie gemacht hatte, seit sie dieses Land betreten hatte, führte sie dort hinunter.
    Sie griff nach der Taschenlampe, die Atticus hielt, und er ließ sie sich abnehmen. Seine Augen waren verängstigt und doch verzückt. Sicherlich hatte er damit gerechnet, es sich ausgemalt, aber es gab immer zwei Seiten der Realität. Jene, die irgendwo weit entfernt stattfand, und jene, die einem bis in die eigenen Knochen fuhr.
    Nilah richtete das Licht auf die Stufen und ging hinab. Und nun folgten alle ihren Schritten. Auch wenn sie nicht wussten, wohin.
    Die Luft war warm und voller Fels- und Erdgeruch. Je tiefer sie kamen, desto wärmer wurde es. Nichts als graue Mauern, die in die Tiefe führten, ihren Schritten, die hallten, und eine Biegung nach der nächsten.
    Erneut verlor Nilah das Zeitgefühl, aber Atticus gab alle fünf Minuten die aktuelle irische Uhrzeit durch und zählte die Stufen. Er hatte auch ein kleines Diktiergerät aus seiner Jacke gezaubert, raunte hin und wieder etwas in das Lämpchen, das rot leuchtete. Einmal zischte er und schüttelte es, »Mach bloß nicht schlapp!«.
    Ihr Papa war seltsam still. Morrin schwieg einfach nur. Liran, der als Letzter ging, konnte sie nicht einmal sehen, leider.
    Schweigen. Stille. Treppen.
    »Die «85. Stufe. Ich befinde mich noch immer auf einer Treppe, die nicht zu enden scheint. Die Wände sind aus glattem grauem Granit, trocken und warm. Meine Beine zittern, aber ich bin guten Mutes. Die Konstruktion erinnert mich an eine Mauer der Maya, die

Weitere Kostenlose Bücher