Seelenzorn
ihr sofort wieder in die Nase zu steigen -, der Mann in dem weiten Hemd, der die Axt schwang, ein weiterer Mann und die Frau, die sie im Badezimmerspiegel gesehen hatte.
Ein Mörder und zwei seiner Opfer. Nur ein Mann — sie tippte auf den Sohn - war bisher noch nicht aufgetaucht, es sei denn, er war die Gestalt, die Roger im Gästezimmer gesehen hatte.
Dann war da noch Oliver Fletcher. Interessant. Ganz offensichtlich Rogers Freund und ein Bewunderer seines Talents. Aber offensichtlich empfand er auch Verachtung für ihn und seine Familie, gleichgültig, wie viele Sexpartys er in ihrem Haus besucht hatte. Sie fragte sich, ob er für die letzte extra eingeflogen war oder ob es einen anderen Grund für sein Kommen gab. Er arbeitete zusammen mit Roger an der Fernsehserie. Ob er auch den Film produzierte?
Sie würde Roger Pyle danach fragen. Der just in diesem Moment mit einem breiten Grinsen auf dem fröhlichen Gesicht den Raum betrat. Sie sah prüfend in seine Augen. Ein bisschen geweitet, aber sonst nichts Besonderes. Jetzt, wo sie darüber nachdachte, fiel ihr auf, dass sie im Schlafzimmer der Pyles keinerlei Drogen gefunden hatte. Vielleicht bewahrte er sie ja in seinem Büro auf? Verdammt, sie musste noch einmal mit der magischen Hand herkommen, das ganze Haus in Tiefschlaf versetzen und sich Zutritt zu diesem Zimmer verschaffen. Immerhin hatte dort auch noch ein zweites wichtiges Ereignis stattgefunden.
Diese Woche schien absolut kein Ende zu nehmen. Zu Hause gab es tote Nutten, hier ein riesiges Haus voller unglücklicher Menschen, und nirgendwo war eine Lösung in Sicht.
Sicher, es hätte schlimmer sein können. Das wusste sie aus Erfahrung. Aber der Gedanke erschien ihr nicht so tröstlich wie sonst immer.
»Wie läuft’s denn so?«, fragte Roger. »Haben Sie genug Unterstützung? Bekommen Sie von meinen Leuten alles, was Sie brauchen?«
Sie nickte. »Alle tun wirklich ihr Bestes.«
Er entspannte sich sichtlich. »Hervorragend. Hervorragend. Bitte sagen Sie mir, wenn ich sonst noch etwas tun kann.«
»Wissen Sie, ich habe da eine Frage. Die meisten Angestellten, die die Erscheinungen gesehen haben, berichten von einem merkwürdigen Geruch. Aber als Sie mir von Ihren Erlebnissen erzählt haben, haben Sie das gar nicht erwähnt. Gab es da einen, an den Sie sich erinnern?«
Roger legte die Stirn in Falten. »Nein ... nein, ich glaube nicht. Ich weiß noch, dass ich mich ein bisschen komisch gefühlt habe, aber ich dachte, das kam nur von dem vielen Kaffee, den ich getrunken hatte. Koffein macht mich manchmal ein bisschen nervös, wissen Sie, etwas wirr im Kopf. Aber einen Geruch habe ich nicht bemerkt.«
»Gilt das für alle Sichtungen oder war das nur beim ersten Mal so? Wie war das zum Beispiel in der Nacht, als Sie in Ihrem Schlafzimmer überfallen wurden? Da hatten Sie doch sicher keinen Kaffee getrunken.«
»Nein, ich schätze nicht, nein. Ich weiß nicht... es tut mir leid, Miss Putnam, aber es war einfach so schrecklich, ich erinnere mich gar nicht mehr, ob ich etwas gerochen habe oder nicht. Alles, woran ich denken konnte, war Kym und ihre Verletzungen.«
Sie nickte und lächelte ihm verständnisvoll zu. »Aber natürlich.«
»Haben Sie die Artikel gelesen? Über die Morde von damals, meine ich.« Roger schauderte. »Ich begreife einfach nicht, wie jemand so etwas tun kann. Kaum auszudenken, dass es genau hier passiert ist, auf diesem Fleckchen Erde. Grauenhaft. Kein Wunder, dass sie zurückgekommen sind.«
»Also, das hat nicht immer etwas mit ...«
»Glauben Sie, sie würden verschwinden, wenn wir den Mörder finden? Das habe ich mich gefragt. Wie in alten Büchern, wissen Sie, wo die Leute ihr Trauma hinter sich lassen, sobald die Wahrheit ans Tageslicht kommt. Gibt es so etwas wirklich?«
Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er sah so hoffnungsvoll aus. »Ich fürchte nein, Mr Pyle. Wir haben es versucht, mussten aber feststellen, dass es nicht den geringsten Unterschied macht. Selbst wenn wir die Wahrheit herausfinden, spüren die Toten nichts von dieser Erkenntnis. Es hat einfach keine Auswirkung auf sie. Sie bekommen es nicht mal mit und können deshalb auch keinen Frieden finden, das heißt, diejenigen, die im Moment ihres Todes gefangen sind.«
Und das war Gespräch Nummer drei über dieses Thema. Das war doch kein Zufall mehr, oder? Was versuchte sie sich selbst damit klarzumachen, was hatte sie übersehen?
»Waren Sie schon mal in der Stadt der Ewigkeit? Wie ist
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