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SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

Titel: SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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stand eine weitere Statue, ebenfalls im Stil eines griechischen Kriegers, mit Schild und Speer. Auch Queequeg blickte auf den Hafeneingang. Nilah folgte seinem Blick. War das Tor dort wieder etwas zusammengewachsen? Irgendwie sah die Zerstörung nicht mehr so komplett aus. Sie schüttelte frustriert den Kopf.
    Dahinter ergoss sich der Fluss, der durch die Stadt floss und aus den Bergen kam, in einem tosenden Wasserfall die Steilklippen herunter. Das Donnern war ohrenbetäubend und Milliarden von Tropfen glitzerten in der Sonne. Doch sie verloren keine Zeit und bogen alsbald Richtung Norden ab. An der Stadtgrenze entlang bot sich ein Bild der Verwüstung. Tausende Bäume waren hier gefällt worden, nur noch die Stümpfe ragten aus dem Matsch und den Schneeflecken, die sich der Wärme widersetzten. Und dann kamen sie durch einen Wald, der hinter dem Hügel der Bibliothek lag und mit seinen mammutartigen Bäumen den Blick auf etwas versperrt hatte, das Nilah wie ein Dolch in die Brust fuhr. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Es war ebenso von beeindruckender Schönheit, wie auch von beängstigender Ausstrahlung. Über fünfzehn Meter hohe Hände aus purem, weißen Stein ragten in den Himmel, aneinander gelegt wie zu einem Gebet. Die beiden Daumen nach vorn gerichtet, führte eine steile Treppe die Handballen empor, der Eingang war ein schwarzes, ovales Tor, das von der Lücke zwischen den Daumen gebildet wurde.
     Nilah blieb davor stehen und ihr war plötzlich gar nicht gut zumute. Erinnerungen zogen an ihr, doch sie konnte sie nicht berühren.
    »Das Kirrrche der betenden Hände«. Queequeg war hinter sie getreten, seine Stimme eindringlich, aber fest entschlossen. Nilah nickte stumm.
    Er trat an eine der Skulpturen heran, die neben dem Treppenaufgang standen und die die gleichen Hände zeigten, nur waren sie gerade einmal hüfthoch. Mit einem Knurren stieß er eine davon um, die am Sockel abbrach und in den Dreck kullerte. Mit seiner Axt drohend, zischte er: «Du gehen endlich weg. Prrrinzessin wiederrr da! Queequeg dich machen kaputt.« Nilah musste lachen und sie hätte ihn für diese Geste am liebsten geküsst. Was sie auch tat. Sie wollte kaum glauben, dass der dunkle Mann rot werden konnte, aber er glühte bis zu den beringten Ohrenspitzen. Dann grinste er sie mit seinen gefeilten Zähnen an, als wäre sie das schönste Mädchen der Welt.
    Ahab humpelte die Stufen bereits hinauf, brummte, sie mögen ihm folgen. Der Stein war weißer Marmor. Glatt und perfekt. Er hatte etwas Irritierendes an sich.
    Das Tor war aus dicken, schwarzen Bohlen. Jemand hatte recht klein, aber dafür mit überraschender Genauigkeit einen Stinkefinger dort hineingeritzt. Außerdem war die Tür mit Champignons beworfen worden, denn einige von ihnen klebten noch immer neben der dicken Klinke.
    »Verrückte kleine Kerle, diese Pilzfäller«, kicherte Ahab als Nilah ihn danach fragte und stieß das Tor mit dem Ende seiner Krücke auf. Mehr Antworten gab es nicht.
    Das Innere der Kirche puritanisch zu nennen, wäre untertrieben gewesen. Denn sie war leer, schmucklos, die riesige Zelle eines Asketen, der einfach nur gern im Inneren zweier riesiger betender Hände meditieren wollte. Nur weißer Mamor, ausnahmslos.
    Im Boden allerdings klaffte ein großes Loch, mit einem ebenso großen Haufen Schutt daneben. Die Holme einer Leiter lugten heraus. Nilah war klar, dass sie dort hinab musste. Sie blickte an sich herunter, auf ihre Sandalen, zupfte an dem breiten Gürtel herum und fragte sich zum ersten Mal, ob das Leder war oder nicht. Und warum ihr der Gedanke daran ausgerechnet jetzt durch den Kopf schoss.
    Als Nilah ein letztes Mal nach oben blickte, den schweren Rucksack auf den Schultern, die Spitzhacke in der einen Hand, die Laterne in der anderen, da wünschte sie sich, Queequeg würde mit ihnen kommen. Aber sie sah nur sein trauriges Gesicht, das von der Fackel beschienen wurde, die er hielt, voller Sorge und Liebe zu ihr hinunter blicken.
    Er zwinkerte ihr zu und sie lächelte zurück. Dann folgte sie dem dumpfen Tock , Tock , das Ahab bei jedem Schritt begleitete. Als Stütze benutzte er nun seine Harpune. Hoch ragte die Spitze über seinen schwarzen Zylinder.
    Der Tunnel war nur grob behauen und im wankenden Licht der Laternen sah er aus, als wäre er unfertig. Als hätte man ihn hastig und schnell gegraben. Überall spitz und krumm, so dass man ständig aufpassen musste, sich nicht zu stoßen oder hängen zu bleiben.
    Ahab ging voraus

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