SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)
Öffnung eingeritzt war, überqueren wollte, blieb er unvermittelt stehen. Er versuchte einen Fuß zu heben, doch er blieb wie in einem unsichtbaren Sumpf stecken. Er begann mit den Armen zu rudern, beugte sich vor und zog mit aller Kraft, aber er rührte sich keinen Millimeter. »Verdammt!«, zischte er und machte einen Schritt zurück, nun problemlos. Er sah die anderen irritiert an.
Dann probierte es Morrin, ohne Erfolg.
»Jetzt reicht es aber«, brummte Daan und trat auf die Spirale – nichts. Kein Weiterkommen. Er kämpfte, stöhnend vor Kraftanstrengung, erst fluchend, dann frustriert und schließlich trat auch er zurück. Nilahs Mut sank in einen Abgrund.
»Niemand wird dieses Zeichen je überschreiten können, der nicht das Blut der Schöpfung in sich trägt«, sagte Liran.
»Aber sie ist meine Tochter, mein Blut, da müsste es doch klappen, oder nicht?« Er sah Hilfe suchend zu Morrin, zu Atticus und dann Liran an.»Oder nicht?« Es tat Nilah so leid, so leid.
Ein Tippen mit dem Zeigefinger auf ihren Mund, ihr Auge, ihr Ohr und dann auf ihren geliebten Vater.
Sie drehte sich um und ging. Kein Zurück, kein Abschied, denn es sollte nie einen geben. Sie würde wiederkommen. Sie trat über das Zeichen, ihr Herzschlag donnerte ihr bis in die Ohrenspitzen, sie trat aus der runden Öffnung und setzte ihren linken Fuß auf das braun schimmernde Wurzelgeflecht. Es war hart wie Beton und ihr Herz beruhigte sich etwas. Noch ein Schritt, nicht hinunter sehen, nur auf den Weg. Dein Weg .
Sie glaubte, durch die Nacht zu schweben, über das Wasser zu schreiten, im Himmel zu wandern.
Liran meinte zu schwanken, als Daan hinter seiner Tochter her schrie, wie ein Mann, dem man das Liebste für immer entrissen hatte. Doch Nilah ging weiter, als hörte sie ihn nicht, und sicherlich war es auch so.
Der Krieger sah ihr nach. Sie war wunderschön gewesen, als sie ihrem Vater ein Zeichen gemacht hatte. Auge, Mund und Ohr. Seltsam, dachte er, dass sie mit jedem Tag des Grauens mehr an Kraft und Ausstrahlung gewann, während die seine verrann. Er hatte mittlerweile so viele Leben aufgebraucht, dass ... Nein, nicht jetzt!
» Du solltest auf sie aufpassen! Dafür bist du doch hierher geschickt worden! Du ... du kannst sie doch jetzt nicht alleine lassen, Grundgütiger …« Tränen standen in Daans Augen. Verzweifelter Schmerz in seinem Gesicht. Morrin drückte ihn an sich, versuchte ihn zu beruhigen, aber Daan konnte nicht, wollte nicht. »Warum nur ...« flüsterte er vor sich hin. »Sie ist noch so ... sie sollte das nicht ganz allein tun müssen ... warum, warum nur hilft ihr denn niemand?«
Liran fühlte sich schändlich. Als habe er versagt, auch wenn er wusste, dass er alles getan hatte, um an diesen Ort zu gelangen. Aber es gab Dinge, die man ohne Hilfe ... ach, wie unendlich hohl diese Worte klangen, wie ekelhaft bitter. Er konnte keine Worte finden, die Daan beruhigen mochten, die erklären und ihn verstehen lassen würden. Er konnte nichts tun und auch das fühlte sich grausam an.
Er wandte sich der Öffnung zu und sah Nilah nach. Sie war etwa einhundert Schritt weit gekommen. Beachtlich. Stolz straffte er seine Schultern. Er verstand, warum Sunabru solche Angst vor ihr hatte. Sie war stärker als dieser es jemals erlebt hatte. Tief in ihrem Innern, gab es etwas, das Saoirse damals nicht gehabt hatte. Ein Schauer durchlief ihn. Er mochte es nicht mehr, diesen Namen in seinen Gedanken zu haben, weil nur Unglück, Verlust, Blut und Tod an ihm hafteten. Wie unterschiedlich die beiden waren.
Doch war es Nilah, die ihn noch weitaus mehr anzog. Es war ihre Kämpferseele, die er begriff und nachvollziehen konnte. Ihr Wille, sich nicht zu beugen. Dies verstand er weitaus besser, als das hell tönende Lachen, so entwaffnend es auch gewesen sein mochte.
Saoirse war damals auf ihre Rolle vorbereitet worden, auch wenn Liran da noch nicht gewusst hatte, wofür . Nilah hatte niemand geleitet, gestärkt oder beigestanden. Sie war mitten in die Flammen gestoßen worden. Und nun ging sie dort über die Brücke, allein mit ihrer Angst und der Ungewissheit. Welch ein tollkühner Mut! Seine Schwester, Ril, hätte Nilah tief ins Herz geschlossen.
Als er sich wieder in die Kammer drehte, bemerkte er das entsetzte Gesicht von Atticus. Liran folgte seinem Blick und sein Magen verkrampfte sich. Dort unten rissen Ruder weiß schäumende Wunden ins glatte Wasser und bewegten ein Schiff mit einem schwarzen Segel. A`kir Sunabru hielt
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