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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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es dort?«
    Ihr Lächeln erstarrte. »Es ist sehr friedlich.«
    Erschreckend wäre treffender gewesen. Dunkel, kalt und voller Geister, die stumm durch den riesigen Raum schwebten. Es war die pure Leere.
    Aber anscheinend war sie die Einzige, die das so empfand. Außer ihr schien niemand ein Problem mit der Stadt zu haben. Aber für sie war es ... der reinste Albtraum. Ein Ort, der so grauenhaft war, dass man schon allein deshalb am Leben bleiben wollte. Alles, bloß nicht dort landen.
    Sie wechselte das Thema. »Ich habe Oliver Fletcher getroffen. In der Sicherheitszentrale.«
    »Oliver? Wie schön. Er ist wirklich ein spannender Mensch. Hat mir viel geholfen ... also, ich glaube, er ist tatsächlich der beste Freund, den ich je gehabt habe. Ich verdanke ihm meine gesamte Karriere.«
    »Komm schon, Schatz, sei nicht so bescheiden. Du hast hart für den Erfolg gearbeitet.« Kym Pyles verstand es wirklich, einen beeindruckenden Auftritt hinzulegen, das musste Chess neidlos anerkennen. Heute trug sie einen eng anliegenden schwarzen Pullover mit tiefem V-Ausschnitt und rote Karottenhosen. Ihr blondes Haar hatte sie im Nacken zu einem sorgfältigen Knoten frisiert.
    Sie fuhr mit den blutroten Fingernägeln durch Rogers Haar und schenkte ihm ein Lächeln, das Chess durch seine Wärme überraschte. Vielleicht war sie auf der Party alle Anspannung losgeworden.
    Oder vielleicht hatten die Pyles auch nur beschlossen, dass es weniger verdächtig wirken würde, wenn Kym sich nicht ständig wie eine Domina aufführte, die gerade einen schlechten Tag hatte.
    Kym wandte sich Chess zu, und das Lächeln erlosch. »Miss Putnam. Ich dachte, sie wären schon vor einer Stunde gegangen. Hat Ihnen denn niemand Bescheid gesagt?«
    »Bescheid gesagt?«
    »Der Schnee. Haben Sie nicht gesehen? Da draußen tobt ein fürchterlicher Sturm. Ich dachte, jemand vom Personal hätte Sie vielleicht darauf aufmerksam gemacht.«
    Chess sprang auf. Kyms Stimme verblasste zu einem Hintergrundrauschen. Dicke orangefarbene Gardinen hingen vor den breiten Fenstern. Chess riss sie auf und keuchte. Das war nicht bloß Schnee. Das war ein Schneesturm. Große, dicke Flocken hüllten alles ein.
    Oh Scheiße. Oh Scheiße, Scheiße, Scheiße.
    »Ich sollte jetzt gehen.« Sie schnappte sich ihre Handtasche und zerrte den Reißverschluss auf. »Es tut mir leid, aber ...«
    »Sie können jetzt nicht weg«, sagte Kym. »Da draußen ist die Hölle los. Die Straßen ...«
    »Aber wer weiß, wann ich hier wieder wegkomme, wenn ich es jetzt nicht versuche?« Die Schlüssel, wo waren bloß ihre Schlüssel? Im Sicherheitszentrum, am Haken. Sie hatte sie ausgehändigt, als man ihren Wagen für sie parkte.
    »Jetzt kommen Sie hier aber genauso wenig raus.« Kym setzte sich in einen Sessel. »Arden sagt, es schneit bereits seit über einer Stunde. Es tut mir wirklich leid. Ich habe ein Nickerchen gemacht, und bei den geschlossenen Vorhängen ... Unglaublich, dass Sie niemand darauf hingewiesen hat. Roger, ich werde mich wohl mal wieder mit dem Wachpersonal unterhalten müssen. Sie denken einfach nicht mit. Wofür bezahlen wir sie eigentlich?«
    »Nein, ich ... ich komme schon zurecht. Ich meine, ich bin schon mal bei Schnee gefahren, also ...«
    »Die Straßen hier draußen sind nicht gestreut«, sagte Roger. »Irgendwann wird zwar geräumt, aber erst, wenn es aufgehört hat zu schneien.«
    »Tut mir leid.« Chess warf sich die Tasche über die Schulter und blinzelte ein paar Tränen weg. So ein Mist, so eine Scheiße, wie hatte ihr das passieren können? »Ich muss es einfach versuchen, ich kann mich Ihnen doch nicht aufdrängen.«
    »Ach was, Sie drängen sich doch nicht auf. Sie müssen einfach bleiben, Miss Putnam. Essen Sie mit uns und schlafen Sie hier. Wir haben genug Platz. In dieser Schneehölle da draußen können Sie doch wirklich nicht fahren.«
    »Ich will es mir wenigstens mal ansehen«, rief sie, als sie aus dem Zimmer lief und durch den langen, hell erleuchteten Gang nach draußen stürmte.
    Keine Chance. Der Schnee fiel schnell und dicht, setzte sich auf ihre Wimpern und bedeckte ihre Kleidung. Zehn Zentimeter hoch bedeckte er schon den Boden; die Grundstücksmauer war nicht mehr zu erkennen. Alles war weiß. Keine Anhaltspunkte in der Landschaft, nichts.
    Nichts zu erkennen. Nichts in ihrem Pillendöschen. Ihre Hände zitterten, als sie sie vors Gesicht schlug und sich in die Faust biss.
    Wie viel Zeit blieb ihr noch? Zwei Stunden, vielleicht drei, bevor es

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